Seine Tochter ist schuld. Wobei ihre Tat nicht weiter von einem Verbrechen entfernt sein könnte. Sie ist schließlich irgendwie verantwortlich für ein Buch, das Einheimischen wie "Innigschmeckten", wie der Konstanzer sagt, die Fasnacht erklären soll.

Auf über 300 Seiten stellt Dietmar Bronner 97 maskentragende Gruppen, 17 Narrengesellschaften, sowie mehrere Musikgruppen und lose Vereinigungen vor. "Ein Mammutprojekt, in dem circa neun Monate Arbeit stecken", sagt Bronner.

Bronner gilt als "Dozent der maskentragenden Gruppen"

Zurück zur Schuldigen. "Als Sechsjährige fragte mich meine Tochter: 'Papa, warum erklärst du bei uns in der Schule nicht mal die Fasnacht?'", erinnert sich Bronner. Er war damals selbst hochaktiver Fasnachter, gründete die Wilden Farren im Paradies mit. Die Idee des närrischen Unterrichts kam an, zunächst nur in der Klasse seiner Tochter, die längst eine erwachsene Frau ist.

Bald darauf wurde ihr Vater zum ersten "Dozenten maskentragender Gruppen", wie er sich selbst bezeichnet. Zunächst zog er mit einem Koffer voller Masken durch Konstanz und erklärte dem Nachwuchs die Vielfalt der närrischen Zeit.

Urgesteine der Konstanzer Fasnacht haben ihn unterstützt

Der Koffer wurde schwerer und schwerer. "Irgendwann musste das erste Buch für den närrischen Unterricht her", erinnert sich Bronner. 18 Jahre später ist der Nachfolger auf dem Markt. Das neue Buch verbindet Bilder der Fotografen Sven Messmer und Gladys Thomalla mit Erklärtexten zu den einzelnen Gruppen. "Nur die Figuren zu zeigen, hätte nicht gereicht", sagt Ideengeber Bronner.

So findet sich zu jedem Verein und jeder Gruppe ein kurzer Abriss über die Entstehung, dazu kommen die wichtigsten Merkmale und Termine. "Es geht mir darum, die Vereine zu unterstützen", sagt Bronner, ergänzt aber: "Ohne die richtigen Kontakte und deren Unterstützung hätte ich das nie verwirklichen können." Zu seinen Bekannten zählen Namen wie Kurt Köberlin oder Paul Bischof, zwei Urgesteine der Konstanzer Fasnacht.

Als "Onkel der Fasnacht" hilft er neuen Gruppen

Mit Recht bezeichnen aber auch Dietmar Bronner viele als einen "Onkel der Fasnacht". Denn bei der Gründung der Wilden Farren ließ er es nicht bewenden. Seit 20 Jahren leitet er die Konstanzer Seewölfe. Wie viele Vereine, die zum Bild der Konstanzer Fasnacht gehören, sind auch sie aus einem versprengten Haufen befreundeter Familien entanden. Heute zählt die Gruppe um die 50 Hästräger. Anderen Gruppen steht Bronner beratend zur Seite.

Warum das Buch dennoch nicht vollständig sein kann

Er weiß: Nicht jeder schaut mit Freude auf diese Gruppierungen. Einigen etablierten Zünften fehlt die Tradition, die Pflege eines Brauchtums, ihnen sind lose Treffen über die Fasnachtstage ein Dorn im Auge. Die ein oder andere von ihnen wollte nicht im Buch vorkommen.

Das ist ein Grund, warum der Band "niemals einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann", sagt Bronner – trotz weit über 100 abgebildeter Vereine und Gruppen. Ein zweiter Grund ist: Die Konstanzer Fasnacht ist stets in Bewegung, jedes Jahr erscheinen neue Masken und Häser auf den Gassen. "Ich mag das, das gehört für micht zu Konstanz dazu, deshalb unterstütze ich gerade auch neue und noch unbekannte Vereine gerne", sagt Bronner.

Ausgepowert: ja. Keine Lust mehr auf Fasnacht: ganz bestimmt nicht!

Ein Beispiel sei der Allmannsdorfer Mammutzl, eine Gestalt die auf den Mammutbaum zurückgeht, der den Stadtteil über Jahrzehnte prägte und 2016 gefällt wurde. Und inzwischen zur Narrenfigur wurde. "Da steckt so viel Liebe und Herzblut drin, die Figur ist einfach stimmig", meint Bronner.

Herzblut steckt auch im Buch zur "Konstanzer Fasnachtsvielfalt", für das er auf das Honorar des Verlags aus den Verkäufen verzichtet. Bei so vielen Monaten närrischer Beschäftigung: Will er da ab dem Schmotzigen Dunschtig überhaupt noch auf die Gass' ziehen?

"Logisch, ich bin ausgepowert, aber die Lust auf die Fasnacht werde ich nie verlieren", sagt Bronner.