An einem Holztisch unter Schatten spendenden Bäumen sitzen einige Anwohner des Laubenhofs, neben ihnen schaukeln Kinder auf einem kleinen Spielplatz der Wohnanlage. Der Platz mutet idyllisch an, wie ein Rückzugsort für Familien mitten in der Stadt. Doch der Schein täuscht. Denn hinter den Kulissen findet eine rechtliche Auseinandersetzung einiger Anwohner mit der Stadt Konstanz statt.

Stein des Anstoßes ist das hübsche gelbe Nachbarhaus, das Stiftsgebäude des ehemaligen Vincentius-Krankenhauses. Es soll kernsaniert und erweitert werden, geplant sind dort Klinik- und Praxisräume, darüber Wohnungen und im Untergeschoss eine kleine Gastronomie.

„Wir alle möchten, dass das Haus schnell schön hergerichtet wird“, schickt Anwohner Michael Müthing zu Beginn des Gesprächs mit dem SÜDKURIER voraus. „Uns stört massiv, dass es brach liegt.“ Doch als im September 2023 der Bauantrag kam, kippte die Stimmung.

Vom kleinen Spielplatz der Wohnanlage aus betrachtet, sieht das sanierungsbedürftige Stiftsgebäude nicht schön aus.
Vom kleinen Spielplatz der Wohnanlage aus betrachtet, sieht das sanierungsbedürftige Stiftsgebäude nicht schön aus. | Bild: Kirsten Astor

„Wir erfuhren, dass die Anlieferung für die Gastronomie über einen Seiteneingang erfolgen soll. Die Lastwagen fahren dann genau über unsere Feuerwehrzufahrt“, sagt Michael Müthing, 74 Jahre. Die Anwohner wundern sich: Müssen Rettungswege nicht dauerhaft freigehalten werden? Eine Mutter ergänzt: „Wir lassen alle unsere Kinder auf dieser Straße spielen. Wenn dort Lieferverkehr fährt, haben wir Angst.“

Auf der Fläche vor dem Stiftsgebäude (links im Bild) sind fest installierte Sitzmöbel einer Gastronomie vorgesehen. Die Anlieferung soll ...
Auf der Fläche vor dem Stiftsgebäude (links im Bild) sind fest installierte Sitzmöbel einer Gastronomie vorgesehen. Die Anlieferung soll über die Feuerwehrzufahrt des Laubenhofs (graues Gebäude rechts im Bild) erfolgen, was den Anwohnern Sorgen bereitet. | Bild: Kirsten Astor

Außerdem stören sich die Anwohner an der Gestaltung des Platzes vor dem Stiftsgebäude zur Laube hin. Vorgesehen sind fest installierte Holzmöbel, in direkter Nachbarschaft zur geplanten Gastronomie. „Wenn man hochrechnet, passen da gut 150 Gäste hin“, sagt Müthing.

Lärm, Scherben und Müll auf ihrem Privatgelände seien auch jetzt schon ein Problem, weil viele Passanten einfach aufs Grundstück gingen, sagen die Anwohner. „Wenn das Stiftsgebäude in unsere Richtung erweitert wird und durch die Gastronomie alles öffentlicher wird, nehmen diese Probleme zu“, fürchtet Anwohnerin Sylwia Grüninger, 54 Jahre.

Das Stiftsgebäude von der Gartenstraße aus betrachtet: Hier ist ein alter Eingang vorhanden, den die Anwohner gern für die ...
Das Stiftsgebäude von der Gartenstraße aus betrachtet: Hier ist ein alter Eingang vorhanden, den die Anwohner gern für die Warenanlieferung der Gastronomie reaktiviert sehen würden. Doch die Planer legten die Anlieferung auf die andere Seite – direkt neben die Terrassen einiger Anwohner. | Bild: Kirsten Astor

Ihr Nachbar Christoph Menke, 67 Jahre, ergänzt: „Ein Café für die Nachbarschaft wäre ja schön! Und niemand hätte etwas dagegen, wenn um 20 Uhr die Bestuhlung weggeräumt würde.“ Aber bei fest installierten Möbeln fürchten die Anwohner, dass dort auch zu später Stunde Leute sitzen und mitgebrachte Getränke oder anderes konsumieren.

„Wir alle haben keine Lust auf Klagen und Prozesse“, versichert Michael Müthing. Doch als die Anwohner auf ihre Einsprüche keine Antworten erhielten, sei ihnen nichts anderes übriggeblieben, als ins Widerspruchsverfahren zu gehen, das beim Regierungspräsidium Freiburg angesiedelt ist.

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Bauherr will eine schnelle Entscheidung

Christoph Menke betont: „Wir haben dabei sogar Kompromissvorschläge gemacht.“ Dennoch sei auf städtischer Seite keine Gesprächsbereitschaft erkennbar. Parallel stellten die Anwohner beim Verwaltungsgericht Freiburg einen Eilantrag, der sich gegen die erteilte Baugenehmigung wendet. „Immerhin hat uns der Projektsteuerer, die JS Real Estate aus Hamburg, ein Angebot zu einem Mediationsverfahren gemacht“, sagt Michael Müthing.

Bei einer Mediation sollen die Konfliktparteien selbst eine Lösung erarbeiten. Doch seit diesem Angebot sei nichts mehr passiert. Warum das so ist, erläutert Klaus Döll, Vorsitzender Richter und Pressesprecher am Verwaltungsgericht: „Für ein Mediationsverfahren fehlt es nach wie vor an der erforderlichen Zustimmung der Stadt Konstanz.“

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Die städtische Pressestelle begründet ihre Ablehnung so: „Der Bauherr benötigt im Hinblick auf die weitere Planung schnelle Rechtssicherheit. Ein Mediationsverfahren bringt erfahrungsgemäß eine lange Verfahrensdauer mit sich. Eine gerichtliche Entscheidung kann hingegen kurzfristig erfolgen.“

Die Stadtverwaltung kann außerdem die Einwände der Anwohner nicht nachvollziehen: „Feuerwehraufstellflächen können zum Be- und Entladen genutzt werden, da ein jederzeitiges Wegfahren im Notfall möglich ist. Lediglich das Parken ist nicht gestattet.“

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Zur geplanten Gastronomie schreibt die Stadt: „Auf dem Grundstück der Anwohnerinnen und Anwohner ist ebenfalls ein Gastronomiebetrieb mit einer deutlich größeren Grundfläche genehmigt worden. Dies ganz abgesehen davon, dass in der Baugenehmigung vom 20. Februar 2024 bereits Lärmwerte festgesetzt wurden. Deren Einhaltung wurde mit einem Schallschutznachweis nachgewiesen.“

Diese Antwort befriedigt die Anwohner nicht. So sagt Michael Müthing: „Da werden Äpfel und Birnen verglichen. Die genehmigte Gastronomie auf der anderen Seite des Laubenhofs, eine Sushibar an der Ecke Laube/Frieda-Sigrist-Weg, befindet sich in einem Wohn-Gewerbe-Mischgebiet. Aber wir wohnen im allgemeinen Wohngebiet und haben ein ganz anderes Schutzniveau!“

An der Ecke Laube/Frieda-Sigrist-Weg ist eine Sushibar geplant. Hier passen aber nur wenige Gäste in den Außenbereich, im Gegensatz zur ...
An der Ecke Laube/Frieda-Sigrist-Weg ist eine Sushibar geplant. Hier passen aber nur wenige Gäste in den Außenbereich, im Gegensatz zur Fläche vor dem Stiftsgebäude. | Bild: Kirsten Astor

Streit könnte sich in die Länge ziehen

Die Anwohner hoffen, dass diese Auseinandersetzung bald ein gutes Ende mit einer für alle verträglichen Lösung findet. Doch bis eine Entscheidung steht, könnte einige Zeit vergehen. Zwar werde das Verwaltungsgericht voraussichtlich bis Ende Juli 2024 über den Eilantrag der Anwohner entscheiden, sagt Richter Klaus Döll.

Kies und wild wachsende Pflanzen zeugen davon, dass die Bauarbeiten beim Stiftsgebäude wegen eines Rechtsstreits ruhen. Dabei wünschen ...
Kies und wild wachsende Pflanzen zeugen davon, dass die Bauarbeiten beim Stiftsgebäude wegen eines Rechtsstreits ruhen. Dabei wünschen sich alle Beteiligten, dass es bald weitergeht. Das Wie ist allerdings strittig. | Bild: Kirsten Astor

Doch dies kann Gegenreaktionen auslösen: Falls der Eilantrag Erfolg hat, darf der Bauherr (die Mahr Immobilia GmbH aus Stuttgart) von der Baugenehmigung keinen Gebrauch machen. Allerdings könnten die Stadt Konstanz und der Bauherr gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Darüber müsste der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim entscheiden.

Hätte der Eilantrag keinen Erfolg, könnten die Anwohner Beschwerde einlegen. Außerdem läuft noch das Widerspruchsverfahren beim Regierungspräsidium Freiburg. Bis das Stiftsgebäude eine hübsche Hülle bekommt, kann es also noch dauern.