Derzeit genießen Mareike und Rainer Pohl den milden Winter in Triopetra an der Südseite Kretas. Wo die beiden Konstanzer in einer Woche oder in einem Monat sein werden, wissen sie selbst noch nicht – und genau deshalb lieben sie ihre Reise, wie Rainer Pohl erzählt. „Wir leben in den Tag hinein und wissen nicht, was kommt. Und das ist das Schöne daran.“
Denn eine genaue Vorstellung darüber, wann sie wo sein wollen, haben sie bewusst nicht. „Es bringt nichts, zu planen“, sagen sie. „Das bringt nur Stress.“ Stattdessen lassen sie sich oftmals selbst überraschen, wo ihre Reise sie hinführt. „Hin und wieder schauen wir auf der Weltkarte, wo Süden ist und wo es warm sein könnte. So sind wir nach Kreta gekommen“, sagt Mareike Pohl mit einem Lachen.

Einen klassischen Urlaub mit Hotel und All-Inclusive wollen die 53- und der 47-Jährige bewusst nicht. Stattdessen leben sie kostensparend in ihrem Fiat-Camper und lassen sich auf verlassenen Camping-Plätzen oder an abgelegenen Stränden nieder. Hauptsache fernab der belebten Orte, die Stress und Aufregung mit sich bringen.
„Wir genießen die Ruhe und Einsamkeit. Wir wollen gar nicht viele Menschen sehen, sondern die Natur genießen. Je mehr Personen um uns herum sind, desto anstrengender ist es“, erklärt das Paar. „Wir vereinsamen aber nicht.“
Und was bedeutet das für die Beziehung?
Im Gegenteil: Die Zeit zu zweit genießen sie auf ihrer Reise noch mehr als zuvor und haben dadurch praktisch einen Beziehungs-Booster erhalten. „Wir verstehen uns noch viel besser und sind noch mehr eins geworden“, stellt Rainer Pohl fest.
„Wir sind seit 18 Jahren ein Paar. So eine Reise würde nicht funktionieren, wenn wir uns unserer Liebe und Zugehörigkeit nicht bewusst wären.“ Seine Frau ergänzt: „Wir gehen uns nicht auf die Nerven. Zwar gibt es ab und zu mal etwas Zoff, aber das hat sich nach fünf Minuten erledigt.“ Und ganz alleine sind sie nicht: Hund Yoko ist schließlich immer mit dabei.
Ganz ohne Kontakt zu anderen Menschen geht es dann aber doch nicht. „In ein, zwei Tagen gehen uns die Vorräte aus. Dann müssen wir uns einen Bauern suchen, der uns versorgen kann“, sagt Mareike Pohl. Sie wollen bewusst regionale Produkte einkaufen. Die Reise und der lange Aufenthalt in der Natur haben ihr Bewusstsein für die Umwelt geschärft.
„Man lernt, mit wenig auszukommen, und das macht sogar richtig Spaß. Wir gehen sehr sparsam mit Wasser und Strom um. Und wenn wir unser Datenvolumen aufgebraucht haben, kann es sein, dass wir eine Woche lang kein Internet haben. Das ist nicht dramatisch“, erzählt Rainer Pohl.

Was in der heutigen digitalen Zeit unvorstellbar klingt, hat für die beiden Konstanzer einen großen Vorteil: „Wir kriegen nicht wirklich mit, was in Deutschland abgeht. Wir lesen keine schlechten Nachrichten, dadurch geht es uns besser“, sagt Mareike Pohl.
Ganz ohne Internet leben sie aber nicht. Mit ihren Freunden und der Familie bleiben sie dadurch stets in Kontakt. Zudem haben sie sich mit Fotos und Videos von ihrer Reise eine beachtliche Gefolgschaft in den sozialen Netzwerken und auf ihrer Website 'Happy2Travel' aufgebaut.

„Die Bewohner der Orte, die wir besuchen, oder auch andere Menschen, die mit dem Camping-Bus unterwegs sind, geben uns häufig Tipps und zeigen uns Orte, die wir besuchen sollten. Das nehmen wir dankend an“, sagen sie.
Mehr als 20.000 Kilometer hat das Paar seit dem 31. Dezember 2020, als seine Reise begann, im Bus zurückgelegt. Über die Schweiz, Frankreich und Spanien ging es für eine längere Zeit auf die Kanarischen Inseln. Danach besuchten sie verschiedene Inseln im Mittelmeer.
Welche Reiseorte stehen als nächstes an?
Wo es nach Kreta hingeht? Rhodos vielleicht, oder auch die Türkei. Sicher ist: „Wir wollen auf jeden Fall mal noch raus aus Europa. Dafür ist die Türkei ein ganz gutes Sprungbrett, vielleicht gehen wir dann nach Georgien oder in den Iran“, erklärt Rainer Pohl. Auch Marokko steht auf der Wunschliste.
Unter all den vielen Möglichkeiten ist ein Ort fest eingeplant: Konstanz. Ende März 2023 möchte das Paar wieder nach Hause zurückkehren. Denn so schön die Reise durch die Welt auch sein mag: „Konstanz ist unsere Heimat und hat einen riesengroßen Platz in unserem Herzen.“
Besonders spürbar geworden sei dies im vergangenen Jahr an einem Tag: „An Weihnachten war es so ganz ohne Schnee etwas ungewohnt. Da habe ich meine Familie schon sehr vermisst“, sagt Mareike Pohl. Ihr Mann Rainer antwortet trocken: „Also ich fand Weihnachten unter Palmen ja ganz nett.“