Die Konstanzer Händler sind frustriert. Immer wieder weisen sie auf dieselben Sorgen hin, die Themen drehen sich aus ihrer Sicht im Kreis. Und tatsächlich: Was der SÜDKURIER im vergangenen Jahr über die Jahreshauptversammlung der Händlervereinigung Treffpunkt geschrieben hat, könnte fast wörtlich auch 2024 publiziert werden.

Schon damals klagten Gastronomen, Unternehmer und Selbstständige über den politisch gewollten Abbau von Parkplätzen, es ging um das C-Konzept, das Parken am Döbele und eine befürchtete Verstopfung der Innenstadt. Auch bei der diesjährigen Versammlung kamen dieselben Themen auf.
Hinter allem steht die Sorge der Händler, dass die Erreichbarkeit der Innenstadt durch Planungen der Verwaltung und Beschlüsse des Gemeinderats immer weiter abnimmt. So sagte Daniel Hölzle, bis zur Wahl an jenem Abend Vorsitzender des Treffpunkts: „Politische Aktivitäten werden für uns immer wichtiger, auch wenn das eigentlich nicht unsere Aufgabe ist, wahnsinnig viele Ressourcen kostet und zu Frust führt, wenn wir nicht gehört werden.“
Als Beispiel nennt Hölzle die Baustelle am Bahnhofplatz und gleichzeitig auf der Konzilstraße: „Wir saßen kurz vorher noch mit der Verwaltung zusammen und haben davor gewarnt, wurden aber nicht beachtet. Erst, als der Verkehr stillstand, wurde plötzlich eine Expertengruppe gegründet.“
Stephansplatz als Negativbeispiel
Die geplante Umgestaltung des Stephansplatzes ist für die Unternehmer ein weiteres Beispiel dafür, wie es mit Prozessen nicht laufen sollte. „Die Stadt kann nicht einfach sagen, wir räumen den Stephansplatz leer“, so Hölzle. „Wir als Vorstand stehen zum autofreien Stephansplatz, aber es muss gut geplant und finanziert werden. Dieses Vorgehen hat uns erschreckt, deshalb haben wir interveniert und werden das auch weiterhin tun.“
Wie es mit dem Stephansplatz weitergehen soll, wird im Technischen und Umweltausschuss am Dienstag, 30. April, ab 16 Uhr im Verwaltungsgebäude (Untere Laube 24) vorgestellt. In einer Pressemitteilung der Stadt dazu heißt es: „Zahlreiche Akteure aus unterschiedlichen Bereichen, wie AnliegerInnen, Handel, Gastronomie, Tourismus, Kultur, Klimaschutz und Klimawandel, wurden in den Prozess eingebunden.“

Die Händler sehen das anders. Der Treffpunkt-Vorstand verfasste jüngst ein Papier mit vielen Fragen „an unseren Oberbürgermeister und die Verwaltung unserer geliebten Stadt Konstanz“. Darauf steht: „Es wäre wünschenswert, wenn die Belange von Handel, Gastronomie und Dienstleistern bei der Entscheidung Stephansplatz berücksichtigt werden.“
„Singen hat bei Parkplätzen massiv aufgerüstet“
Auch auf die aus Händlersicht mangelnde Erreichbarkeit der Innenstadt durch wegfallende Parkplätze und schlechte Zug-Anbindung weist das Papier hin. „Durch die extreme Beeinträchtigung der Gäste und Kunden hat sich in den sozialen Medien, vor allem in der Schweiz, ein Shitstorm gegen Konstanz gebildet.“ Die Unternehmer stellen Fragen wie: „Ist Konstanz noch ein Oberzentrum? Wird die Wettbewerbsfähigkeit zu anderen Städten weiter gewährleistet?“
Denn Singen habe massiv aufgerüstet: „Singen hat doppelt so viel Verkaufsfläche pro Einwohner wie Konstanz. Neben und am Einkaufszentrum Cano sind enorm viele neue Parkplätze und Parkhäuser entstanden. Singen geht den Weg, die Gäste anzuziehen – auch die Besucher mit Individualverkehr.“
Stadtspitze ist nicht anwesend
Gegenargumente hörten die Unternehmer an diesem Abend nicht. Zwar waren die städtische Wirtschaftsförderin Beate Behrens und eine Vertreterin der Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK) im Publikum, sagten aber nichts. Genau das veranlasste Günter Warth, deutliche Worte zu wählen.

Er ist Geschäftsführer von 20 Modegeschäften zwischen Biberach und Bodensee, unter anderem Marc Cain im Lago, und sagte: „Mir verschlägt es die Sprache, wie hier mit der Erreichbarkeit der Innenstadt umgegangen wird. Die Bedeutung des Handels und der Gastronomie ist in Konstanz viel zu wenig sichtbar, so kann es hier am Standort nicht weitergehen.“

Günter Warth ist „erstaunt, dass bei solchen Problemen niemand von der Stadtverwaltung außer der Wirtschaftsförderin anwesend ist. In den anderen Städten, in denen wir Filialen haben – darunter Biberach, Freiburg, Ulm und Ravensburg – sind bei der Händlerversammlung selbstverständlich der Oberbürgermeister oder ein Stellvertreter anwesend.“ Am selben Abend der Treffpunkt-Versammlung fand auch ein Treffen von Bürgermeistern aus dem Kreis sowie ihrer Kollegen aus den Schweizer Nachbarorten statt.
Daniel Hölzle gibt Vorsitz ab
Um als Verein sichtbarer zu werden, wollen die Händler sich künftig noch besser vernetzen und neue Mitglieder gewinnen. Auch Wahlen standen bei der Jahreshauptversammlung an. Laut Satzung musste der bisherige Vorsitzende Daniel Hölzle seinen Posten nach vier Jahren abgeben.
Der einzige Bewerber, Stephan Alleborn, wurde (bei eigener Enthaltung) einstimmig gewählt. Der 40-Jährige wuchs in Konstanz auf und hat „als Beisitzer mitbekommen, wie toll die Zusammenarbeit beim Treffpunkt funktioniert“. Nun wolle er seinen Teil beisteuern.

Seine Themen: Mitgliedergewinnung, Kooperation mit dem Stadtseniorenrat für einen servicefreundlichen Einzelhandel für ältere Menschen, und, wenig überraschend: „Fortführung des Kampfes um die Erreichbarkeit der Stadt.“