Frust am See während der Freiluftsaison: Davon können die Bewohner am Herosé ein Lied singen, ebenso wie die Jugendlichen, die – egal, wo sie feiern – nicht gerne gesehen sind. Wie löst man das Problem?
Ich war von Anfang an Mitglied des Präventionsrates, weil mir das Thema Jugend sehr wichtig ist. Durch meinen Betrieb hatte ich immer mit Jugendlichen zu tun und mir war es wichtig, dass es ihnen gut geht, sie ans Berufsleben herangeführt werden und vernünftig ihre Freizeit verbringen.
Es ist mir ein Anliegen, meinen Sachverstand einzubringen, um zu steuern, zu leiten und Probleme in den Griff zu bekommen, damit die Jugendlichen das Gefühl haben, man tut etwas für sie. Mit guten Worten ist es nicht getan, es braucht praktikable Umsetzung.
Klein Venedig soll ja zur Entzerrung der Party-Hotspots dienen. Sind Sie mit den Maßnahmen zufrieden?
Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Der große Wurf ist es noch nicht. Aber wenn man bedenkt, wie lange manche Sachen in Konstanz von der Planung bis zur Umsetzung dauern, dann haben wir im Vergleich auf Klein Venedig ein enormes Tempo erlebt. Allerdings nur, weil der Druck auf Herosé und Schänzle so groß geworden ist, dass man zum Präventionsrat gesagt hat: Macht mal! Mit dem Auftrag konnte relativ fix umgesetzt werden.
Die Jugend steht immer in der Kritik. Ist sie heute anders oder gar schlimmer als früher?
Die Jugend hat sich nicht verändert, eher haben die Erwachsenen vergessen, dass sie einmal jung waren. Wenn ich alte Konstanzer höre, was die in ihrer Jugend so angestellt haben, dann frage ich mich, ob ich auch so einer war.
Was wünschen Sie sich für die Jugendlichen?
Wir sind an einer weiteren Verbesserung auf Klein Venedig dran: neuer Toilettenwagen und WLAN-Hotspot. Klar ist auch: Wir müssen der Bevölkerung erklären, dass es für Jugendliche und in einer Stadt dieser Größenordnung Veranstaltungen geben muss, die den einen oder anderen stören. Da brauchen wir schlichtweg Akzeptanz.
Klar ist auch, dass es Zeiten gibt, wo der Lärm unter Umständen massiv ist. Aber bei insgesamt zwölf Monaten ist die Zeit der Freiluftsaison überschaubar. Wir dürfen den Blick nicht nur auf die Jugend werfen, sondern auf das allgemeine Zusammenleben. Wir müssen den Fokus auf das Thema „miteinander leben“ setzen.
Was würde das Miteinander auf eine Härteprobe stellen?
Nachverdichtung ist wichtig, darf aber nicht bis zum Exzess durchgeführt werden, denn der Mensch braucht Bewegungsfläche. Das Wachstum einer Stadt darf daher nicht ins Unendliche verlaufen, sondern muss vernünftig gesteuert werden. Zusammenleben hat auch etwas mit Aufenthaltsqualität zu tun, das heißt, man muss auch Angebote außerhalb der Innenstadt anbieten.
Sie sind im Ruhestand und könnten jetzt die Füße hochlegen. Doch sie arbeiten unentgeltlich so viel wie während Ihrer Berufstätigkeit. Warum?
Ich habe mein ganzes Leben lang nichts anderes gemacht als gelenkt und gestaltet. In meinem Beruf war ich für meine Mitarbeiter verantwortlich. Mir war es immer wichtig, dass es ihnen gut geht. Wirklich etwas Gutes zu machen, das erfüllt einen selbst und bringt eine gewisse Genugtuung, die absolut ausreicht, denn mehr Lohn braucht es nicht.
Jetzt bin ich in der glücklichen Lage, nur das zu tun, was ich möchte. Und ich möchte anderen etwas Gutes tun, das kommt aus meinem Beruf heraus. Mit 20 oder 21 Jahren bin ich ins Karate-Dojo. Do bedeutet der Weg. Und der Weg ist das Ziel und der Weg ist spannend. Bei allen Veränderungen, die wir haben, bleibt doch alles in seiner Struktur; in einer liebenswerten Stadt zu leben, den See und die Natur zu genießen.