Soll da eine Kritikerin mundtot gemacht werden? Diese Frage steht über einem Streit des Vereins Theaterfreunde. Er gipfelt in gegenseitigen Vorwürfen der Erpressung und einem Antrag für die Mitgliederversammlung am Mittwoch, 11. Juni, über die „Abberufung von Dr. Müller-Windisch als Vorstandsmitglied“.
Manuela Müller-Windisch wird Illoyalität vorgeworfen und ein Verhalten, welches eine konstruktive Arbeit im Vorstand nicht mehr möglich mache. „Das Vertrauen ist weg“, fasst es der Vorsitzende Johannes Schacht zusammen. Die stellvertretende Vorsitzende Müller-Windisch und ihr Mann nehmen ihrerseits kein Blatt vor den Mund. Sie kritisieren den Bodensee-Theatertag des Vereins, an dem sich der Streit entzündete, als „Etikettenschwindel“, kritisieren das Verschwenden von Spendenmitteln und mangelnde Transparenz.
„Wer unliebsam ist, wird aussortiert“, sagt die Anglistin Müller-Windisch. „Kritik ist im Vorstand nicht erwünscht.“ Man habe ihr nahegelegt, diesen zu verlassen. „Im Vorstand sind alle gegen mich.“ Was sie stört: Der Verein, der Projekte des Theaters in Konstanz mit im Schnitt 8000 Euro jährlich fördert, will rund 6700 Euro (nach dem ersten Kostenvoranschlag) für eine einzige Podiumsdiskussion ausgeben, also für eine Debatte von etwa zwei bis drei Stunden Dauer.

5000 Euro kommen dabei aus Spendenmitteln, die ein Vorstandsmitglied zweckgebunden für den Bodensee-Theatertag eingeworben hat. Für den Vorsitzenden Johannes Schacht ist deshalb klar: Der Vereinsvorstand entscheidet in Eigenregie, wie diese zweckgebundenen Spendenmitteln eingesetzt werden. Kostet das Geplante mehr, dann entscheide dieser auch über Ausgaben aus der Vereinskasse, solange diese nicht 5000 Euro übertreffen.
Müller-Windisch beklagt, bei der Kostenverteilung hätten weder Mitglieder noch der Vorstand mitreden können. Letzterem sei ein Papier mit der Kostenaufstellung vorgelegt worden. Zu diesem Zeitpunkt seien die Honorare mit den Referenten schon vereinbart gewesen. Nach dem ersten Kostenvoranschlag soll auch ein Vorstandsmitglied für die Moderation bezahlt werden. Es sei doch üblich, dies für seinen Verein ehrenamtlich zu machen, kritisieren Manuela Müller-Windisch und ihr Mann Martin Windisch.
Theatertag-Planung habe „das Fass zum Überlaufen gebracht“
Johannes Schacht sagt, gegenüber dem ersten Kostenvoranschlag habe es Verschiebungen gegeben, eine konkrete Summe möchte er nicht nennen. Es spricht jedoch von Einsparungen bei der Werbung, für die ursprünglich 3200 Euro veranschlagt waren. Neu falle eine Saalmiete an, zudem werde jetzt ein Eintrittsgeld von fünf Euro erhoben.
Der Mann aus der Softwarebranche möchte mit dem Bodensee-Theatertag eine Veranstaltung schaffen, die überregional wahrgenommen wird. „Das geht auf meine Idee zurück.“ Es solle ein großes Format mit Bedeutung werden und ein Treffen für alle, die an Theater interessiert sind. „Wir haben das Geld dafür bekommen.“ Es sei doch nicht falsch, so eine Veranstaltung zu organisieren, sagt Schacht.

Als er 2021 den Vorsitz übernahm, hieß es, man brauche Ideen für neue Aktivitäten, dazu gehöre der Bodensee-Theatertag. Für ihn ist die Auseinandersetzung nur eines von vielen Ereignissen, mit denen Manuela Müller-Windisch die Vorstandsarbeit behindert habe. „Das hat das Fass zum Überlaufen gebracht.“ Zumal sie zunächst begeistert gewesen sei und im Vorstand für eine Wiederauflage des Theatertags gestimmt habe.
Über 3000 Euro für Werbung: „Wie absurd ist denn das?“
Doch über die Veranstaltung wird schon seit Längerem diskutiert, das zeigt ein Mailverkehr vom Januar dieses Jahres. Martin Windisch – der Mann von Manuela Müller-Windisch ist Mitglied der Theaterfreunde – protestiert darin gegen die vermeintliche Verschwendung von Spendengeldern. Er schreibt, er habe seinen Unmut schon vor zwei Jahren zum Ausdruck gebracht, als der erste Bodensee-Theatertag über die Bühne ging.
Damals gab es ebenfalls 5000 Euro an Spendenmitteln, die Kosten lagen – nach einer Auflistung, die der Vorstand bekommen hat – bei 5770 Euro. Allein 3300 Euro fielen für die Werbung an. Es wurde ein Profidesigner beschäftigt, ein Unternehmen übernahm die Außenwerbung. Es möge als „Initialzündung noch angehen“, dass Vorstand und Vereinsmitglieder die Erstauflage durchgewunken haben, stellt Martin Windisch fest. Eine Folgeveranstaltung nach demselben Konzept sei aber inakzeptabel.
Er schreibt: „Die tausend Möglichkeiten, einen tatsächlichen Bodensee-Theatertag unter Einbeziehung aller im Bodenseeraum ansässigen Theater zu organisieren, werden schlichtweg ignoriert.“ Der Vorsitzende verhandle über Honorare, und der Vorstand solle diese im Nachhinein abnicken. Windisch schlägt vor, die Rednerhonorare zu begrenzen, ähnlich wie an Universitäten des Landes.
Für einen 90-minütigen Vortrag würden dort maximal 343 Euro gezahlt. So werde, wie von der Satzung der Theaterfreunde vorgesehen, keine Person durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt. Auch die Kosten für Plakate und Flyer erscheinen ihm sehr hoch: „Wie bereits vor zwei Jahren sollen mehr als 3000 Euro für Werbung ausgegeben werden. Wie absurd ist denn das?“
Windisch beantragt für die aktuelle Mitgliederversammlung, die Ausgaben für den Theatertag 2025 wenigstens auf den gespendeten Betrag von 5000 Euro zu begrenzen. Er sieht zudem die „moralische Verpflichtung“, gegenüber Mitgliedern künftig transparent zu sein, den Bodensee-Theatertag zu diskutieren und vorab deren Zustimmung einzuholen. Er betrachte es als Skandal, dass dies nicht schon längst geschehen sei.
Ruf beschädigt? „Das sollte keine Überraschung für dich sein“
In seinem kritischen Schreiben von Januar droht Martin Windisch, die Sache öffentlich zu machen, sollte es nicht eine Grundsatzdiskussion geben. Die Antwort darauf von Johannes Schacht: Das Drohen, vertrauliche Vorstandsinformationen weiterzugeben, grenze an Erpressung. Dies würde dem Freundeskreis und damit dem Theater schaden. „Dass es auch Manuelas Ruf in der Stadt beschädigen würde, sollte keine Überraschung für Dich sein.“ Auch das ist eine Drohung.
Johannes Schacht ist der Meinung, was im Vorstand besprochen wurde, müsse auch dort bleiben. Er sei froh, dass es im Vorstand ein Mitglied gibt, das immer wieder Spendengelder einwerbe. Dies begrüßt auch Manuela Müller-Windisch. Sie spricht von einem erpresserischen Antrag für die aktuelle Mitgliederversammlung. Dort heißt es: „Wenn die Mitglieder mehrheitlich entscheiden, Dr. Müller-Windisch im Vorstand zu belassen, hätte dies zur Konsequenz, dass alle anderen Vorstandsmitglieder ihr Amt niederlegen.“ Martin Windisch beantragt die Zurückweisung.