Langsam bohrt sich ein dickes Rohr in den Untergrund. Ein monotones Geräusch liegt in der Luft, es geht nur langsam abwärts. Der Bohrer gräbt sich Zentimeter für Zentimeter in die Erde, bis zu knapp 15 Metern Tiefe. Während oben an der Maschine die ausgebuddelte Erde herauspurzelt, wird unten das Bohrloch direkt mit Beton gefüllt. Über einen Schlauch ist der Bohrer mit einer Betonpumpe verbunden.
Und die steuert Michele Tumbarello von einer Spezialtiefbaufirma aus Pfronten im Allgäu. „Das sind ganz schön aufwändige Gründungsarbeiten“, sagt der Mann, der für diesen Teil der Arbeit die Baustelle am Gottmannplatz leitet.
Rund 155 Pfähle müssen insgesamt in den Boden gerammt werden: 132 im äußeren Ring des späteren Fundaments, 21 in der Mitte des Geländes. Einige davon sind bewehrt, das heißt: Eine Art Eisengitter verstärkt noch den Betonpfahl.

Von dem alten schmutzig-gelben Haus, das hier bis vor kurzem stand, ist nichts mehr zu sehen. Dabei war die Ecke zuletzt sehr auffällig: Auf der Ecke des Gebäudes hatte eine Gruppe um Architekt Marius Topp, Designer Bert Binnig und Werbetechniker Roland Germar mit Unterstützung des Konstanzer Kulturamts Kunst am Bau angebracht. Zu sehen war auf dem jetzt abgerissenen Haus ein großes schwarz-weißes Konterfei eines älteren Mannes.
Ein Auge war geöffnet, eines geschlossen. Keck blickte er auf die Passanten herunter. Die Macher des Fotodrucks beteuerten damals, trotz gewisser Ähnlichkeiten habe es sich dabei nicht um Charlie Watts, den verstorbenen Schlagzeuger der Rolling Stones, gehandelt.


Rund fünf Wochen lang war die Tiefbaufirma am Werk, seit einiger Zeit aber ruhen die großen Maschinen. Dann übernehmen andere Gewerke, damit am Gottmannplatz ein neues Wohn- und Geschäftshaus entstehen kann.
Das neue Gebäude soll elf Wohnungen Platz bieten
Laut Architekt Marius Topp, dessen Büro „Modulus Architektur und Gestaltung“ das neue Haus entworfen hat, wird als nächstes die Baugrube ausgehoben und statisch abgesichert. Wegen des schwierigen Untergrunds werde dieser Vorgang noch ein paar Monate in Anspruch nehmen, bevor der Rohbau beginne, so Topp.
Das alte dunkelgelbe dreistöckige Haus mit Baubeginn 1888 wird durch ein fünfstöckiges Gebäude ersetzt. Darin sollen neben elf Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen (zwischen 50 und 110 Quadratmeter groß) auch drei Gewerbe-Einheiten unterkommen. Welche Geschäfte das sein werden, stehe noch nicht fest, sagt der Architekt.

Die Bauherren wollen auch nicht preisgeben, ob schon Wohnungen verkauft oder vermietet sind und in welchem Preissegment sie angeboten werden. Klar dagegen ist, dass das Haus im Jahr 2025 bezugsfertig sein soll.
Marius Topp ist sich bewusst, dass die Neugestaltung dieser Ecke keine leichte Aufgabe ist. „Die Lage an einer Ecksituation ist besonders exponiert“, sagt der Architekt. Aber nicht nur das: „Das abgebrochene Gebäude war eine der ersten Bebauungen des früheren Petershausen entlang der Schneckenburgstraße“, so Topp.

Zwei Dachformen treffen an dieser Stelle aufeinander
In diesem Fall treffen auch noch zwei Dachformen aufeinander: Entlang der Schneckenburgstraße eine Bebauung mit Satteldächern, entlang der Markgrafenstraße/Gottmannplatz ein Mansardendach.
„Gemeinsam mit den Bauherren haben wir uns schließlich für die Ausbildung eines Mansardendaches entschieden und eine sehr geordnete und strukturierte Fassade entwickelt, damit sie zur bauzeitlichen Darstellung der umliegenden Gebäude passt.“

Bauherr ist eine Familie, die mit diesem Platz schon seit Jahrhunderten verbunden ist: Sie trägt den Namen Gottmann. Wie alte Aufnahmen zeigen, bot Friedrich Gottmann hier einst Kolonialwaren und Landesprodukte an.
Nebenan waren eine Feinbäckerei und eine Mehlhandlung angesiedelt. Laut Marius Topp war Friedrich Gottmann der Großvater des heutigen Bauherrn. Und Friedrichs Vater Wilhelm Gottmann wiederum baute im 19. Jahrhundert die ersten Häuser an dieser Stelle.