Darf der das? Ein Autofahrer mit einem Kennzeichen aus dem Thurgau fährt langsam die Brauneggerstraße in der Konstanzer Innenstadt entlang. Er sucht einen Parkplatz. Dann sieht er die Lücke. Er setzt den Blinker, parkt gekonnt ein und lässt seinen Wagen stehen. Ein Anwohnerparkausweis liegt nicht auf dem Armaturenbrett. Ist er dazu berechtigt? Gilt in der Brauneggerstraße nicht das reine Anwohnerparken?

Nein! Denn die Brauneggerstraße ist so etwas wie ein Hybrid im Park-Dschungel in Konstanz. Das Abstellen eines Wagens ist Besuchern und Anwohnern ebenso dort erlaubt – vorausgesetzt, sie ziehen zwischen 9 und 18 Uhr ein Parkticket. Maximale Parkdauer sind zwei Stunden.

Sehr unterschiedliche Parkregeln

Claudius Matt, der in der Brauneggerstraße wohnt und gerade sein Auto abschließt, ist überrascht. Er wusste gar nicht, dass das Parken zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Abschnitten in den Straßen der Altstadt und des Paradieses auch ohne Anwohnerparkausweis möglich ist.

Nicht ganz unproblematisch: In der Brauneggerstraße dürfen nicht nur Anwohner, die abends lange einen Stellplatz suchen, sondern auch ...
Nicht ganz unproblematisch: In der Brauneggerstraße dürfen nicht nur Anwohner, die abends lange einen Stellplatz suchen, sondern auch alle anderen Parken. Tagsüber müssen Nichtanwohner Parkplatzgebühren bezahlen. | Bild: Scherrer, Aurelia

Ist das fair? Wo sich doch gerade im Paradies viele Autofahrer auf längere Parkplatzsuchen einstellen müssen. Immerhin gibt es fast doppelt so viele gemeldete Fahrzeuge (mit Parkberechtigung) im Paradies wie Parkplätze.

Claudia Matt überlegt kurz. „Eigentlich finde ich das ok“, sagt er und fügt an: „Der Besuch der Anwohner muss ja auch irgendwo parken.“ Dann stockt er kurz. „Aber natürlich wäre es für die Anwohner besser, wenn hier nur Autofahrer mit Anwohnerparkausweis parken dürften.“

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Doch Vorsicht! Was in der Brauneggerstraße gilt, gilt nicht unbedingt eine Straße weiter. Wer im Paradies oder der Altstadt parken will, muss dort sehr genau die aufgestellten Schilder studieren.

Parkschein-Abschnitt gegenüber vom Halteverbot

Ein Beispiel gefällig? Kein Problem! Da gibt es einige. Schaut man sich zum Beispiel die Schulthaißstraße an, gilt im nördlichen Abschnitt, dass Besucher und Bewohner tagsüber gleichermaßen dort parken dürfen, abends aber nur die Bewohner mit dem entsprechenden Anwohnerparkausweis.

Im südlichen Abschnitt der Schulthaißstraße gelten aber andere Regeln: Ganztags dürfen dort Autos der Anwohner und Besucher stehen – aber es gibt auch einen Abschnitt mit einem eingeschränkten Halteverbot. Ähnliches gilt auch in der Gottlieberstraße und der Oberen Laube. Wieder in anderen Straßen, wie der Mosbrugger-, Rheingut- oder Döbelestraße, dürfen ausschließlich Anwohner mit Ausweis parken.

In der Mosbruggerstraße im Stadtteil Paradies stehen die Parkplätze ausschließlich den Anwohnern zur Verfügung.
In der Mosbruggerstraße im Stadtteil Paradies stehen die Parkplätze ausschließlich den Anwohnern zur Verfügung. | Bild: Scherrer, Aurelia

Warum ist das so kompliziert?

Das Parken im Paradies und der Altstadt ist also nicht unbedingt einfach – mal ganz abgesehen von der Suche nach einem freien Platz. Aber warum ist die Aufteilung der Berechtigungen so kompliziert?

„Das Parkraumbewirtschaftungskonzept basiert auf den Ergebnissen eines langen Entscheidungsprozesses, unter anderem mit Befragungen (Anwohner, Gewerbetreibende), Informationsveranstaltungen, dem Masterplan Mobilität Konstanz 2020+, einer Einordnung der Straßen entsprechend ihrer Funktion (Straßenhierarchie) sowie den Rahmenbedingungen der Straßenverkehrsordnung“, erklärt Benedikt Brüne, Pressesprecher der Stadt Konstanz, auf SÜDKURIER-Nachfrage.

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Bedacht sei zum Beispiel, ob in einem bestimmten Bereich im Paradies viele Ärzte ihre Praxis haben oder sich Gewerbetreibende wie Restaurants dort befinden. Entsprechend sei nach deren Geschäftszeiten das Parken für Besucher entweder erlaubt oder eben nicht.

Diese Regelung gilt zum Beispiel in der Oberen Laube und in der Schulthaißstraße. „Die zeitliche Ausprägung von 8 bis 17 Uhr entspricht den Ansprüchen vor Ort. So ist bereits ab 8 Uhr eine entsprechende Nachfrage nach Besucherparkmöglichkeiten gegeben (zum Beispiel Arztbesuch)“, begründet Brüne die unterschiedlichen Parkregelungen. Der „Rückstrom“ der Anwohner dagegen beginne erst gegen 17 Uhr. Kurz zusammengefasst: Für das Parken in der Altstadt und im Paradies braucht es fast ein Studium.