Immer wieder begegnet man ihnen am Bodensee: Menschen mit Ferngläsern oder Fernrohren, teilweise auch mit Hightech-Kameras, die aufmerksam die Natur absuchen und dabei die Vogelwelt im Auge haben. Fündig werden Ornithologen und andere Vogelliebhaber dabei gleich an mehreren Stellen, wie Hans-Günther Bauer, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut in Möggingen, weiß: „Der Bodensee hat sehr viele verschiedene Ecken, wo man beobachten kann.“

Die meisten Vögel hielten sich dabei nicht in der Seemitte, sondern an den Rändern auf – denn dort ist das Nahrungsangebot höher, da die Vögel im Niedrigwasser leichter an den Seegrund kommen.

Bei Niedrigwasser wird es spannend

Besonders spannend werde es dort, wenn es wie in diesem Jahr Niedrigwasser am Bodensee gibt. Denn verbreitern sich die Randgebiete, lassen sich sogenannte Limicolen, also Watvögel, die sonst über das Bodenseegebiet hinwegziehen, hierzulande nieder. Dadurch erweitere sich die Vielfalt. Welche und wie viele Vögel der geringe Wasserstand dieses Jahr an den Bodensee gelockt hat, kann der Experte noch nicht abschließend sagen. Allerdings seien immer wieder, konkret beim Niedrigwasser im Jahr 2003, auch sehr seltene Limicolen aufgetaucht.

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Hans-Günther Bauer zählt auf, was es zum Teil am Bodensee regelmäßig zu entdecken gibt: Etwa den Brachvogel, die Bekassine, den Kiebitz, verschiedene Regenpfeifer und Rallen. Dabei gibt es innerhalb fast aller Verwandtschaftsgruppen häufigere oder weniger häufigere Arten – so gehören zum Beispiel Blässhuhn und Tüpfelsumpfhuhn beide zu den Rallen, Ersteres sei aber häufig und Zweiteres selten. „Und die Hoffnung, dass man etwas Besonderes sieht, hat man immer“, so der Wissenschaftler.

Hier werden Liebhaber fündig

Aber wo können am Bodensee Vögel gut beobachtet werden? Problematisch sei es im Sommer in der Nähe von Orten, die stark bebaut oder häufig von Touristen besucht werden. „Darum haben wir zu dieser Zeit vor allem Vögel in den Schutzgebieten“, erklärt Bauer.

Am westlichen Bodensee könnten sie etwa von der Reichenau aus gut am Wollmatinger Ried und an der Bucht vor Hegne beobachtet werden. Und auch auf der Schweizer Seite bei Ermatingen finden sich gute Beobachtungsstellen. Im Raum Radolfzell könne man auf der Mettnau und an der Radolfzeller Aachmündung bei Moos fündig werden. Und auch entlang der Höri in Richtung Stein am Rhein und auf der Insel Werth seien viele Wasservögel zu finden.

In Richtung Osten würde sich zum Beispiel die Mündung der Stockacher Aach in den Bodensee bei Bodman als Beobachtungsort eignen. Und auch am Eriskircher Ried hinter Friedrichshafen sowie am Rheindelta hielten sich viele interessante Arten auf, wobei Zweiteres mittlerweile durch touristisches Treiben teilweise entwertet worden sei. „Früher war dies das Mekka für Ornithologen“, sagt Bauer. Und einige Besonderheiten finden sich dort noch bis heute, zum Beispiel die größte Lachmöwenkolonie, innerhalb derer auch Schwarzkopfmöwen und Flussseeschwalben brüten.

Auch Enten gibt es zu sehen

Am Markelfinger Winkel und in anderen Flachwasserzonen am Untersee seien ab dem Spätherbst bis Januar und Februar viele Enten zu finden, die sich dort zum Überwintern niederlassen. Im Gegensatz zu den Limicolen hänge das auch nicht davon ab, wie das Wetter ausfalle – allerdings ist es laut Bauer inzwischen so, dass viele nordische Entenarten erst dann an den Bodensee kommen, wenn der Winter in ihrer Heimat sehr kalt ausfällt. Bei den immer milderen Wintern könnten sich viele Enten den langen Zugweg in den Süden sparen.

Zahlreiche Wasservögel auf dem Bodensee. Ab dem Herbst sind unter anderem in Radolfzell viele Enten zu finden.
Zahlreiche Wasservögel auf dem Bodensee. Ab dem Herbst sind unter anderem in Radolfzell viele Enten zu finden. | Bild: Jarausch, Gerald

Eine seltene Tauchentenart sei mit der Moorente ab September am Mindelsee zu beobachten. Um sie zu sehen, würden sogar von weiter entfernten Regionen Besucher anreisen.

Auch im Hinterland gibt es einiges zu sehen

Und auch abseits des Sees können Vogelliebhaber fündig werden. In Rebgebieten, etwa am Hohentwiel, könne man mit etwas Glück etwa die Zaunammer beobachten, so Hans-Günther Bauer. Zudem sei auch die seltene Zwergohreule in der Region zu finden – wo, will der Wissenschaftler aber nicht verraten. Denn damit sich Arten wie diese hierzulande etablieren, dürfen sie nicht gestört werden.

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Dennoch gibt Bauer grundsätzlich den Tipp, in Wäldern nach Vögeln Ausschau zu halten. Dort könnte man sowohl häufigere Arten finden, als auch seltenere, etwa den Wendehals – ein Specht -, den Trauerschnäpper oder die Heidelerche. Wobei viele Wälder stark bewirtschaftet und Vögel dort nicht ungestört seien. Gleich sehe es bei Ackerlandschaften aus. Bessere Chancen auf Seltenheiten habe man in Naturschutzgebieten, wobei einige davon auch nicht frei zugänglich seien. Man könne aber an Führungen teilnehmen und sich die Besonderheiten zeigen und erklären lassen.

Natur darf nicht gestört werden

Wichtig ist aber, dass Vogelliebhaber bei der Suche nach den Tieren Rücksicht auf die Natur nehmen. „Zur Brutzeit darf man nicht stören“, betont Bauer – das sei auch verboten. Zudem sollten Hunde an die Leine genommen werden. Und wer Nester sieht, solle Abstand halten: „Da soll man nicht dran gehen, das verhindert das Füttern“, betont der Wissenschaftler.

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Auch junge Eulen, sogenannte Ästlinge, die sich nicht mehr im Nest aufhalten, sollten nicht eingesammelt werden. „Die werden noch gefüttert.“ Grundsätzlich fasst Hans-Günther Bauer die Verhaltensregeln so zusammen: „Man sollte nicht invasiv sein“ – also nicht auf die Natur einwirken, sondern beobachten und genießen.

Wer wolle, könne besondere Beobachtungen aber melden und sogar Fotos von seltenen Vögeln hochladen. Dafür gibt es das Meldeportal Ornitho.