Landwirte haben kein leichtes Leben, auch nicht am Bodensee. Die Reglements werden immer strenger, der Aufwand und damit einhergehend die Kosten immer höher. Gleichzeitig haben die hiesigen Erzeuger globale Konkurrenz, die – trotz weiter Transportwege – ihre Waren billiger anbieten kann. Da greift der Deutsche öfter doch lieber zum Billigapfel statt zum etwas teureren regionalen Qualitätsprodukt. Auch das scheint in Sachen Klimaschutz paradox.
Pandemie erzeugte Hoffnung
Während der Pandemie wurde jedem in Anbetracht leerer Regale deutlich, wie abhängig Deutschland vom Import ist. Regionale Produkte boomten, wie Benjamin Fuchs und Andre Löhle – beide im Vorstand des Obstbauverbands Landkreis Konstanz – bestätigen. „Die Leute hatten Geld. Das hat uns Hoffnung auf einen Wandel in der Gesellschaft gemacht“, stellt Benjamin Fuchs vom Fuchshof in Dingelsdorf-Oberdorf fest. Aber: „Das bricht jetzt im Wesentlichen weg“, fügt er an.
Inflation, steigende Preise in allen Bereichen – die Leute haben nicht mehr so viel Geld im Portemonnaie. Den Erzeugern geht es aber genauso. Auch bei ihnen schlagen steigende Energie- und Lohnkosten heftig zu Buche. Zudem kursieren immer wieder Halbwahrheiten, mit denen die Erzeuger aufräumen wollen, und gleichzeitig auf die Vorteile regionaler Produkte hinweisen wollen.
Wie groß ist der Fußabdruck eines Apfels?
So werde teilweise behauptet, dass ein Apfel aus Neuseeland eine bessere CO2-Bilanz aufweisen würde, als das hierzulande erzeugte Kernobst. „Man darf nicht vergessen, dass die Äpfel beim Transport auf dem Schiff gekühlt werden müssen, sonst laufen sie aus dem Container raus“, merkt Benjamin Fuchs an. Das renommierte Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH (ifeu-Institut) hat jedenfalls den ökologischen Fußabdrücken von Lebensmitteln eine Studie gewidmet, die besagt: Ein Apfel aus der Region im Herbst habe einen CO2-Fußabdruck von 0,3 (im April 0,4) und jener aus Neuseeland 0,8. Also ungefähr das Doppelte.
Ob der Kunde jetzt einen Apfel im Frühjahr oder im Herbst aus Deutschland kauft, macht keinen großen Unterschied, was den CO2-Verbrauch anbelangt. Das belegt die Studie des ifeu-Instituts. „Der viel größere Unterschied ist, ob man mit dem Auto oder dem Fahrrad den Apfel einkaufen geht“, so Benjamin Fuchs.
Das Problem der unwissenden Konsumenten
Am meisten stört die Erzeuger, dass den Landwirten geringe Wertschätzung entgegengebracht werde. „Neulich hat ein Spaziergänger unsere Mirabellen gesehen und schimpfte, sie seien mit Glyphosat vollgespritzt“, erzählt Andre Löhle vom Obstbau Blanhof in Öhningen. Erklärend fügt er an: Würde man das Mittel einsetzen, dann wäre die gesamte Pflanze kaputt. Eben mit solchen Vorurteilen wollen die Landwirte aufräumen, denn: „In Deutschland haben wir die schärfsten Regeln und den höchsten Lebensmittelschutz“, stellt Benjamin Fuchs fest. In Europa gebe es zwar einheitliche Richtlinien, „doch jeder Saat kann sie verschärfen, wovon Deutschland rege Gebrauch macht“.
Was viele außerdem außer Acht ließen, sei auch, wieviel Landwirte für den Erhalt der Kulturlandschaft und die Förderung der Biodiversität tun – gerade am Bodensee, der zweitgrößten Obstbauregion Deutschlands. Das Problem aber sei: „Die Leute haben sehr hohe Erwartungen: Weniger Pflanzenschutz, Erhalt der Biodiversität, Retten von Insekten. Aber gleichzeitig darf all das den Kunden nichts kosten“, beschreibt Fuchs die Schere, die hier zunehmend auseinander zu gehen scheint.