Im Oktober 2020 gab der ehemalige Pächter die Bleiche auf, seit Kurzem hat das Shamrock geschlossen und auch die Ära des La Costa del Sol endet noch in diesem Jahr: Drei Institutionen aus der Konstanzer Gastronomieszene mussten schließen. Die Bleiche hat inzwischen unter neuem Betreiber wieder geöffnet. Es rumort dennoch weiterhin in der Kneipenszene in der Konzilstadt.
Die Gründe sind von Wirtschaft zu Wirtschaft unterschiedlich, doch einige Parallelen und Gemeinsamkeiten gibt es überall. Viele der Probleme haben ihre Ursache in den Auswirkungen der Corona-Pandemie und im Ukraine-Krieg. Andere Schwierigkeiten hatten bereits zuvor existiert – und wurden durch die Entwicklungen in der jüngsten Vergangenheit verstärkt. Droht Konstanz eine Pleitewelle der Gastronomien?
Wegfall von 30 Prozent der Gaststätten?
Ein Kneipensterben könne man laut Christian Trompeter, Sekretär der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Region Baden-Württemberg Süd, zumindest bisher, noch nicht beobachten. Wie er angibt, seien am Anfang der Corona-Krise negative Schätzungen davon ausgegangen, dass durch die Pandemie 30 Prozent der Gaststätten wegfallen würde. Das sei glücklicherweise nicht eingetreten und man sehe grundsätzlich auch keine Insolvenzwelle in den nächsten Monaten. Bei den bisher betroffen Betrieben handele es sich um vereinzelte, individuelle Fälle.
Dennoch seien die Probleme der gesamten Branche komplex und nicht von der Hand zu weisen. So seien die Gastronomien durch die große Unsicherheit der vergangenen beiden Jahre und durch die verschiedenen Lockdowns geprägt gewesen. Viele Wirte hätten in dem Zuge über Umsatzverluste und Verzögerungen bei Kompensationszahlungen seitens des Bundes geklagt.
Das größte Problem: Personalmangel
Doch nun, da wieder Kundschaft in die Lokale komme, kämpften die Unternehmer auch immer häufiger mit Personalmangel. „Viele ehemalige Arbeitnehmer haben die Branche verlassen, vielen war beispielsweise das Kurzarbeitergeld zu wenig zum leben“, so Trompeter. „Viele haben der Branche den Rücken gekehrt. Und die kommen nicht so schnell wieder zurück“, so seine Prognose.
Das Fehlen zusätzlicher Arbeitskräfte verstärke den Druck auf die bestehende Belegschaft. Mittlerweile seien Überstunden und vermehrte Wochenendarbeit an der Tagesordnung. Trompeters Sorge: „Dass einige, die noch arbeiten, irgendwann sagen: ‚Das geht nicht mehr.‘“ Die Branche laufe also Gefahr, dass sich das Problem von selbst verstärke.
Der Umstand des Personalmangels stehe außerdem gegensätzlich zur aktuellen Entwicklungen in den Gaststätten: Diese seien voll, die Gäste würden verstärkt nach der Corona-Zeit wieder zurückkommen. Die Folge: Immer öfter ein abgespecktes Angebot in den Lokalen, beispielsweise verkürzte Öffnungszeiten oder reduziertes Angebot in den Küchen. Seine Prognose für den Sommer ist trotz allem optimistisch: „Die Menschen nehmen das Angebot der Gastronomie wieder wahr“, sagt er. „Wir können da auch Nachholbedarfseffekte erkennen.“
Dehoga sieht Erhöhung der Pachtpreise
Ines Kleiner, Geschäftsführerin der Geschäftsstelle des Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) am Standort Konstanz, bestätigt die Probleme. Der Dehoga beobachte durch die Personalknappheit verstärkt weitere Ruhetage oder eine Reduzierung von Sitzplätzen. Eine weitere kritische Entwicklung sei die Erhöhung der Pachtpreise. Die Gastronomen könnten die entstandenen Mehrkosten nicht im vollen Umfang an die Gäste weitergeben. Meistens litten nämlich auch diese an Geldsorgen.
Doch auch ihre Prognose scheint, zumindest für die kommenden Monate, recht rosig: „Konstanz und der Bodensee werden im Sommer sicher wieder sehr gut gefragt sein“, so Kleiner. Der Grund: Weniger Reisen mit dem Auto aufgrund hoher Benzinpreise, weniger Flugverkehr. „Davon profitiert die Region“, schätzt sie. Ein Kneipensterben sieht sie zum aktuellen Zeitpunkt ebenfalls nicht. Für den Herbst riskieren weder Trompeter noch Kleiner eine Prognose. Zu unsicher ist die Lage in der Ukraine, zu launisch das Virus.
Das sagen zwei Konstanzer Wirtinnen
Doch was sagen die Konstanzer Wirte? Während Tamara Unterwerner von der Weinstube Zum guten Hirten hin und her hetzt, um ihre Kunden während eines Abends in den Pfingstferien zu bedienen, bestätigt sie die Ausführungen der NGG und des Dehoga. „Wenn eine Küchenmitarbeiterin ausfällt, kann ich die Küche zu machen“, sagt sie gegenüber dem SÜDKURIER. Sie habe zu wenig Personal, geeignete Küchenhilfen oder Fachangestellte zu finden, sei schwierig.

„Leute, die schaffen, findet man schwer“, meint sie. Das Problem habe sich durch Corona verstärkt, sei aber bereits zuvor schon existent gewesen. Ihr Ansatz: Bestehende Mitarbeiter besser entlohnen. Deshalb zahlt sie nun höhere Löhne. Das dies keine langfristige Lösung ist, ist ihr bewusst. „Wir schlagen uns durch“, sagt sie. Und damit will sie auch erst einmal weitermachen.
Conny Kratzer vom Weinteufele hat derweil andere Probleme. Sie hat im Außenbereich nur wenige Plätze und muss deshalb ihren Hauptumsatz in den Wintermonaten und beispielsweise mit der Fasnacht machen. Das war in den vergangenen beiden Jahren bekanntermaßen schwierig. Sie sind ein kleines Lokal, sagt sie. Deshalb bereiten sie und ihr Mann die angebotenen Speisen selbst zu. Kratzer weiß jedoch um das Problem des Personalmangels, mit dem viele Gastronomen in Konstanz zu kämpfen haben.

Sie hat deshalb auch Sorge vor dem Winter. „Ich fürchte, dass das nochmal so kommt wie in den letzten Jahren“, erklärt sie im Hinblick auf Abstandsregeln und weiteren Corona-Maßnahmen. Viele Gäste würden dann wieder wegbleiben. Ans Aufgeben denkt sie selbst jedoch nicht, jedoch prognostiziert sie: „Einige Gastronomen werden aufhören.“