Augenscheinlich ging es in der jüngsten Sitzung des Technischen und Umweltausschusses (TUA) des Konstanzer Gemeinderats nur um die Billigung der Entwürfe des Bebauungs- und des Flächennutzungsplans für die Christiani-Wiesen in der Nähe des Lorettowalds und des Strandbads Hörnle. Damit sollte das Bebauungsplanverfahren für das Modellprojekt „Am Horn“ weiter vorangetrieben werden, das laut Stadtverwaltung „als Vorbild für die weitere Konstanzer Quartiersentwicklung“ dienen wird.

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Die TUA-Mitglieder billigten die jetzigen Vorlagen zwar mit jeweils neun Ja- zu vier Nein-Stimmen, und damit auch einen Rahmenplan, der als Grundlage für den Bebauungsplan dienen soll. Doch zuvor hatte es eine heftige Diskussion gegeben. Der Grund: Die Vertreter der wählerstärksten Fraktion im Gemeinderat, der Freien Grünen Liste (FGL), loben zwar das Projekt, stemmen sich aber gegen den Standort. Im TUA stimmten sie deshalb gegen die Entwürfe und den Rahmenplan. Was ist das Problem? Und was soll auf den bisher als Blumenanbauflächen genutzten Christiani-Wiesen überhaupt gebaut werden?

Das sind die Pläne für das Projekt „Am Horn“

Auf den etwa zwei Hektar großen Christiani-Wiesen sollen bis zu 140 Wohneinheiten für insgesamt rund 300 Bewohner in zwei- bis fünfgeschossigen Häusern entstehen. Der Großteil davon durch Baugemeinschaften. 30 Prozent der Wohnungen sollen als geförderter Mietwohnungsbau von der städtische Wohnungsbaugesellschaft Wobak errichtet werden. Die Grundrisse im Planungshandbuch können noch konkretisiert und überarbeitet werden, heißt es in der Verwaltungsvorlage.

Bild 1: Durch das Projekt „Am Horn“ soll Wohnraum entstehen, doch die Konstanzer Grünen sprechen sich weiterhin gegen die Bebauung der Christiani-Wiesen aus
Bild: Schönlein, Ute/Google Earth | Quelle: Amt für Stadtplanung und Umwelt Konstanz

Das Projekt soll bei Klimaschutz und Ökologie eine Vorreiterrolle einnehmen. Das heißt unter anderem: geringere Wohnflächen als bei konventionellen Bauprojekten – der Rahmenplan spricht von einer Reduzierung von durchschnittlich 62 auf 60 Quadratmeter je Wohnung – und deutlich weniger Autoparkplätze. Dafür gemeinschaftlich genutzte Flächen und Räume sowie mehr Radstellplätze und Car-Sharing-Angebote.

Sollen Platz für ein neues Quartier bieten: Die Christiani-Wiesen in der Nähe des Strandbads Horn – hier eine Aufnahme von ...
Sollen Platz für ein neues Quartier bieten: Die Christiani-Wiesen in der Nähe des Strandbads Horn – hier eine Aufnahme von Dezember 2021. | Bild: SK-Archiv | Timm Lechler

Bevorzugtes Baumaterial soll Holz sein, Dächer und Fassaden würden begrünt sowie mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Rund die Hälfte der Fläche der Christiani-Wiesen soll unbebaut erhalten bleiben, darunter ein Biotop. Freiflächen sollen mit Bäumen, Sträuchern und Wiesen gestaltet, die Nutzung von Erdwärme und kalter Nahwärme mit Abwärme aus der Bodensee-Therme zur Energiegewinnung geprüft werden. Und es ist eine Regenwassernutzung vorgesehen.

Womit ist die Freie Grüne Liste nicht einverstanden?

Das alles klingt nach einem grünen Traum. Und deshalb erhält das Projekt auch seit Beginn viel Zuspruch von FGL-Stadträten. Nur soll es eben nicht auf den Christiani-Wiesen realisiert werden, finden die Konstanzer Grünen. „Wir halten das Konzept an der Stelle nicht für richtig“, wiederholte Peter Müller-Neff die bereits im früheren Planungsprozess geäußerte Überzeugung seiner Fraktion.

Peter Müller-Neff, Stadtrat der Freien Grünen Liste (FGL).
Peter Müller-Neff, Stadtrat der Freien Grünen Liste (FGL). | Bild: SK-Archiv

Dabei verwies Müller-Neff auf die Petition der Initiative „Grünes Horn“, die diese beim Landtag Baden-Württemberg eingereicht hat. Hinter der Initiative stehen der Naturschutzbund NABU, der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland BUND, Fridays for Future sowie die Bürgergemeinschaften Allmannsdorf/Staad und Petershausen.

„Die Folgen der baulichen Verdichtung für die Umwelt, für den Landschaftscharakter und den Erholungswert des ‚Hörnle‘ werden gravierend sein“, heißt es in der Petition, über die der Landtag noch nicht entschieden hat. Die Initiative ist unter anderem überzeugt, dass eine Versiegelung des Gebiets die „grüne Lunge für das Stadtklima“ schwäche und die „Biotopvernetzung zwischen Seeufer und Lorettowald“ zerstöre.

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Zudem führte Müller-Neff den Bericht der Umweltprüfung an, die der Verwaltungsvorlage angehängt ist. „Die Bedenken aus Umwelt- und Naturschutz-Sicht sind schon massiv. Aus meiner Sicht ist es fragwürdig, dass man so wenig eingeht auf das Umweltgutachten.“ Die Prüfung kam unter anderem zum Schluss, dass die Umweltauswirkung als erheblich einzustufen seien.

Deshalb sollen laut Verwaltung Kompensationsmaßnahmen im Gemeindegebiet sowie „geeignete artenschutzfachliche Maßnahmen“ ergriffen werden. Doch das genügt der FGL nicht. Als „ökologischen Ablasshandel“ bezeichnete Müller-Neff die geplanten Kompensationsmaßnahmen.

Fläche ist Teil des Handlungsprogramms Wohnen

„Das Konzept ist für uns gut, aber nehmen Sie es, gehen Sie zum Hafner oder auch zum Döbele und setzen es dort um“, so der Stadtrat in Richtung Marion Klose, Leiterin des Amts für Stadtplanung und Umwelt. Diese blieb eine Antwort nicht lange schuldig und bekräftigte, was sie in einer ähnlichen Diskussion mit FGL-Stadträten bereits im Frühjahr 2021 gesagt hatte.

Marion Klose, Leiterin des Amtes für Stadtplanung und Umwelt.
Marion Klose, Leiterin des Amtes für Stadtplanung und Umwelt. | Bild: SK-Archiv | Oliver Hanser

Dass die Fläche auf den Christiani-Wiesen Bestandteil des Handlungsprogramms Wohnen sei, das vom Gemeinderat beschlossen wurde. „Wie haben Arrondierungsflächen gesucht, ihnen zur Beratung vorgelegt und diese auch mit dem Regierungspräsidium abgestimmt“, so Klose. Und schließlich, dass es beim Projekt auf den Christiani-Wiesen darum gehe, Antworten zu finden, wie die soziale und die ökologische Frage zusammenfinden.

Die TUA-Mitglieder der anderen Gemeinderatsfraktionen, die sich bereits zuvor in ihren Wortmeldungen zustimmend geäußert hatten, bejahten dann auch die Verwaltungsvorlage (neun Stimmen) – während die FGL-Vertreter geschlossen dagegen stimmten (vier Stimmen).

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