Peter Müller-Neff (Freie Grüne Liste) lässt nicht locker. Er hält an dem FGL-Antrag fest, dass die gesamte Innenstadt – Altstadt bis zur Laube einschließlich Stadelhofen und Niederburg – zur Fußgängerzone werden soll. Nur noch Fußgänger und Radfahrer sollen künftig in den Bereichen gestattet sein. Bereits im Vorfeld haben Gewerbetreibende in der Kreuzlinger Straße Alarm geschlagen, da sie auf die ungehinderte Zufahrt angewiesen sind, wie beispielsweise die Autowerkstatt nahe dem Kreuzlinger Zoll.

Müller-Neff will die autofreie Innenstadt

Müller-Neff will die autofreie Innenstadt und regt sich darüber auf, dass der Begriff in der Politik immer verwässert würde. Von autoarm oder verkehrsberuhigt sei dann die Rede. „Die Kreuzlinger Straße ist umstritten, sie hat aber keine Aufenthaltsqualität“, so Müller-Neff, der in den Raum wirft: „Wie kann man dort Park-Suchverkehr zulassen?“

„Jeder kann in die Zollernstraße, Münzgasse und in die Niederburg fahren“, moniert er in der Sitzung des Technischen und Umweltausschusses (TUA). Er blickt zu Daniel Groß (CDU) und berichtet, dass Groß als Stadtführer in der Niederburg selbst erlebt habe, wie grenzwertig der Autoverkehr dort sei. Deshalb fordert Müller-Neff: „Fußgänger und Radfahrer rein, Autos raus! Die müssen in die Parkhäuser, die noch gebaut werden.“

(Archivbild) Stadtrat Peter-Müller-Neff: „Fußgänger und Radfahrer rein, Autos raus! Die müssen in die Parkhäuser, die noch gebaut ...
(Archivbild) Stadtrat Peter-Müller-Neff: „Fußgänger und Radfahrer rein, Autos raus! Die müssen in die Parkhäuser, die noch gebaut werden.“ | Bild: Nikolaj Schutzbach | SK-Archiv

CDU-Stadtrat Daniel Groß kontert allerdings

Kontra bekommt er umgehend von Daniel Groß. Die zwei, drei Autos, die durch die Inselgasse fahren, seien nicht der Rede wert. „Ehrlich: Lieber ein langsam fahrendes Auto als schnelle Radler in der Fußgängerzone. Das ist eine Erkenntnis, die ich habe.“

Groß fordert, die einzelnen Bereiche getrennt voneinander zu betrachten, denn „in Stadelhofen gibt es aktives Gewerbe“. Er gibt konkrete Beispiele: „In der Kreuzlinger Straße gibt es in zweiter Reihe eine Autowerkstatt. Sollen die Autos mit Drohne eingeflogen werden?“ Und die Anwohner in der Hüetlinstraße seien auf Parkplätze angewiesen.

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„Fußgängerzone ist nicht das Konzept der Zukunft“, meint Daniel Hölzle (Freie Wähler), denn künftig werde es verschiedene Arten von Mobilität geben, wobei er die aktuellen E-Mobilitätsarten Roller, Pedelec, E-Bike und Kleinstfahrzeuge nennt. Zudem findet auch er aufgrund der Steigerung des Radverkehrs: „Räder sind mittlerweile herausfordernder in verkehrsberuhigten Bereichen. Die Kinder muss man eher vom Rad wegziehen als vom Auto.“

„Schade, Peter [Müller-Neff, Anm.d.Red.], dass Du wieder alles in Absolutheit darstellst“, wendet sich Matthias Schäfer (Junges Forum) an den Antragsteller und erläutert: „Autofrei trifft es als nicht. Wenn, dann autoarm, denn es wird immer Bereiche geben, wo Lieferverkehr reinfahren muss.“ Schäfer spricht sich für eine Bürgerbefragung aus.

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Nur „grüne Ideologie“?

Alfred Reichle (SPD) denkt auch an Lieferfahrzeuge, Handwerker und an die Anwohner, und meint: „An den paar Fahrzeugen, die da reinfahren, kann es nicht liegen.“ Insgesamt habe sich in den letzten Jahren die Altstadt positiv entwickelt. Und deshalb: „Wir lehnen solche Spontanaktionen außerhalb der Programme ab. Es kommt bei mir so rüber, als ob das stark als grüne Ideologie zu verstehen ist; ob es der Sache dient, scheint relativ gleichgültig zu sein“, so Reichle.

Der Einzige, der den Antrag für „vernünftig hält“ ist Holger Reile (Linke Liste): „Es gibt mehr als 30.000 zugelassene Fahrzeuge. Zu 80 Prozent stehen die rum. Wir haben uns vorgenommen, den Raum der Bevölkerung zurückzugeben.“

Auch in der Niederburg ist Lieferverkehr für die dort angesiedelten Geschäfte und Gastronomiebetriebe.
Auch in der Niederburg ist Lieferverkehr für die dort angesiedelten Geschäfte und Gastronomiebetriebe. | Bild: Hanser, Oliver

Nicht über die Köpfe der Anwohner hinweg

Eine Bürgerbefragung findet Gisela Kusche (FGL) selbstverständlich. Müller-Neff fordert aber, nicht nur die Anwohner zu beteiligen: „Wir müssen die Dettinger und Litzelstetter befragen. Die Betroffenen sind immer dagegen.“

„Dann fragen wir auch die Besucher aus Radolfzell und Singen“, wirft Achim Schächtle (FDP) kopfschüttelnd ein, um dann zu erinnern: „Alle Bürgerbefragungen zur Fußgängerzone haben gezeigt, dass Anwohner es nicht wollen. Die Chill-Oasen, mit denen die Anwohner beglückt werden sollten, sie es aber nicht wollten, haben deutlich gezeigt: Wir können uns nicht über die Anwohner hinwegsetzen.“

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Man sollte sich immer vor Augen halten, wie direkt man in das Leben eines Anwohners eingreife, mahnt Daniel Hölzle. „Sie haben eine andere Einschätzung als Besucher, die nur einmal im Jahr nach Konstanz kommen.“ Er bringt auch den Handel ins Spiel und die wirtschaftliche Entscheidung der Unternehmer. Er nennt dabei die Nachfolger des Möbelhauses Sörensen in der Zollernstraße, wo eine besondere Art des Handels angesiedelt sei, als Beispiel.

Der TUA lehnte letztlich den Antrag der FGL ab und stimmte dem Alternativvorschlag der Verwaltung zu. Die Verwaltung soll demnach die Ausgestaltung der autofreien Innenstadt bearbeiten und „die Bürgerschaft sowie die Stakeholder“ [Begriff aus der Wirtschaft, Person, für die es aufgrund ihrer Interessenlage von Belang ist, wie ein bestimmtes Unternehmen sich verhält, Anm.d.Red.] im Rahmen des laufenden Prozesses zur Innenstadtentwicklung beteiligen.