Erst vor wenigen Tagen erreicht die Rettungskräfte von Feuerwehr und DLRG in Konstanz die alarmierende Nachricht: „Sechsjähriger seit zwei Stunden im Strandbad Dingelsdorf vermisst“. Die Situation kann etwa 40 Minuten später aufgeklärt werden: der kleine Junge wird von der Polizei wohlbehalten zuhause aufgefunden.

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Trotzdem: Niemand möchte erleben, dass ein Kind im See ohne ausreichende Schwimmkenntnisse außer Sichtweite gerät. Die Stadt Konstanz sieht es so: Alle Konstanzer Grundschulkinder sollten schwimmen können. Doch das könnte ein Wunsch bleiben.

Sportlehrer stoßen an ihre Grenzen

Bereits vor einiger Zeit – vor der Pandemie und vor einem finanziell extrem engen Rahmen – fasst die Verwaltung diese Idee ins Auge. Anlass ist eine Initiativbewerbung beim Sportamt der Stadt, mit der eine Fachkraft vorschlägt, genau dies zu organisieren. Denn Tatsache ist auch: Sportlehrer an Grundschulen haben kaum eine Chance, ihren Klassen schwimmen beizubringen. Zu heterogen sind die Kenntnisse der Schüler, zu groß die Klassen.

Auf direkte Bitte des Amts für Bildung und Sport hat der Schwimmklub Sparta die Aufgabe übernommen, ein Konzept zu entwickeln – und dies mit viel Engagement der Beteiligten. „Inzwischen sind wir so weit: wir könnten zwei hauptamtliche Schwimmtrainer engagieren“, erläutert Ursula Klaußner, Vorsitzende von Sparta, „wir hätten das Personal.“ Zwei hauptamtliche Trainer seien ohnehin bereits im Einsatz.

Sparta-Chefin Ursula Klaußner hat den Entwurf des Projekts begleitet und würde es nun gern umsetzen. Schwimmtrainer einstellen kann sie ...
Sparta-Chefin Ursula Klaußner hat den Entwurf des Projekts begleitet und würde es nun gern umsetzen. Schwimmtrainer einstellen kann sie nur, wenn das Geld gesichert ist. | Bild: Eva Marie Stegmann

Der Plan: Die vier hauptamtlichen Schwimmtrainer stehen vormittags in den Schwimmbädern bereit – hauptsächlich im Schwaketenbad. Dorthin kommen planmäßig nach Stundenplan die Grundschulklassen mit ihren Lehrern. „Wir nehmen den Sportlehrern nichts weg“, betont Klaußner. „Wir nehmen ihnen nur die Nichtschwimmer ab und bringen diesen nach und nach das Schwimmen bei.“ Die Kosten des Projekts liegen laut einer Sitzungsvorlage bei 630.000 Euro bei einer Laufzeit von fünf Jahren, die jährliche Summe betrage 140.220 Euro.

Es geht mal wieder ums Geld

Und nun? Es fehlt an Geld. Die Stadtverwaltung – und damit auch der Gemeinderat – ist gehalten, sechs Millionen Euro einzusparen. Davon wird der Sozial- und Bildungsbereich nicht ausgenommen. Im Rahmen der Haushaltsstrukturkommission habe das Dezernat beschlossen, auf das Schwimmprojekt zu verzichten, erläutert Bürgermeister Andreas Osner im Sportausschuss. Mit einer einzigen Begründung: Auf ein noch nicht begonnenes Projekt könne man eher verzichten als auf bereits bestehende.

Einige Stadträte im Sport- und im Bildungsausschuss sehen das anders: „Wir sind in der komfortablen Lage, dass es nicht mehr an Wasserfläche fehlt – jetzt mangelt es an den Lehrern“, sagt Gisela Kusche (FGL). „Wo sind unsere Prioritäten, wenn es ums Geld geht? Hier geht es um Sicherheit im Wasser und um Bewegung. Das ist ein sehr hohes Gut.“

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Zahide Sarikas (SPD) ergänzt: „Wir wissen, was es bedeutet, nicht schwimmen zu können. Es hat hier am See auch Todesfälle gegeben. Nach zwei Jahren Pandemie und einer Zeit, in der zu wenig Schwimmfläche zur Verfügung stand, ist es eigentlich klar: Wir dürfen nicht am falschen Ende sparen.“

Große Bedenken formuliert Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU): Er würde dem Projekt gern zustimmen, sehe sich durch die aktuelle Lage aber großen Herausforderungen ausgesetzt. Deshalb plädierte er für eine Wiedervorlage in einem Jahr. Ebenso skeptisch äußert sich Christian Kossmehl (FW): In der Sache stehe er hinter dem Projekt, er sei aber nicht bereit, für Kosten in Höhe von 630.000 Euro zu stimmen.

Die Entscheidung wurde verschoben

Am Ende der Debatte im Bildungsausschuss wird die Entscheidung vertagt – und das Projekt samt Kosten in den Haupt- und Finanzausschuss am 7. Juli verschoben. Die Räte empfehlen mehrheitlich, Mittel für das Projekt für die Haushaltsjahre 2023/24 bereitzustellen. Der HFA solle zudem beschließen, dass bereits ab Herbst 2022 Mittel dafür bereitstehen.

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Wie geht es den Sportlern des Schwimmklubs Sparta mit der vorläufigen Entscheidung? „Bei so viel Zustimmung bin ich jetzt zuversichtlich“, sagt Ursula Klaußner. Jetzt möchte sie nochmals auf die Grundschullehrer zugehen und das Konzept erläutern. Was für die Öffentlichkeit und die Lehrer deutlich werden müsse: „Es muss klar sein, dass es kein Projekt ist, das unserem Verein nützen soll. Wir sind bereit, unsere Kompetenz zur Verfügung zu stellen und zu helfen.“ Für die Einstellung zweier hauptamtlicher Trainer brauche sie Planungssicherheit. Denn der Verein mit seinen hauptsächlich ehrenamtlichen Trainern sei auch ohne dieses Projekt vollständig ausgelastet.