Summ, summ, summ, Bienchen summ herum – ja, aber doch nicht Anfang Januar! Sowohl Wild- als auch Honigbienen sind schon draußen unterwegs und auf Nahrungssuche. Auch andere Insekten, größere Tiere und viele Pflanzen haben ihre Winterruhe beendet.

Einige der Tiere sind sogar schon seit dem zurückliegenden Weihnachtsfest aktiv. „Zuerst sind die Bienen ausgeschwirrt, um ihre Kotblase zu entleeren, sie müssen aufs Klo“, sagt Martin Schröpel, Vorsitzender des Konstanzer Imkervereins, und lacht.

Martin Schröpel, Vorsitzender des Imkervereins Konstanz, beruhigt seine Bienen mit Rauch, damit er den Bienenstock ungestörter öffnen kann.
Martin Schröpel, Vorsitzender des Imkervereins Konstanz, beruhigt seine Bienen mit Rauch, damit er den Bienenstock ungestörter öffnen kann. | Bild: Oliver Hanser

Ansonsten ist Schröpel alles andere als begeistert von den derzeit milden Temperaturen, zumindest wenn es um seine Bienen geht. Er erklärt: „Bienen bräuchten im Winter eigentlich eine Pause und dann einen langsamen und gleichmäßigen Anstieg der Temperaturen.“

Das Problem aktuell ist nicht, dass die Insekten keine Nahrung finden: „Haselnuss und andere Pflanzen blühen schon, da finden die Bienen Pollen.“ Doch sobald die Königin bemerkt, dass Pollen im Bienenstock angeliefert wird, beginnt sie, Eier zu legen. Die Bienen ihres Volkes sitzen dann in einer großen Traube auf der Brut, um sie zu wärmen.

Aktuell ist es so warm, dass tatsächlich schon Bienen ausschwirren und Pollen sammeln, wie an ihren filigranen Beinen zu sehen ist.
Aktuell ist es so warm, dass tatsächlich schon Bienen ausschwirren und Pollen sammeln, wie an ihren filigranen Beinen zu sehen ist. | Bild: Oliver Hanser

Bienenvölkern droht dennoch der Hungertod

Dabei treten zwei Probleme auf: „Wenn dann nochmal ein Temperatursturz kommt, und das ist ja sehr wahrscheinlich, müssen die Bienen ihren Nachwuchs gegen brutale Kälte schützen“, sagt Martin Schröpel. Das führt zu Problem Nummer zwei: „Die Bienen machen es wie alle Mütter, sie verlassen ihre Brut nicht und verlieren dadurch den Kontakt zum Futterkranz, also ihren Vorräten in der Nähe der Brutwaben. Dann verhungern ganze Völker.“

Aus Fürsorge für den Nachwuchs verhungern, das ist brutal. Können die Imker da gar nicht eingreifen? „Wir können natürlich zufüttern, aber die Fütterung ist im September abgeschlossen. Wir können eine Mischung aus Honig und Puderzucker in die Bienenstöcke geben oder auch so genannten gut verdaulichen Invertfutterteig, den man im Fachhandel kaufen kann“, erläutert Martin Schröpel. Flüssige Nahrung sei nicht geschickt, sie könne bei niedrigeren Temperaturen gefrieren.

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Bis zur Kirschblüte, die normalerweise im April beginnt, lassen die Imker das Futter in den Bienenstöcken und holen es dann heraus, weil die Natur selbst genug hergibt – und im Honig später kein Industriezucker landen soll. Die Nahrung ist also auch jetzt für die Bienen greifbar. Sie wird einfach nur nicht angenommen, wenn es zu kalt ist und die Mütter ihren Nachwuchs wärmen.

„Wir merken schon, dass sich in der Natur alles verschiebt“, sagt Martin Schröpel. Das bereite auch im Spätsommer Probleme: „Weil alles früher blüht, endet die Blüte auch früher. Wenn es dann noch sehr warm ist, fliegen die Bienen weiterhin, finden aber keine Nahrung mehr.“

Martin Schröpel hat unter anderem beim Konstanzer Bismarckturm Bienenvölker.
Martin Schröpel hat unter anderem beim Konstanzer Bismarckturm Bienenvölker. | Bild: Oliver Hanser

Auch die Falter flattern schon suchend umher

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat bemerkt, dass die Natur in diesem Jahr sehr früh erwacht ist. Jarid Zimmermann, Geschäftsführer der Ortsgruppe Konstanz, sagt: „Auch ich habe schon knospende Bäume, Bienen und insbesondere Schmetterlinge – ein Tagpfauenauge – gesehen.

Er erklärt weiter: „Die meisten heimischen Schmetterlingsarten überwintern als Ei, Raupe oder Puppe. Aber für diejenigen, die als Falter überwintern (Tagpfauenaugen, kleiner Fuchs, Zitronenfalter, zunehmend auch Admiral), kann ein warmer Winter grobe Folgen haben.“

„Für Schmetterlinge, die als Falter überwintern, kann ein warmer Winter grobe Folgen haben“, sagt Jarid Zimmermann, ...
„Für Schmetterlinge, die als Falter überwintern, kann ein warmer Winter grobe Folgen haben“, sagt Jarid Zimmermann, Geschäftsführer der BUND-Ortsgruppe Konstanz. | Bild: BUND Konstanz

Denn die Falter flattern umher, verbrauchen Energie und finden doch kaum Nahrung. Dann gehen sie ein. Für Igel oder Fledermäuse seien hohe Temperaturschwankungen ebenfalls problematisch: „Der Wechsel zwischen langen warmen Perioden und dann wieder Kälte zehrt an den Energie- und Fettreserven“, erklärt Jarid Zimmermann.

Dagegen finden Vögel warme Temperaturen eher gut. „Heimische Vogelarten finden auch im Winter genug zu fressen“, sagt der Experte. Füttern sollte man sie daher vor allem dann, wenn es sehr kalt ist. Wichtig sei es dabei, auf einen sauberen Futterplatz zu achten, um Krankheiten vorzubeugen.

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„Winterfütterung kann häufig vorkommenden und an den Menschen angepassten Arten einen Konkurrenzvorteil vor anderen Vögeln verschaffen“, sagt Jarid Zimmermann. Auch Zugvögel freuen sich über die bereitgestellte Nahrung. Allerdings gibt es ein paar Zugvogelarten, die inzwischen eher im Norden bleiben, weil es dort auch warm genug ist. „Insgesamt bedeuten die milden Winter und der Klimawandel natürlich schon Stress für die bestehende Artengemeinschaft“, sagt Zimmermann.

Am Futtermangel liegt es jedenfalls nicht, wenn viele heimische Vogelarten hier immer weniger zu sehen sind. „Das ist eher auf den Rückgang ihrer natürlichen Lebensräume wie Kulturlandschaften und Streuobstwiesen zurückzuführen“, so der Geschäftsführer. Die BUND-Ortsgruppe Konstanz bemüht sich deshalb darum, diese Lebensräume zu schützen.

Es kann sogar zu Ernteausfällen kommen

Auch für die Pflanzenwelt können die milden Temperaturen im Dezember und Januar gefährlich sein: Derzeit knospen schon Schneebälle und Haseln, doch die Knospen können bei erneutem Frosteinbruch absterben. „Heimische Arten wie Haseln oder Weiden sind prinzipiell an solche Temperaturschwankungen angepasst und treiben im Frühjahr erneut aus“, erläutert Jarid Zimmermann.

Wenn es aber langfristig mild ist wie seit Weihnachten 2022, könne es bei voranschreitender Knospenbildung zu schwerwiegenderen Folgen kommen: „Das macht die Bäume bei weiteren Wetterumschwüngen weniger robust und somit anfälliger für Insekten und Pilze. Für die Landwirtschaft kann es zu Ernteausfällen kommen, wenn bei Frost dann Blüten betroffen sind“, sagt der Naturschützer. Ein simples Mittel kann dagegen helfen: Einfach die Bäume bei Frost mit Wassertröpfchen besprühen. Das Wasser gefriert und dient als Isolation.