Die Entwicklung der Storchenpopulation in der Region ist eine Erfolgsgeschichte: „Die Population ist nicht nur stabil, sie wächst immer noch“, berichtet Wolfgang Fiedler, der als Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Möggingen arbeitet. Aber wird sie das auch in Zukunft? Durch den Klimawandel ändert sich derzeit auch das Klima in der Region, aktuell belastet Trockenheit Natur und Mensch. Hat das auch Auswirkungen auf Störche?
Mit Hitze kommen Störche klar
Wolfgang Fiedler betont, es habe schon immer gute und schlechte Jahre für den Storchennachwuchs gegeben und er habe aktuell nicht den Eindruck, dass die schlechten Jahre zugenommen hätten. Dennoch kann unter anderem Extremwetter zur Herausforderung werden. Dabei ist es aber nicht die zunehmende Hitze, die problematisch ist, wie Wolfgang Fiedler berichtet: „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir schon eine Brut mit Hitzeschlag hatten.“ Zudem verbringen die Vögel den Winter ja auch in heißen Zonen.
Anders sehe es bei Trockenheit aus. Denn durch sie könnten die Störche womöglich nicht genügend Futter finden. Fiedler erklärt die Hintergründe: In einer Zeit, in der es etwa durch Pestizideinsatz immer weniger Insekten gibt, müssen Störche sich zum Beispiel an Regenwürmern und Fröschen bedienen. Diese finden die Störche aber nur, wo es feucht ist. Ohne sie schrumpft ihr Nahrungsangebot. „Dann hilft nur noch Mäuse jagen“, drückt es Fiedler aus.
Regen kann zum Problem werden
Negative Auswirkungen kann aber auch das Gegenteil von Trockenheit haben – nämlich für die Jungtiere. Im Jahr 2020 war zum Beispiel der Storchennachwuchs in Stockach gestorben, nachdem es über mehrere Tage geregnet hatte. Ausgerechnet Starkregen ist aber eine der Folgen des Klimawandels in Deutschland, wie das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz berichtet.
Entscheidend sei für die Störche aber, wie alt die Küken zum Zeitpunkt eines Unwetters oder Kälteeinbruchs sind, so Fiedler: „Dabei kommt es ganz darauf an, wie groß die Jungen in einer solchen Phase sind.“ Sind sie noch jung und damit klein, passen sie unter die Eltern und können sich von diesen vor dem Wetter schützen lassen. Sind sie groß genug, können sie Extremwetter ebenfalls trotzen. „Die Phase dazwischen ist das Problem“, so der Wissenschaftler.

Die Brutzeit verschiebt sich
Eine weitere Rolle spielt dabei auch das Zugverhalten der Vögel: „Die Störche bleiben mittlerweile im Winter in Spanien und gehen nicht mehr nach Afrika“, berichtet Wolfgang Fiedler. Dadurch kehren sie auch früher nach Deutschland zurück und brüten früher. So könne sich die Zeit, in der die Storchenjungen ein kritisches Alter haben, in die Zeit der Eisheiligen verschieben. Dann sind aber auch die letzten Frostnächte eines Frühjahrs möglich.
Sterben die Jungtiere im diesem kritischen Alter, so reicht die Zeit den Eltern nicht, weitere Küken zu bekommen. Dann gebe es in dem Jahr gar keinen Nachwuchs.
Storchenpopulation ist stabil
Dennoch: Der Storch sei nicht der Vogel, der von zunehmenden Wetterextremen am stärksten betroffen sei, sagt Wolfgang Fiedler: „Da werden andere Vögel vermutlich eher ein Problem haben.“
Zudem sei die Storchenpopulation derzeit so stabil, dass sie Unwetterereignisse und Starkregen aushalte. Und: „Diese Starkwetterereignisse haben den Vorteil, dass sie eher regional sind.“ Dadurch sei immer nur ein Teil der Storchenpopulation betroffen. „Die Störche sind mittlerweile weit verbreitet.“