Das Tägermoos: Beliebt bei Spaziergängern, Joggern und Radfahrern sowie zweite Heimat für viele Konstanzer, die hier einen Kleingarten besitzen. Im Frühjahr schaffte es dieser geografische Sonderfall – die Konstanzer Gemarkung auf Schweizer Staatsgebiet – in die überregionalen Schlagzeilen.
Der Grund: Konstanzern wurde der Zugang zu ihren Kleingärten im Tägermoos verwehrt, weil die Schweiz ihre Grenzen geschlossen hatte. Doch nach teils zähen Verhandlungen zwischen der Stadt Konstanz und den Schweizer Behörden durften sie schließlich im Mai wieder in ihre Schrebergärten – dank einer Ausnahmeregelung.
Erneut Verwirrung in Sachen Grenzübertritt im Tägermoos
Kein Jahr, nachdem die Grenze für die Tägermooser Kleingärtner zumindest teilweise wieder offen war, fragen sich jetzt erneut einige, ob sie denn noch einfach so rüber ins Nachbarland dürfen.
Grund ist diesmal nicht das Schweizer Grenzregime, sondern die aktuellen baden-württembergischen Ein- und Rückreisebestimmungen. Seit 23. Dezember erschwert das Land den Grenzübertritt aus Risikogebieten wie der Schweiz mittels verschärfter Quarantäneregeln.
Nicolas Luckert joggt gerade im Tägermoos, als ihn die SÜDKURIER-Fotografin am Dienstag dort antrifft. „Ich trainiere gern im Tägermoos und überquere dafür auch häufig die Grenze. Was für Regeln hier gerade für Sportler und Fußgänger gelten, weiß ich aber auch nicht so genau“, sagt der Konstanzer.

Auch Laura Sichler, die durch das Tägermoos spaziert, ist sich da nicht so sicher: „Am Tägerwiler Zoll bin ich aber bisher nie kontrolliert worden.“
Dürfen Nicolas Luckert und Laura Sichler das, was sie an diesem verschneiten Dienstag im Tägermoos machen, überhaupt? Also einfach so zum Joggen und Spazierengehen über die Grenze, oder müssten sie danach in Quarantäne? Und was ist mit den Kleingärtnern? Dürfen sie noch rüber?
Bestimmungen scheinen immer komplexer zu werden
Dass in diesen Fragen Unsicherheit herrscht, ist kein Wunder. Mit jeder Ergänzung, Präzisierung und Nachjustierung scheinen die baden-württembergischen Ein- und Rückreisebestimmungen stets noch verwirrender zu werden.
Ein Beispiel gefällig? Nach wie vor gilt etwa, dass man als Konstanzer nach dem Besuch in einem als Grenzregion definierten Kanton wie dem Thurgau grundsätzlich nach maximal 24 Stunden quarantänefrei zurück nach Deutschland einreisen darf – allerdings nur, wenn der Aufenthalt jenseits der Grenze nicht überwiegend zwecks Einkauf oder aus touristischen Gründen erfolgt ist.
In den Grenzregionen dürfen zum Beispiel auch Freunde besucht werden, wie Florian Mader vom baden-württembergischen Sozialministerium auf SÜDKURIER-Nachfrage bestätigt. Ein Konstanzer darf also ohne Quarantänefolgen für maximal 24 Stunden zu einem Freund, der im Kanton Thurgau wohnt. Hat der Freund seinen Wohnsitz aber im Kanton Bern, gilt diese Ausnahmeregelung nicht.
Alles klar? Und was gilt jetzt für die Spaziergänger und Kleingärtner im Tägermoos?
Vor rund zwei Wochen lautete die Antwort aus dem Sozialministerium auf die Frage des SÜDKURIER, ob man noch über die Grenze joggen darf: rechtlicher Graubereich. Und auf die Frage, wie es um Radtouren oder kleine Wanderungen jenseits der Grenze bestellt sei: touristische Gründe und daher quarantänefrei nicht möglich.
Auf erneute Nachfrage erklärt das Ministerium nun aber (Stand: 25. Januar): „Spaziergänge und ähnliche sportliche Betätigungen wie Joggen oder Fahrradfahren sind im Rahmen der 24-Stunden-Regelung weiterhin quarantänefrei möglich.“
Jedoch nur, betont Ministeriumssprecher Florian Mader, solange „die Bewegung an der frischen Luft im Vordergrund“ stehe und man sich dabei noch im näheren Umfeld des eigenen Wohnortes bewege.

Wenn aber für den Spaziergang eine Anfahrt mit dem Auto nötig sei, bestehe die nötige Nähe zum Wohnort nicht mehr, so Mader weiter. Spaziergänge und ähnliche sportliche Aktivitäten über die Grenze hinweg seien dann in der Regel nicht quarantänefrei möglich.
Denn, erklärt der Ministeriumssprecher: „Die Besichtigung fremder Naturlandschaften oder ähnlichem steht dann im Vordergrund.“

In der praktischen Umsetzung würde das also bedeuten, dass Konstanzer, die im direkt an das Tägermoos angrenzenden Stadtteil Paradies wohnen, noch problemlos über die Grenze spazieren können. Für Konstanzer, die in Petershausen oder gar Wallhausen leben, könnte es aber schwieriger werden, da sie nicht im Auto zum Tägermoos fahren dürften, um dort zu spazieren.
Und was ist nun mit den Kleingärtnern? Dürfen die noch ohne Probleme über die Grenze?
Die klare Antwort des Ministeriums lautet: Ja, aber... „Die quarantänefreie Rückreise aus der Schweiz nach Baden-Württemberg ist im Rahmen der 24-Stunden-Regelung nur dann möglich, wenn sich der Kleingarten in einer Grenzregion befindet, die zudem nicht Virusvarianten-Gebiet ist, und die Einreise aus überwiegend nicht touristischen Gründen erfolgt“, erklärt Sprecher Mader.
So seien notwendige Einreisen, um etwa ein einsturzgefährdetes Dach zu reparieren, Schnee zu schaufeln oder sich anderweitig um den Garten zu kümmern, weiterhin problemlos möglich. Denn dabei, betont Mader, handele es sich um keine touristischen Gründe.
Aber spielt die spezielle Situation des Tägermoos als Konstanzer Gemarkung bei alledem gar keine Rolle?
„Auf die Gemarkung kann es unseres Erachtens nach nicht ankommen, da es sich beim Tägermoos um ein Gebiet im Kanton Thurgau in der Schweiz handelt“, so der Ministeriumssprecher. Weiter betont er: „Unabhängig vom Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes raten wir aber vor dem Hintergrund der dynamischen Infektionslage von allen Reisen in Risikogebiete ohne zwingenden Grund dringend ab.“