Wer nicht weiß, wo sich Patrick Winds Tonstudio im Konstanzer Stadtteil Allmannsdorf befindet, muss lange danach suchen. Fast versteckt liegt es in den hinteren Räumen eines Kellergeschosses. Dem Musiker, Komponisten, Texter und Produzenten ist das ganz recht, wie er dem SÜDKURIER im Vorfeld des Treffens gesagt hat. Denn bei ihm haben sich schon so manche Prominente die Klinke in die Hand gegeben.

Im vergangenen Juli etwa, als der berühmt-berüchtigte Rap-Musiker Haftbefehl hier sein neuestes Werk „Das schwarze Album“ aufgenommen hat. Aber auch Schauspielerin Ruth-Maria Kubitschek und die Autoren Martin Walser und Gaby Hauptmann waren für Aufnahmen in Winds Kellerstudio. Genauso wie die Musiker Stefanie Heinzmann oder Davide Martello.

Verpasst nicht nur Filmen klanglich den letzten Schliff: Patrick Wind in seinem Studio.
Verpasst nicht nur Filmen klanglich den letzten Schliff: Patrick Wind in seinem Studio. | Bild: Marcel Jud

Und erst im März wurden in Allmannsdorf einige Szenen des neuen Münsteraner Tatorts, der am Sonntag Premiere feiert, nachsynchronisiert. „Schauspieler suchen dafür meist ein Tonstudio, das in der Nähe ihres Wohnorts ist“, erklärt Patrick Wind. Und so kam sowohl Christine Urspruch (im Tatort: Rechtsmedizinerin „Alberich“) aus dem Allgäu zu ihm ins Studio, als auch Maëlle Giovanetti. Die 32-Jährige gehört zum Ensemble des Konstanzer Theaters und wird am Sonntag ebenfalls im Tatort zu sehen sein.

Stars mit Selbstzweifeln

Für den SÜDKURIER haben sich Maëlle Giovanetti und Patrick Wind erneut getroffen. Zum Tee in Winds Studio, wo sie vor wenigen Wochen bereits einmal standen – Giovanetti im Aufnahme-, Wind im Regieraum, getrennt durch eine Scheibe. Innerhalb eines Tages hatten sie damals alles im Kasten. „Beim Nachsynchronisieren sprechen die Schauspieler Passagen nochmals ein, weil entweder was bei der Technik schief gelaufen ist, Wind auf dem Mikro war, oder der Text nochmals geändert worden ist“, erklärt Patrick Wind.

Schauspielerin Maëlle Giovanetti spricht einen Text ein.
Schauspielerin Maëlle Giovanetti spricht einen Text ein. | Bild: Marcel Jud

Für Maëlle Giovanetti war das ein spezieller Moment, wie immer beim Nachsynchronisieren von Filmen: „Es ist das erste Mal, dass man sieht, was man gemacht hat. Ich sehe dann immer sofort, was ich hätte besser machen können, sage mir, dass hätte ich so oder so spielen können.“ Sie wisse aber auch, dass sie sehr streng mit sich selbst sei. Und im Tonstudio könne und müsse sie diese Zweifel schnell zur Seite schieben: „Weil es in dem Moment nicht darum geht. Und ich sehe ja auch nur einzelne Ausschnitte und kann kein definitives Urteil fällen.“

Patrick Wind kennt diese Selbstzweifel im Tonstudio gut: „Das ist so ähnlich wie bei Sängern. Ich kenne kaum einen, der mit sich zufrieden ist, egal, was alle um ihn herum sagen.“ Aber diese Zweifel gehörten nun mal dazu, und sie seien ja auch nicht schlecht. Obwohl oft unbegründet, wie im Fall von Maëlle Giovanetti. „Sie ist toll im neuen Tatort“, sagt Wind. Und er muss es wissen, denn anders als die Schauspielern, die bis jetzt nur einzelne Filmpassagen gesehen hat, kennt Wind bereits den kompletten Fernseh-Tatort.

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Sein Urteil? „Unter den Tatorten finde ich den Münsteraner eh den besten. Und auch der neue ist toll.“ Für Maëlle Giovanetti war es vor allem ein großes Glück im Unglück, dass sie in dem Fernsehfilm eine Rolle bekam, wie sie selbst sagt. Denn die Theaterschauspielerin wartet bereits lange darauf, dass sie zurück auf die Bühne kann. Einzig im November war sie „zwei Wochen auf Adrenalin“, sagt Giovanetti. Eine intensive Zeit, in der sie ihre Szenen im neuen Tatort und in einem französischen Kinofilm abdrehte. Und nachher: wieder nichts.

Ist im neuen Tatort zu sehen: Schauspielerin Maëlle Giovanetti aus Konstanz.
Ist im neuen Tatort zu sehen: Schauspielerin Maëlle Giovanetti aus Konstanz. | Bild: Marcel Jud

Deshalb macht die 32-Jährige große Augen, als sie hört, wie Patrick Wind erzählt, dass er sich seit dem Ende des ersten Lockdowns vor Arbeit kaum retten kann. Im vergangenen Frühjahr sei im Tonstudio alles auf Null runtergefahren worden. „Wir haben die Zeit genutzt, unser Portfolio zu erweitern. Und jetzt bin ich komplett ausgebucht.“ Sogar für einen Star wie Rapper Haftbefehl sei es schwierig gewesen, noch einen freien Termin zu bekommen.

Doch warum pilgern so viele große Namen der Musik- und Schauspielerszene für ihre Aufnahmen in ein Kellergeschoss am Bodensee? Patrick Wind zeigt auf seine Anlagen: „Wer sich auskennt, weiß, dass alles, was hier steht, State of the Art ist (Anm. d. Red.: neuester Stand der Technik).“ Und viele der Stars fänden es wohl ganz gut, wenn „der rote Teppich mal aussetzt“, während sie in Allmannsdorf sind, so Wind.

Patrick Wind im Regieraum seines Studios.
Patrick Wind im Regieraum seines Studios. | Bild: Marcel Jud

Doch nicht nur große Namen kommen zu Patrick Wind ins Studio. „Hier am Bodensee muss man breiter aufgestellt sein“, betont er. Neben Schauspielern und Rap-Musikern zählen Männergesangsvereine oder Blasmusiker zu seinen Kunden. Aber mit wem ist die Arbeit denn angenehmer? Da gebe es keinen Unterschied, sagt Wind: „Besonders stressig ist es nur mit Leuten, die berühmt werden wollen, es aber nicht schaffen. Die geben dann dir die Schuld.“

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