Den Gold-Standard hatte Konstanz schon mal. Beim European Energy Award kam man 2022 knapp über die dafür nötige 75-Prozent-Marke. Eine Zahl, die anzeigt, wie weit man auf dem Weg ist, die Treibhausgasemissionen-Neutralität 2035 tatsächlich zu erreichen. Nun, zwei Jahre später, ließ man eine interne Überprüfung der Standards durch Tina Götsch von der Energieagentur Kreis Konstanz vornehmen.

„Um zu wissen, wo wir stehen“, sagt Philipp Baumgartner, Leiter des Amtes für Klimaschutz. „Es ist gut, den Spiegel vorgehalten zu bekommen.“ Das Fazit der Studie: Konstanz steht gar nicht so schlecht da im Vergleich zu anderen Kommunen. Zwar im Moment bei 74 Prozent, Gold wäre also weg, „aber das ist trotzdem ein gutes Ergebnis“, meint Götsch. Um dann im Detail auf Stärken und Schwächen der Stadt Konstanz einzugehen, wenn es darum geht, CO2-neutral zu werden.

Die schwierigste Baustelle sei sicher die wärmetechnische Gebäudesanierung. Baumgartner weiß um das Problem: „Konstanz ist im Krieg nicht zerstört worden, deshalb haben wir viel alte Bausubstanz und viele alte Heizungen.“ Von den 11.000 Gebäuden in der Stadt, schätzt er, müssten etwa 10.000 saniert werden. Wofür man etwa 60 Millionen Euro bräuchte. Bundesweit werden jährlich nicht einmal ein Prozent der alten Häuser auf einen klimafreundlichen Standard umgerüstet. „Da wäre man in hundert Jahren noch nicht fertig.“

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Klingt erstmal entmutigend. Trotzdem habe die Stadt ein „Förderprogramm zur energetischen Bestandssanierung in Konstanz“ aufgelegt, bei dem es pro Gebäude bis zu 50.000 Euro geben könne, wenn man zum Beispiel Etagen- auf Zentralheizungen umstellt, Wärmepumpen, Lüftungsanlagen oder Photovoltaikanlagen einbaut (Antrag kann unter sanierungsfoerderung@konstanz.de gestellt werden).

Denn ab 2027, so Lorenz Heublein, stellvertretender Leiter des Klimaschutzamtes, werden auch Gebäude und ihre Emissionswerte besteuert. Der „Ablasspreis“ für eine Tonne CO2 werde von derzeit etwa 40 Euro sicher auf mehr als das Doppelte steigen, die Kilowattstunde nicht billiger werden. „Es kann sich also lohnen, jetzt zu investieren.“

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„In den nächsten Jahren geht es um die Umsetzung“

Zurück zu den Ergebnissen, die Tina Götsch präsentierte: Beim Anteil der Kilometer, die innerstädtisch mit dem Auto zurückgelegt werden, liegt Konstanz im niedrigen 20-Prozent-Bereich „und damit weit vorne“. Dagegen hinke die Produktion von erneuerbarem Strom auf der eigenen Gemarkung noch hinterher: Im Moment seien das nur elf Prozent, und die sollen, so Heublein, auf 50 Prozent steigen.

Ein wiederum sehr ambitioniertes Ziel. Die Beraterin stellt weiterhin fest, dass Konstanz mit Personal und finanziellen Mitteln gut aufgestellt sei und dass gute Handlungskonzepte vorliegen. „In den nächsten Jahren geht es aber um die Umsetzung.“ Erst dann werde sich wirklich zeigen, wie nahe man der angestrebten Neutralität beim Ausstoß von Treibhausgas kommt.

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Auch an der Kommunikation mit der Stadtbevölkerung müsse man „dranbleiben“. Viele (energetische) Beratungstermine seien ausgebucht, Veranstaltungen gut besucht, das Interesse der Bürger groß. Was ankomme, meint Baumgartner, seien die Infoabende unter dem Stichwort „Die Energiekarawane“, die in den Stadtteilen wie Stadelhofen oder Litzelstetten schon stattfanden – eine Aktion, die nun bis zum 17. Januar 2025 verlängert werde. Dass die Bodensee-Philharmonie unter allen Anmeldungen ein privates Konzert verlost, ist ein zusätzlicher Anreiz für Betriebe und Quartiere, noch mitzumachen.

Natürlich müsse auch immer wieder darauf hingewiesen werden, was jeder privat tun könne: Jede Kilowattstunde durch eine noch so kleine Balkon-Solaranlage (die auch mit 200 Euro gefördert wird) hilft. Und die Zimmertemperatur um ein Grad zu senken, spart schon sechs Prozent CO2 des Jahresausstoßes, erklären die Experten.

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Neues Leuchtturmprojekt: das neue Wärmenetz

Am meisten CO2 lasse sich jedoch durch den Umbau des Wärmenetzes einsparen. Würde man vom Gas und Öl weiter wegkommen, könnte man den Ausstoß um 40 bis 50 Prozent verringern. „Unser nächstes Leuchtturmprojekt kann deshalb das neue Wärmenetz der Stadtwerke werden, das für die nächsten Jahre geplant ist“, stellt Heublein in Aussicht. In der Nähe der Therme soll in der Tiefe warmes Wasser angezapft und diese Energie über einen Wärmetauscher an das Leitungswasser für die Haushalte abgegeben werden.

So fällt am Ende das Fazit der Beurteilten doch eher positiv aus. „Schön zu sehen, dass wir ganz gut dastehen“, meint Amtsleiter Philipp Baumgartner, um gleich anzuschließen, dass man aber auch genau wisse, wo es noch viel zu tun gebe. Um sich in zwei Jahren, wenn der Award wieder ansteht, das Gold-Niveau zurückzuholen.