Die Kurzzeitparkplätze sollen demnach im Laufe des Jahres auf 1900 reduziert werden, für die Anwohner sollen es künftig nur noch 2200 sein. Den Zahlenangaben im Haushaltsplan ist zu entnehmen, dass es 2019 noch 2100 Kurzzeitparkplätze und 2600 Plätze für die Autos der Bewohner gab, was im vergangenen Jahr auf 2000 beziehungsweise 2550 reduziert wurde.

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Jetzt also soll es einen weiteren Schnitt geben: Auf den Zweijahreszeitraum berechnet, entfallen 200 Stellflächen für Kurzzeitparker sowie 400 Parkplätze für Anwohner. Prozentual ergibt sich daraus eine Reduzierung um rund 10 beziehungsweise 15 Prozent.

„Ins Wohnzimmer kann ich das Auto nicht mitnehmen“

Andreas Reuter kennt das Problem seit langem, seit seinem 18. Lebensjahr gehörte für den 53-Jährigen die Suche nach einem Parkplatz zum Alltag. Maßgeblich für seinen kürzlichen Umzug in die Wallgutstraße war das Angebot eines Parkplatzes, für den er 40 Euro im Monat bezahlt – womit er angesichts von Mieten von bis zu 100 Euro (für Garagen sind es seinen Angaben zufolge auch schon mal 150 Euro) günstig davonkommt.

Aufs Auto verzichten kann er berufsbedingt kaum: Andreas Reuter ist Koch und arbeitet in der Gemeinde Reichenau. „Ins Wohnzimmer kann ich das Auto nun mal nicht mitnehmen“, sagt er.

Andreas Reuter, Paradies-Anwohner, kennt das Parkparkplatz im linksrheinischen Quartier seit Jahrzehnten.
Andreas Reuter, Paradies-Anwohner, kennt das Parkparkplatz im linksrheinischen Quartier seit Jahrzehnten. | Bild: Andreas Reuter

Andreas Reuter ist dabei durchaus aufgeschlossen für den angestrebten Mobilitätswandel, aber die Reduzierung von 400 Parkplätzen für die Anwohner bezeichnet er als Unding. Wie wenig ausgegoren die Strategie ist, zeigt sich für ihn unter anderen an der Zahl der Parkberechtigungen.

Diese kosten zwar nur 30 Euro im Jahr, da jedoch die Zahl der Anwohner offensichtlich in einem Missverhältnis zur Zahl der Parkplätze stehen, fährt man seinen Erfahrungen zufolge „auf der Suche nach einem Parkplatz locker 20 Minuten im Kreis“.

Die Situation verschärfe sich, sobald zum Beispiel der Döbele-Platz wegen der Frühjahrs- oder Herbstmesse als Parkfläche nicht zur Verfügung stehe. Laut Andreas Reuter werden zu diesen Zeiten von Mitarbeitern des städtischen Ordnungsamtes reichlich Knöllchen verteilt.

Müssen kranke Menschen bald mit dem Fahrrad zum Arzt?

Wie weit die Stadt mit der Reduzierung von Parkplätzen von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfernt ist, ergibt sich auch aus den Schilderungen der Ärztin Heike Granzow. Durch Insistieren habe sie für 500 Euro eine auf zwei Jahre begrenzte Parkgenehmigung in zwei Straßen bekommen, was je nach Tageszeit oder Parksituation gleichwohl für sie (zum Beispiel im Fall von Hausbesuchen) einer mittleren Katastrophe gleichkommt.

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Noch schlimmer allerdings sei der Wegfall von Kurzzeitparkplätzen in der Nähe ihrer Praxis sowie einer benachbarten Kinderarztpraxis für die Patienten. „Ich bin sehr interessiert daran, dass meine Patienten parken können“, sagt Heike Granzow, die ironisch anmerkt, „dass kranke Menschen in aller Regel nicht mit dem Fahrrad zum Arzt fahren“.

Suche nach einem Parkplatz dauert etwa 15 bis 45 Minuten

Unterdessen zweifelt Sabine Heiß am Tempo bei der Mobilitätswende. Die Stadträtin der Freien Wähler wohnt im Quartier und veranschlagt die Suche nach einem Parkplatz je nach Situation auf 15 bis 45 Minuten. „Ich frage mich, ob wir als Gemeinderat da nicht lieber den ersten vor dem zweiten Schritt machen sollten“, sagt sie.

Susanne Heiß, Anwohnerin und Stadträtin der Freien Wähler
Susanne Heiß, Anwohnerin und Stadträtin der Freien Wähler | Bild: Oliver Hanser/SK-Archiv

Soll heißen: Bevor die Zahl der Parkplätze reduziert wird, sollten ausreichend Angebote für neue Mobilitätsformen geschaffen werden. Einen Plan dafür gibt es, aber Sabine Heiß ist sich nicht sicher, ob das Konzept wirklich aufgehen wird. Für die Stadträtin ist beispielsweise die Annahme, dass beim Carsharing ein gemeinschaftlich genutztes Fahrzeug zehn Autos ersetzt, ein sehr optimistischer Ansatz.