Es fängt alles ganz harmlos an: Jobsuche auf einem Onlineportal, ein telefonisches Vorstellungsgespräch, dann die Zusage für den Minijob. Was sich zunächst gut anhört, wird für die Angeklagte schnell zum Albtraum. Rund einen Monat später kommt zuerst ihr Gehalt nicht an, und dann steht zu allem Überfluss plötzlich die Polizei vor der Tür der 23-Jährigen.
Pakete zustellen nach Anweisung
Die junge Frau bricht in Tränen aus, als sie in der Verhandlung vor dem Amtsgericht Konstanz Ende April von den Ereignissen berichtet. Sie sei sich zu keiner Zeit bewusst gewesen, dass sie etwas Illegales tue, betont sie mehrfach. Der Vorwurf gegen sie lautet auf leichtfertige Geldwäsche – doch sie ist wohl mehr Opfer, als Täter.
Dabei gingen die Betrüger routiniert vor, um die Angeklagte als freie Mitarbeiterin zu beschäftigen. Kontakt mit der 23-Jährigen hatten die mutmaßlichen Täter zunächst nur telefonisch unter einer unbekannten Telefonnummer aufgenommen. Ein Arbeitsvertrag wurde per E-Mail verschickt.
Später beantworteten die Hintermänner dann auch Fragen zur Arbeits- und Sozialversicherung. Die Probezeit sollte einen Monat lang gehen. Vereinzelt fielen in den Texten grammatikalische Fehler auf. Diese seien aber für die aus Lateinamerika stammende Angeklagte nicht so leicht zu entdecken gewesen, da die deutsche Sprache nicht ihre Muttersprache ist, so Richter Dennis Fandrousi.
Die Angeklagte berichtet vor Gericht, ihr Job sei es gewesen, die an sie adressierten Pakete in Empfang zu nehmen, zu verpacken und dann weiterzuschicken. Dabei handelte es sich um Produkte großer Unternehmen, die Kleidung und elektronische Geräte online verkaufen. Die Lieferadressen befanden sich demnach meist in Polen oder Russland.
Manchmal musste sie die Pakete laut eigenen Angaben vor dem Versand öffnen und neu verpacken, andere sollten ungeöffnet bleiben. Die Anweisungen dazu sowie jegliche Kommunikation lief per E-Mail oder über eine Internetseite, die als Chatraum fungierte. Dort erhielt sie auch die neuen Etiketten, auf denen die Empfänger der Pakete angegeben waren. Vor dem Versand hatte die 23-Jährige das Paket von allen Seiten fotografiert und die Bilder ihren Auftraggebern geschickt.
Kein Geld und eine Klage
Nach Ende der Probezeit dann die bittere Erkenntnis: Das Gehalt blieb aus. Die Angeklagte kontaktierte daraufhin ihre Auftraggeber. Das Gehalt könne erst gezahlt werden, wenn das letzte Paket, das in der Probezeit geschickt wurde, auch ankam, hieß es daraufhin. Dann herrschte Funkstille. E-Mails blieben unbeantwortet. Die Webseite, über welche die Angeklagte zuvor die Etiketten für den Versand ausdruckte, war plötzlich verschwunden.
„Ich habe ihnen nicht vertraut“, berichtet sie vor Gericht. Daher behielt die Angeklagte die letzten drei Pakete in ihrer Wohnung und verschickte sie nicht mehr. Sie buchte einen Termin bei der Agentur für Arbeit, wollte den Angestellten dort von dem Vorfall erzählen. Doch dazu kam es nicht mehr: Am Morgen des 8. Oktober 2024 stand dann die Polizei vor ihrer Tür.
Durch einen Hinweis der Behörden in Donaueschingen rückte die Angeklagte in das Visier der Ermittler. Insgesamt drei Opfer deutschlandweit hatten sich zuvor gemeldet, deren Account eines Zahlungsdienstes gehackt wurde. Darüber wurden dann verschiedene Produkte bestellt. Die Lieferadresse auf der Rechnung, die an die Opfer geschickt wurde, führte zu der Angeklagten.
Vor Gericht wurde ihr deshalb nun leichtfertige Geldwäsche in vierzig Fällen im Zeitraum zwischen dem 14. August und dem 15. September 2024 vorgeworfen. Da es sich bei der heißen Ware vermutlich um teure Markenprodukte handelte, sei dadurch vermutlich ein erheblicher Sachschaden entstanden, heißt es vor Gericht. Höhe: unbekannt.
Nochmal Glück gehabt
Die Staatsanwaltschaft fordert im Prozess eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 15 Euro. Doch Richter Dennis Fandrousi hat Nachsicht mit der 23-Jährigen und entscheidet sich für einen Freispruch. Er erkenne keine grobe Gleichgültigkeit in ihrem Verhalten, heißt es in der Urteilsbegründung.
Denn die Angeklagte habe die Pakete nicht weiter zugestellt, als sie merkte, dass etwas nicht stimme. Deshalb könne ihr keine Leichtfertigkeit nachgewiesen werden. Dazu kommt, dass die Angeklagte nicht vorbestraft ist. So ist sie dieses Mal noch einmal davon gekommen. Doch in Zukunft wird die 23-Jährige wohl genauer darauf achten, welche Jobs sie annimmt – und ob diese wirklich seriös sind.