Projekte sollten immer Hand und Fuß haben. Ob dies beim Handlungsprogramm Fußverkehr der Fall ist? Da sind sich auch die Gemeinderäte nicht so ganz sicher. Zumal der vorgelegte Beschlussvorschlag der Verwaltung das Potenzial hatte, dass die Verwaltung ohne Rücksprache mit dem Gemeinderat Maßnahmen umsetzen könnte. Zumindest, wenn die Kosten unter 250.000 Euro liegen, wie der SÜDKURIER recherchiert hatte.
Freie Wähler ziehen die Reißleine
Die Freien Wähler hatten so ihre Zweifel, ob die Verwaltung möglicherweise nicht einen Alleingang planen könnte. Sie gingen also auf Nummer sicher und stellten einen Antrag, um einen Punkt in der Beschlussfassung entsprechend zu ändern. Damit die letztliche Entscheidung, was die Gestaltung und Umsetzung von Einzelmaßnahmen anbelangt, auf jeden Fall auch künftig den Bürgervertretern obliegt.
Mit Blick auf die rund 300 Maßnahmen, welche in dem Katalog gebündelt sind, für den der Gemeinderat seinen Segen geben sollte, begründete Susanne Heiß (Freie Wähler) den Antrag: „Wir haben Bauchweh, weil wir dann keinen Einfluss auf die Maßnahmen haben.“ Als Negativ-Beispiele nannte sie die Fahrradbügel an Bushaltestellen und die Fahrradstraße in Petershausen, die doch nicht so gelungen sei. Deshalb fordern die Freien Wähler, dass zuerst eine Prioritätenliste erarbeitet werden soll, „die dann im TUA beraten werden muss und im Gemeinderat“, so Heiß.
Es könne nicht angehen, dass der Gemeinderat bei Projekten, die weniger als 250.000 Euro kosteten, „nichts mehr zu sagen hat“, opponierte auch Peter Müller-Neff (FGL), der um Stellungnahme bat. Die Verwaltung bräuchte „kleine Summen für Sofortmaßnahmen“, versuchte Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn zu erklären.
Das jährliche Budget in Höhe von 250.000 Euro, welche der Gemeinderat freigeben solle, würde „kleinteilig“ ausgegeben. Selbstverständlich würde dem Gemeinderat vorab berichtet und das Gremium könnte seine Prioritäten setzen und Anträge stellen. In der Vergangenheit hätte die Verwaltung doch „weitestgehend die Projekte vorgestellt“. Der vorliegende „Maßnahmenkatalog ist eine Handlungsempfehlung“, so Langensteiner-Schönborn.
Es fehlt der Glaube
Die Worte hörten die Gemeinderäte wohl, doch manch einem fehlte der Glaube. Roger Tscheulin (CDU) erinnerte an die einschlägigen Erfahrungen, was den Informationsfluss bei Maßnahmen anderer Programme anbelangte. Deshalb legt auch er Wert darauf, dass das „Heft des Handelns beim Rat“ liegen müsse. Wichtig ist auch ihm, dass „klargestellt ist, dass wir bestimmen.“ Im Handlungsprogramm Fußverkehr stünden nun rund 300 Maßnahmen. Ortskundige hingegen sagten, „das ist so nicht umsetzbar“, so Tscheulin. „Was bringen dann solche Vorschläge?“
Manfred Hölzl (CDU) erinnerte an den Hintergrund des Handlungsprogramms Fußverkehr und die Debatte im TUA im November 2022. Der Radverkehr habe sich massiv entwickelt, was gut sei, befand Hölzle. Aber es müsse auch an die schwächsten Verkehrsteilnehmer, die Fußgänger, gedacht werden.
Von einer Lösung des Rad-Fuß-Konflikts könne er im Handlungsprogramm Fußverkehr jedoch nichts entdecken. „Jetzt hört es sich so an, dass es schlichtweg um den Wegfall von Parkplätzen geht“, kritisierte Manfred Hölzl.
Die Gebühren für das Anwohnerparken wurden jüngst „massiv erhöht“, dazu noch der Wegfall von Stellplätzen. „Da haben wir massiv Bedenken“, so Hölzl. Natürlich würden Gehwege benötigt, ebenso aber auch Parkplätze, damit man das Auto abstellen könne und zu Fuß oder mit dem Rad weiterkomme. Auch Hölzl wollte Entscheidungshoheit und Mitspracherecht des Gemeinderates verbrieft sehen. Sonst würde die Verwaltung einfach umsetzen und dann heiße es später, der Gemeinderat habe es doch so beschlossen, und ändern könne man nichts mehr. „Dann haben wir ein Riesenproblem“, stellte Manfred Hölzl fest.
Mehrheitlich stimmte der Gemeinderat für den Antrag der Freien Wähler. Wenn eine Prioritätenliste erstellt ist, wird diese unter Einbeziehung der Öffentlichkeit und des Arbeitskreises Rad- und Fußverkehr, den Ortschaftsräten Dettingen-Wallhausen, Litzelstetten und Dingelsdorf sowie dem Technischen und Umweltausschuss zum Beschluss vorgelegt.“