Noch an dem Tag, an dem es bei der Tankstelle nahe der Konstanzer Schänzlebrücke zu einer Schussabgabe auf eine Personengruppe kam, klickten die Handschellen. Und die Kriminalpolizeidirektion Rottweil kann einen bemerkenswerten internationalen Ermittlungserfolg vermelden: Die beiden flüchtigen Tatverdächtigen konnten noch am Abend des Sonntags, 7. Juli, in der Schweiz festgenommen werden.
Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Nachmittag des Folgetags mit. Auf weitere Nachfragen des SÜDKURIER konnten oder wollten die Ermittlungsbehörden zahlreiche Details nicht bestätigen oder erläutern. Dennoch zeigt der Fall, wie gut Ermittler über die Grenze hinweg zusammenarbeiten.
Die Handschellen klickten in Kreuzlingen
Die Festnahme erfolgte demnach gegen 17.20 Uhr im Kanton Thurgau in der Schweiz und wurde von der Schweizer Polizei, in enger Abstimmung mit der Kriminalpolizeidirektion Rottweil, durchgeführt. Das bestätigte auch ein Sprecher der Kantonspolizei Thurgau auf Nachfrage dem SÜDKURIER.
Demnach erfolgte die Festnahme auf dem Gebiet der Konstanzer Nachbarstadt Kreuzlingen. Zu weiteren Umständen machte er keine Angaben und verwies darauf, dass die Ermittlungen von den deutschen Behörden geführt werden.
Fest steht aber, dass die beiden tatverdächtigen Männer 34 und 20 Jahre alt sind. Den beiden Männern wird vorgeworfen, dass sie von einem Motorroller aus am Sonntag gegen 5.30 Uhr an der Reichenaustraße in Konstanz auf eine Menschengruppe geschossen haben sollen.
Dabei wurde ein 37 Jahre alter Mann schwer verletzt. Er war außer Lebensgefahr, musste aber ins Krankenhaus gebracht werden. Über die Zahl der abgegebenen Schüsse, die verwendete Waffe und Munition machen Polizei und Staatsanwaltschaft auch am Montag keine Angaben.
Verdächtige sind möglicherweise keine Schweizer
Die Nationalität des mutmaßlichen Schützen und seines Komplizen blieb ebenfalls offen. Auch die Thurgauer Polizei machte dazu zunächst keine Angaben. Es spricht aber vieles dafür, dass sie keine Schweizer sind. Denn es wurde, so die Pressemitteilung weiter „am Montag (...) auf Antrag der Staatsanwaltschaft Konstanz die Auslieferung nach Deutschland beantragt“.
Dazu muss man wissen, dass die Schweiz – wie viele andere Staaten auch – sehr zurückhaltend ist, eigene Staatsbürger ins Ausland zur Strafverfolgung auszuliefern. Die Beschuldigten befanden sich zunächst noch in der Schweiz in Haft, wie aus der Mitteilung hervorgeht.
Wie es genau zu dem schnellen und grenzüberschreitenden Ermittlungserfolg kommen konnte, blieb zunächst weitgehend im Dunkeln, denn die Staatsanwaltschaft konnte oder wollte keine Details nennen. So bleibt offen, ob der 37-Jährige, der bei der Tankstelle angeschossen wurde, bereits vernommen werden konnte und wie es ihm geht. Auch zu der Aussage, die Tatverdächtigen seien durch das Schweizer Kennzeichen an ihrem Motorroller aufgefallen, gab es zunächst keine Bestätigung.
War das Opfer einfach zur falschen Zeit am falschen Ort?
Laut mehrerer Quellen waren die Tatverdächtigen bereits früher in der Nacht auf Sonntag in einen handgreiflichen Streit in einer nahegelegenen Diskothek verwickelt. Mit den Schüssen hätten sie sich dann vielleicht rächen wollen. Ob der angeschossene Mann aber tatsächlich zu den Kontrahenten von zuvor gehörte, blieb offen.
Möglicherweise sei der 37-Jährige auch einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen, hieß es. Ob und wann die Staatsanwaltschaft Konstanz dazu weitere Informationen herausgibt, ist unklar. Möglicherweise wird erst ein Gerichtsverfahren zeigen, was in den frühen Morgenstunden des 7. Juli nahe der Konstanzer Eni-Tankstelle genau passiert ist.
Was der Vorgang aber zeigt: Die Zusammenarbeit zwischen Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften klappt zwischen Deutschland und dem Nicht-EU-Staat reibungslos und – wenn es sein muss – auch sehr schnell. Das steht seit wenigen Wochen auch auf einer neuen Grundlage: Am 1. Mai 2024 ist der Vertrag vom 5. April 2022 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die grenzüberschreitende polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit (Deutsch-Schweizerischer Polizeivertrag) in Kraft getreten. Bemerkenswert schnelle Ermittlungserfolge (wie jetzt nach den Schüssen in Konstanz) hatte es durch die internationale Zusammenarbeit der Behörden aber auch in der Vergangenheit schon gegeben.