Friedrich Theiss ist sauer. Er wohnt mitten in Allmannsdorf und zum nächsten Postladen ist es nur ein kurzer Weg. Dort hat er bisher immer Päckchen und Pakete abgeholt, die kamen, wenn er und seine Familie nicht zuhause waren. Doch jetzt sei Schluss mit dem nahen Service, beklagt Theiss. Er sei zuletzt an eine weit entfernt Packstation verwiesen worden.
Mina Golpanah vom Postladen in Allmannsdorf bestätigt, dass bei ihr seit etwa zwei Monaten kaum mehr ein Päckchen hereinkomme. Dabei habe sie den Lagerplatz dafür zuletzt doch extra erweitert. Viele, vor allem ältere Kunden, seien unzufrieden über die weiten Wege, die ihnen nun zugemutet würden.
Allmannsdorfer empfindet den weiten Weg als Zumutung
Für Friedrich Theiss endete der nahe Service am 5. Mai. An diesem Tag lag eine Karte mit der Mitteilung im Briefkasten, dass sein Päckchen angekommen sei und er dieses in der Packstation 102 abholen solle.
Das ist ein gelber Automat, der an der Ecke Mainaustraße/Herrmann-von-Vicaristraße steht. Warum werde ihm nun zugemutet, diesen viel weiteren Weg zu gehen, fragt sich der Psychologe, den viele von seiner Arbeit als Betreuer beim Sozialdienst katholischer Männer (SKM) kennen.

Ist diese Art der Zustellung überhaupt sicher genug?
Friedrich Theiss berichtet, er habe das Päckchen für seine Frau abgeholt. In einer Postfiliale oder in einem Postladen hätte er die Lieferung nur mit einer Vollmacht und mit seinem Ausweis bekommen. An der Packstation aber habe die Karte genügt. Er habe nur den Benachrichtigungscode einscannen müssen. Theiss fürchtet, dass auf diese Weise böse Menschen schnell Zugriff auf eine Lieferung bekommen könnten. Briefkästen seien ja selten gut gesichert.
Dieter Nawrath von der Pressestelle Süd der Deutschen Post DHL Group teilt diese Sorge nicht. Auf Anfrage des SÜDKURIER schreibt er: „Der Zusteller wirft die Benachrichtigungskarte nur in einen gesicherten Hausbriefkasten ein. Hat der Zusteller keinen Zutritt zum Briefkasten, wird diese per Briefpost an den Empfänger nachgesandt. Somit kann der Kunde selbst entscheiden, wem er seine Karte zur Abholung zur Verfügung stellt.“
Doch warum kann das Paket nicht im Postladen abgeholt werden?
Warum aber sollten Kunden überhaupt eventuell längere Wege zur nächsten Packstation auf sich nehmen, solange es den nahen Postladen gibt? Wo das Paket abzuholen ist, entscheide die Auslastung und die Verfügbarkeit, erklärt Dieter Nawrath. Zumindest beim letzteren Punkt ist die Packstation dem Laden überlegen. Denn diese kann rund um die Uhr aufgesucht werden.
Sprecher Nawrath weist darauf hin, dass der Paketzusteller immer erst versuche, dem Empfänger die Lieferung persönlich zu übergeben. „Jeder unserer Zusteller weiß, dass damit die höchste Kundenzufriedenheit erreicht werden kann.“ Die Benachrichtigung und Umleitung der Sendung bedeute auch für den Zusteller einen höheren Arbeitsaufwand. Nawrath schildert, wie es sein sollte. Dieser Idealzustand entspricht aber offenbar häufig nicht der Realität.
In der Theorie klingle der Zusteller also, warte eine angemessene Zeit, und nutze manchmal die Möglichkeit einer Ersatzzustellung beim Nachbarn. Tatsächlich wurden Päckchen auch schon in offenen, allen zugänglichen Fluren, oder irgendwo beim Nachbarn abgestellt, ohne dass dieser davon wusste.
Werden die Postläden bald überflüssig sein?
Der Sprecher der Deutschen Post DHL Group weist auch auf den Onlineservice hin, über den jeder Kunde genau bestimmen könne, wann und wo er sein Päckchen bekommt. DHL stellt das Angebot unter der Überschrift „Pakete nach Wunsch empfangen“ vor. Kunden können damit einen Ablageort festlegen. Das kann der Nachbar, ein Paketladen oder eine Packstation sein.
Weiter heißt es dort: „Sie legen selbst fest, ob Sie die Services der Paketzustellung bei jeder Sendung einzeln oder dauerhaft für alle Pakete nutzen möchten.“
Grundsätzlich weist Dieter Nawrath die Vermutung zurück, dass Postläden bald überflüssig und durch Automaten ersetzt werden könnten. Er schreibt: „Neben den Zustellern bilden die Filialen, DHL Paketshops und Verkaufspunkte die wichtigsten, täglichen Kontaktpunkte für Postkunden.“