„Oft hat die Stimmung einen Kipp-Punkt“, sagt Thomas Martin. Er spricht von der Laune der Feiernden am Schänzle, die oft schon am Nachmittag vor Ort sind und bis in die Nacht bleiben – begleitet von Alkoholgenuss. Thomas Martin ist Anwohner, sein Haus steht im Paradies, nicht weit von der Uferpromenade an der Schänzlebrücke entfernt.

Die alkoholfreudigen Gruppen beobachtet er seit Jahren, inzwischen wird Thomas Martin nervös, wenn er eine gewisse Stimmung wahrnimmt. Denn er weiß, was kommt: Bereits mittags seien die Angeheiterten kaum noch ansprechbar. „Im Laufe der Nacht artet das in Herumschreien und massives Saufen aus“, sagt Martin. Und für ihn in eine weitere schlaflose Nacht.

Anwohner Thomas Martin erzählt von den Schattenseiten lauer Sommernächte: „Im Laufe der Nacht artet das in Herumschreien und ...
Anwohner Thomas Martin erzählt von den Schattenseiten lauer Sommernächte: „Im Laufe der Nacht artet das in Herumschreien und massives Saufen aus.“ | Bild: Hanser, Oliver

Plötzlich um 4.15 Uhr hellwach

In der Nacht von Fronleichnam auf den darauffolgenden Freitag sei er um 4.15 Uhr vom Lärm aufgewacht, der dann nicht enden wollte. Drei Mal habe er die Polizei angerufen. „Sie kam aber nicht.“ Thomas Martin wehrt sich seit Jahren gegen das Feiern am Seerhein. Dabei hätte er nichts dagegen, dass Menschen sich mit einem Bier an den See setzen und in angemessener Lautstärke die Nacht genießen.

Besonders schlimm seien die Zustände in den Jahren 2019/20 gewesen. Diese Exzesse gebe es im Moment nicht mehr, die Polizei habe verhältnismäßig hart durchgegriffen. Aus seiner Sicht habe sich aber nichts Wesentliches geändert. Zu viele aus den Reihen der Feiernden hielten sich nicht an Regeln, daran, dass um 22 Uhr Nachtruhe gelte, zum Beispiel.

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Anwohner klagt gegen die Stadt

„Inzwischen habe ich, wenn ich von der Arbeit komme, Angst davor, wie die Nacht werden wird. Menschen, die arbeiten und sich konzentrieren müssen, brauchen ihren Schlaf“, sagt Martin. Er hat aus diesem Grund bereits gegen die Stadt geklagt, es sei damals immerhin zu einem Vergleich gekommen, berichtet er. In Folge hat die Stadt Schilder aufstellen lassen, die auf die Nachtruhe um 22 Uhr hinweisen. „Die Schilder nützen aber nichts, wenn der KOD nicht durchgreift“, sagt Martin

Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) ist beinahe täglich, oft mehrmals am Tag, in Teams von zwei bis drei Personen im Herosé-Park und am Schänzle unterwegs, wie Walter Rügert, Pressesprecher der Stadt Konstanz, auf Anfrage berichtet. Oft dauerten diese Einsätze bis spät in die Nacht. Doch hilft allein die Anwesenheit einer Kontrollinstanz?

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Störer der Nachtruhe würden vom KOD zunächst verwarnt und über die Umweltschutz- und Polizeiverordnung aufgeklärt, schreibt Rügert weiter. „Alternative Plätze werden empfohlen.“ Die Personalien der Störer würden aufgenommen und gegebenenfalls könnten bei wiederholtem Auffallen die Musikboxen konfisziert werden. Zudem könnten die Störer auch einen Platzverweis erhalten.

Im Herosé-Park gegen 20.30 Uhr: Marie, 22 Jahre, und Lara, 20 Jahre, sind Teil einer Gruppe Studierender, die im Herosé-Park zusammenstehen. Lange wollen sie hier nicht bleiben, sagt Marie – es soll weitergehen zur Party einer Fachschaft im Neuwerk.

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„Vor fünf Jahren war es schlimmer.“

Dass hier zuweilen wild gefeiert werde, sei ihr bewusst, sagt Marie, vor fünf oder sechs Jahren sei es aber deutlich wilder zugegangen, auch im Hinblick auf den Drogenkonsum. „Ich bin aber abends nicht mehr so häufig da“, räumt sie ein. Seit sie studiere und es die Möglichkeit gebe, abwechselnd bei Freunden zu feiern, sei der Park nicht mehr so wichtig. Klein Venedig wiederum sei für sie keine Alternative, sagen beide junge Frauen. „Hier kommt man viel leichter hin“, begründen sie, warum sie dem Herosé-Park den Vorzug geben.

Ein paar hundert Meter weiter sind auf den Steinstufen am Seerhein Sandy Raum, 22 Jahre, und ihre Freundin im Gespräch. Ihnen gefällt es: „Es ist mega nice hier, man fühlt sich wohl, auch, weil so viele Menschen hier sind“, sagt Raum. Beide schätzen die Atmosphäre, die Möglichkeit, an der frischen Luft zu sein.

Trotz der Idylle sind den beiden die Schattenseiten bewusst: Betrunkene, die Lärmbelästigung der Nachbarn. Dass die Polizei hier regelmäßig Streife fährt, begrüßen sie. Für beide ist das Auftreten von Polizei und KOD in Ordnung. „Sie sind alle sehr nett und versuchen, die Angelegenheiten human zu regeln.“

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Frauen fühlen sich hier nicht immer sicher

Überhaupt, die Sicherheit: Beiden Frauen fallen Begebenheiten ein, bei denen sie sich unwohl fühlten. Sandy Raum berichtet, wie sie einmal von einem Betrunkenen vom Herosé-Park bis zu ihrer Wohnung verfolgt worden sei – und das an einem Nachmittag. „Sobald es dunkel ist, fühle ich mich nicht sicher“, sagt ihre Freundin, die ihren Namen nicht nennen will, weil sie negative Konsequenzen in ihrem Job fürchtet. Das bestätigen beide: Abends und nachts säßen sie gern an dieser Stelle, aber doch lieber in einer größeren Gruppe, um sich geschützt zu fühlen.

All diese Wahrnehmungen der jungen Frauen werden Thomas Martin kaum beruhigen. Er sieht den KOD in der Pflicht, konsequenter und strenger vorzugehen. Und die Feiernden, ihre Haltung zu verändern. „Ihnen soll nicht die Anwesenheit verboten werden. Doch sie brauchen ein Bewusstsein, dass sie hier Gast sind – und nicht die Bestimmer.“