Berufspendler oder Menschen, die ihre nahen Verwandten besuchen: Sie gehören zu denen, die derzeit noch quarantänefrei aus der Schweiz über die Grenze nach Deutschland dürfen.

Einreisen, die überwiegend zum Einkaufen oder aus touristischen Gründen erfolgen, sind quarantänefrei nicht mehr erlaubt. Was beim schweizerisch-deutschen Grenzübertritt aktuell gilt, haben wir hier in einer Übersicht zusammengefasst.

Uneinigkeit darüber, ob Einreisebestimmungen eingehalten werden

Doch halten sich die Menschen aus der Konstanzer Grenzregion tatsächlich an diese Bestimmungen? Eine SÜDKURIER-Leserin zweifelt daran, wie sie in einem Brief schreibt: „Ich bin doch mehr als erstaunt über die hohe Anzahl von PKWs mit CH-Kennzeichen.“ Und weiter: „Offenbar setzt so mancher Eidgenosse auf die laschen Kontrollen an den Grenzen, um weiterhin von den günstigen Konditionen in Deutschland zu profitieren.“

Ganz anderer Meinung ist ein weiterer Leser, der dem SÜDKURIER eine E-Mail geschickt hat, mit den Worten: „Es ist wieder wie im März oder April.“ Dabei verweist er auf Fotos, die ein beinahe leeres Parkdeck des Edeka Baur zeigen, am 13. Januar, nachmittags um 14 Uhr.

Viele Lücken, kein Auto mit Schweizer Kennzeichen: Parkdeck des Edeka Baur in Konstanz, aufgenommen von einem SÜDKURIER-Leser am 13. Januar.
Viele Lücken, kein Auto mit Schweizer Kennzeichen: Parkdeck des Edeka Baur in Konstanz, aufgenommen von einem SÜDKURIER-Leser am 13. Januar. | Bild: privat

Der Leser schreibt weiter: „Meine Karre war denn auch die einzige mit CH-Kennzeichen… Ohne Schweizer Kundschaft geht in Konstanz eben nicht mehr viel.“ Dies sei ein schönes Beispiel „für gute nachbarschaftlichen Beziehungen, mit erschreckenden Auswirkungen, wenn da mal so was dazwischenfunkt wie diese vermaledeite Pandemie.“

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Ein Blick in die Kommentarspalten sozialer Netzwerke wie Facebook beweist, dass sich nicht nur diese beiden SÜDKURIER-Leser uneinig darüber sind, ob denn nun die Einreiseregeln eingehalten werden oder nicht. Doch wer hat Recht? Sind tatsächlich nach wie vor viele Autos mit Schweizer Kennzeichen in Konstanz unterwegs, die nicht einfach so über die Grenze dürften?

Und wie kontrollieren Ordnungsamt und Polizei überhaupt, ob jemand mit einem CH-Aufkleber auf dem Auto einen triftigen Grund hat, sich in Konstanz aufzuhalten?

Das sagt der Zoll: Anzahl „Grüne Zettel“ erheblich zurückgegangen

Einen Hinweis darauf, ob und wie deutlich der Einkaufstourismus aus der Schweiz nach Konstanz eingebrochen ist, geben die Ausfuhrscheine, die der Zoll nach wie vor abstempelt.

„Tendenziell konnten wir feststellen, dass bereits vor den verschärften Regelungen zur Einreise-Quarantäne die Abfertigungszahlen der Ausfuhrscheine erheblich zurückgegangen sind“, erklärt Mark Eferl, Pressesprecher des Hauptzollamts Singen, auf SÜDKURIER-Nachfrage.

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Und mit Inkrafttreten der Quarantäneregeln habe sich dieser Trend sogar noch verstärkt, sagt Eferl: „Tageweise gab es nur zweistellige Abfertigungszahlen bei den Abfertigungsstellen in Konstanz insgesamt.“ Genaue statistische Zahlen zur Anzahl „grüner Zettel“ veröffentliche die Zollverwaltung während des Jahres aber keine, betont der Zoll-Pressesprecher.

Das sagt das Ordnungsamt: Bisher keine Verstöße festgestellt

Die Angaben der Zollverwaltung werden vom Konstanzer Ordnungsamt bestätigt: „Einkäufe von Schweizer Kunden haben sich nach unserer Wahrnehmung bereits jetzt sehr reduziert“, erklärt Walter Rügert, Pressesprecher der Stadtverwaltung. Bisher (Stand 13. Januar) seien auch keine Verstöße gegen die Einreisebestimmungen festgestellt worden: „Auch von Zoll oder Polizei wurden bisher keine Verstöße an unsere Bußgeldstelle gemeldet.“

Dr. Walter Rügert, Pressereferent der Stadt Konstanz (Archivbild)
Dr. Walter Rügert, Pressereferent der Stadt Konstanz (Archivbild) | Bild: Oliver Hanser

Mitarbeiter des Gemeindevollzugsdienstes hätten im Rahmen ihres üblichen Streifendienstes ein Auge auf Autos mit Schweizer Kennzeichen und würden die Personen darin nach ihrem Einreisegrund befragen, betont Rügert: „Wenn die Antworten nicht plausibel erscheinen, wären weitere Nachprüfungen denkbar, zum Beispiel die Überprüfung von Adressen.“

Es werde aber jedem klar gemacht, dass falsche Angaben das Bußgeld erheblich erhöhen können. Bei einem Verstoß gegen die geltenden Einreisebestimmungen drohe eine Buße von 500 bis 10.000 Euro. In der Regel sei ein Bußgeld von 650 Euro vorgesehen.

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Und was geschieht, wenn niemand im Auto sitzt, um befragt zu werden? Wird der Fahrzeughalter ermittelt und schickt ihm das Ordnungsamt dann einen Anhörungsbogen, wie das etwa am Hochrhein, in Bad Säckingen, üblich ist?

Nein, davon werde abgesehen, so Pressesprecher Rügert: „Aufwand und Erfolg stehen hier in keinem Verhältnis. Jeder Fahrzeugführer hätte hier genügend Zeit, entsprechende Nachweise zu beschaffen.“ Hinzu komme, dass es auch einige Menschen gebe, die zwar in Konstanz wohnten, aber ein Auto mit Schweizer Kennzeichen fuhren, etwa ein Geschäftsauto.

Ein Geschäftsauto? Das „AR“ auf dem Kennzeichenschild steht für den Schweizer Kanton Appenzell Ausserrhoden.
Ein Geschäftsauto? Das „AR“ auf dem Kennzeichenschild steht für den Schweizer Kanton Appenzell Ausserrhoden. | Bild: Jennifer Moog

Das sagt die Polizei: Die meisten kennen die Regeln und halten sich daran

Dass in Konstanz viele Autos mit Schweizer Kennzeichen unterwegs sind, die dazu auch im Rahmen der aktuellen Einreisebestimmungen berechtigt sind, bestätigt Polizei-Pressesprecher Dieter Popp: „Allein von den Autos, die bei uns im Hof des Konstanzer Polizeipräsidiums stehen, haben etwa 30 Prozent ein Schweizer Kennzeichen, weil die Kollegen zwar hier arbeiten, aber in der Schweiz wohnen.“

Dieter Popp, Pressesprecher der Polizei Konstanz (Archivbild)
Dieter Popp, Pressesprecher der Polizei Konstanz (Archivbild) | Bild: SK

Die Polizei sei in alle Bereiche involviert, die die Corona-Verordnung und Verstöße dagegen beträfen. So führten Polizeibeamte ebenfalls stichprobenartige Kontrollen bei Autos mit Schweizer Kennzeichen durch. „Es werden nicht alle kontrolliert, da eben viele unterwegs sind, die dazu berechtigt sind.“

Kontrolliert werde im Rahmen der normalen Streifendienste. Und dies auch im Bereich von Supermärkten oder Drogerien, so Popp: „Wenn dort bei der Ausfahrt ein Auto mit Schweizer Kennzeichen auffällt, wird es natürlich kontrolliert.“

Im blauen Auto mit Schweizer Kennzeichen könnte auch jemand sitzen, der in der Schweiz lebt und in Konstanz arbeitet. Das ...
Im blauen Auto mit Schweizer Kennzeichen könnte auch jemand sitzen, der in der Schweiz lebt und in Konstanz arbeitet. Das „ZH“ auf dem Schild steht für den Kanton Zürich. | Bild: Jennifer Moog

Doch wie lassen sich die Angaben von Personen, die mit einem Schweizer Kennzeichen unterwegs sind, überprüfen? „Da gibt es verschiedene Möglichkeiten: Wenn es sich um ein Geschäftsauto handelt, geht das aus dem Fahrzeugschein hervor. Erfolgt die Einreise aus medizinischen Gründen, kann dies mit einem Attest oder einer Terminvereinbarung belegt werden“, erklärt Popp.

Bei Familienbesuchen würden Beamte nach Namen und Adresse der Verwandten fragen. Ob die Angaben stimmen, könne über das Melderegister abgefragt werden. „Und die Kollegen haben durch ihre Erfahrung auch ein Feingefühl dafür, ob Erklärungen schlüssig sind“, betont Popp.

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Bestünden Zweifel an den Aussagen oder könnten diese nicht vor Ort belegt werden, werde beispielsweise die angegebene Arbeitsstelle überprüft. Würden Verstöße gegen die Corona-Verordnung festgestellt, leite die Polizei dies an die zuständige Bußgeldstelle weiter.

Popp betont aber, dass der reine Einkaufstourismus aus der Schweiz nach Konstanz stark zurückgegangen sei, bereits seit dem Teil-Lockdown im November. „Die meisten kennen die Regeln und halten sich daran. Wir haben auch viele Anfragen von Schweizern, die sich erkundigen, was gilt, und ob sie zum Beispiel noch über die Grenze zu ihrem Arzt dürfen.“

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