Für die meisten Anwohner des Schänzle-Areals war es ein schönes Wochenende: es regnete am Samstagabend und im Laufe des Sonntags, die Temperaturen fielen auf unter 20 Grad Celsius und luden nicht unbedingt zum Aufenthalt im Freien ein.

Thomas und seine Frau Deborah-Lisa Martin (rechts) stehen mit Matthias Martin am Samstagabend kurz vor dem Regen am Schänzle. „Wir ...
Thomas und seine Frau Deborah-Lisa Martin (rechts) stehen mit Matthias Martin am Samstagabend kurz vor dem Regen am Schänzle. „Wir freuen uns immer, wenn das Wetter schlecht ist“, sagen sie. Dann haben sie Ruhe. | Bild: Schuler, Andreas

„Herrlich, diese Ruhe“, sagte Deborah-Lisa Martin, die mit ihrem Mann Thomas im Sank-Martins-Weg wohnt. Die kleine Straße grenzt im vorderen Bereich direkt an den Sportplatz und die anliegenden Wiesen mit asphaltiertem Weg und Seezugang.

Samstagabend am Schänzle, wenn das Wetter eher durchwachsen ist.
Samstagabend am Schänzle, wenn das Wetter eher durchwachsen ist. | Bild: Schuler, Andreas

„Die vielen Badegäste tagsüber sind nicht unser Problem, ganz im Gegenteil“, sagt Thomas Martin. „Diesen schönen Platz hier soll jeder genießen können. Doch an warmen Sommerabenden verwandelt sich das Schänzle irgendwann in eine unkontrollierte Partymeile. Alkohol spielt dabei immer eine große Rolle.“

Schöne Stimmung am Schänzle am Samstagnachmittag.
Schöne Stimmung am Schänzle am Samstagnachmittag. | Bild: Schuler, Andreas

Bis ungefähr 20 Uhr würden die Badegäste, sehr oft Familien mit Kindern oder ältere Herrschaften, abrücken. Danach fülle sich das Areal zunächst mit trommelnden „Sonnenuntergangsanbetern“, wie es der Anwohner beschreibt, und gegen 22 Uhr zunehmend mit Menschen, „die nur noch abfeiern wollen“.

Samstagabend gegen 21.30 Uhr: Während des Regens sammelten sich rund zwei Dutzend Menschen unter der Brücke neben der Schänzlehalle und ...
Samstagabend gegen 21.30 Uhr: Während des Regens sammelten sich rund zwei Dutzend Menschen unter der Brücke neben der Schänzlehalle und beschallten das Areal mit lauter Techno-Musik. | Bild: Schuler, Andreas

Er meidet das Wort feiern, „denn wenn man feiert, hat man einen Anlass dafür“, erklärt seine Frau. „Doch diese Menschen feiern hier einfach nur ab.“

Samstagabend gegen 21.30 Uhr: Während des Regens sammelten sich rund zwei Dutzend Menschen unter der Brücke neben der Schänzlehalle und ...
Samstagabend gegen 21.30 Uhr: Während des Regens sammelten sich rund zwei Dutzend Menschen unter der Brücke neben der Schänzlehalle und beschallten das Areal mit lauter Techno-Musik. | Bild: Schuler, Andreas

Am Samstagabend, als sich der Regen langsam verabschiedete, war erneut inoffizielle Freiluft-Diskothek direkt neben der Schänzlehalle, auch wenn nur knapp zwei Dutzend junge Menschen beteiligt waren. „In einem Lieferwagen standen zwei riesige Boxen, die das gesamte Areal mit extrem lauter Techno-Musik beschallt haben“, erzählt Thomas Martin.

Techno-Musik am Schänzle Video: privat

Der vorübergehende Höhepunkt der Entwicklung des Schänzle zu einer Party-Meile war die Nacht von Samstag und Sonntag eine Woche zuvor. „Wenn es heiß ist, gibt es kein Halten mehr“, sagt Matthias Martin, ebenfalls Anwohner.

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In jener Nacht waren es laut Schätzungen rund 3000 hauptsächlich junge Menschen, die dort die Nacht zum Tag machten. „Wenn wir weit nach 22 Uhr, also zur Zeit der gesetzlichen Nachtruhe, zu denen gehen und höflich bitten, etwas leiser zu sein, hören wir Sätze wie: ‚Wer hier wohnt, muss damit leben‘ oder ‚Sie haben es sich doch ausgesucht, hier zu wohnen‘. Das ist unverschämt, unsere Familien sind hier mehrere hundert Jahre beheimatet in diesen Häusern.“

„Was soll das bringen? Wer liest so etwas und hält sich dann daran?“ Anwohner sehen keinen Sinn in diesen (mittlerweile ...
„Was soll das bringen? Wer liest so etwas und hält sich dann daran?“ Anwohner sehen keinen Sinn in diesen (mittlerweile beschmierten) Schildern. | Bild: Schuler, Andreas

Der kleine Pfad zwischen Sportplatz und Hecke der Anwohner dient in solchen Nächten als Toilette, der Weg zum Klohäuschen neben der Schänzlehalle ist vielen zu weit. „Am nächsten Morgen liegen hier Taschentücher herum und es stinkt gewaltig“, sagt eine Anwohnerin, die nicht namentlich genannt werden möchte – zu negativ seien ihre Erfahrungen mit Partygästen.

Die beschmierten Toilettenhäschen neben der Schänzlehalle. Eine Tür ist aus der Verankerung gerissen. Warum auch immer.
Die beschmierten Toilettenhäschen neben der Schänzlehalle. Eine Tür ist aus der Verankerung gerissen. Warum auch immer. | Bild: Schuler, Andreas

„Ich wurde schon oft blöd angemacht oder bedroht“, sagt die junge Frau, die kaum älter ist als die Personen, die ihr und ihrer Familie schlaflose Nächte bereiten. „Es gibt Nächte, da schlafen wir nicht daheim, weil es hier nicht mehr auszuhalten ist. Unsere Tochter bringen wir regelmäßig zu meinen Eltern, damit sie zur Ruhe kommt. So sieht seit ein paar Jahren unser Leben aus.“

Vom Garten der Familie Martin hat man diesen Blick. Ungefähr in der Mitte des Bildes, rund 100 Meter entfernt, ist einer der ...
Vom Garten der Familie Martin hat man diesen Blick. Ungefähr in der Mitte des Bildes, rund 100 Meter entfernt, ist einer der Partymittelpunkte in lauen Sommernächten. Auch das Schlafzimmer des Ehepaares hat ein Fenster in diese Richtung. | Bild: Schuler, Andreas

Die Anwohner fühlen sich und ihre Probleme nicht ernst genommen von Stadt und Polizei. „Wieso können die Ordnungshüter nach 22 Uhr die Musikanlagen nicht einfach ausmachen?“, fragt Thomas Martin. „Wir haben viel Verständnis und sind tolerant. Aber es kann nicht sein, dass wir bis 5 Uhr in der Früh laute Musik ertragen müssen, die uns um den Schlaf bringt.“

Der Titel der Ausstellung im Rosgartenmuseum passt auch zum Schänzle: Eine Idylle zwischen Berg und See. Jedoch nicht immer.
Der Titel der Ausstellung im Rosgartenmuseum passt auch zum Schänzle: Eine Idylle zwischen Berg und See. Jedoch nicht immer. | Bild: Schuler, Andreas

Auch der Kommunale Ordnungsdienst sei in seinen Augen kein Instrument, um dem Problem Herr zu werden. „Die laufen hier ein paar Mal durch und haken uns als Querulanten ab, wenn nicht viel los ist. Aber zu den Zeiten, zu denen es ganz wild ist, kommt niemand.“ Anwohner haben Lärmprotokolle der Jahre 2019, 2020 und 2021 angefertigt, dokumentiert mit Bildern – die Werke umfassen mehrere Seiten mit Uhrzeiten und Daten (liegen dem SÜDKURIER vor). „Die Stadt jedoch möchte die Situation weiter beobachten, bevor sie handelt“, schimpft Thomas Martin.

Gegen Badegäste tagsüber haben die Anwohner nichts. Doch wenn es Nacht wird, ist das Klientel hier ein anderes.
Gegen Badegäste tagsüber haben die Anwohner nichts. Doch wenn es Nacht wird, ist das Klientel hier ein anderes. | Bild: Schuler, Andreas

Die Stadt befindet sich laut Pressesprecher Walter Rügert derzeit in einer Beobachtungsphase. „Nach den Ereignissen am Samstag vor einer Woche wollten wir das vergangene Wochenende abwarten und gegebenenfalls für das kommende Maßnahmen ergreifen“, sagt er.

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Glasverbot sei eine Möglichkeit, um den Scherben vorzubeugen. „Das Problem: Verbote sind Eingriffe in die Freiheitsrechte und müssen rechtlich abgewogen und haltbar sein.“ Es gehe auch um Verhältnismäßigkeit. Was er nicht versteht, sind Aussagen von Jugendlichen, die Stadt habe in den vergangenen 20 Jahren zu wenig für sie getan: „Soll das eine Begründung sein für Müll und Lärm? Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.“