Humor hat sie, das ist sicher. „Ich fahre Auto wie eine Italienerin, spreche Englisch wie eine Französin und koche wie eine Deutsche“, sagt Schauspielerin Maëlle Giovanetti. Ihr Humor sei aber sicher kein deutscher, ergänzt sie, die Italiener und Franzosen seien ihr in dieser Hinsicht und auch kulinarisch näher. Dass sie vor Auseinandersetzungen wenig Angst hat, werde ihr oft als sehr „undeutsch“ attestiert, wie sie sagt. „Aber was kritisches Denken angeht, bin ich sicher sehr deutsch.“
Und was sagt sie als Schauspielerin zur umstrittenen Aktion #allesdichtmachen, in der Kolleginnen und Kollegen die Corona-Politik der Bundesregierung in satirischen Videos kommentiert haben? „Lustig fand ich es nicht“, so Giovanetti. „Ich habe die Aktion nicht begriffen. Deswegen hat sie mich nicht wütend gemacht. Diffuser Zynismus ist rhetorisch aufmerksamkeitsheischend, aber eine Waffe derer, die keine Argumente haben. Dafür ist gerade ein denkbar schlechter Zeitpunkt.“ Bei einem so ernsten Thema hätte man sich „ein paar mehr Gedanken“ machen können, was genau und wie man es sagen möchte.
Giovanetti, 32 Jahre alt, gehört zum Ensemble des Konstanzer Theaters. Zumindest in der Theorie. „Ich habe meine Freunde und Familie weit hinter mir gelassen, um hier Theater zu spielen. Nun bin ich da und warte darauf, eine Antwort zu bekommen, wann ich endlich das tun kann, wofür ich vor acht Monaten hergekommen bin.“ Sie habe großes Glück mit ihrer Intendantin Karin Becker und das Team sei „ein feines“, wie sie sagt.
Warten, dass es endlich los geht
Aber auch wenn das tröstend sei, empfindet sie die Situation doch als zermürbend und wünscht sich von Seiten der Politik einen differenzierten Blick auf die Kultur, „damit ich und meine Kolleginnen und Kollegen endlich im schönen Konstanz spielen und ankommen können“. Wenn es dann so weit ist, darf man sich auf Giovanetti in den Stücken „Revolution“ und „Viel Lärm um Nichts“ freuen.

Während sie wartet, gärtnert sie auf ihrem Balkon, macht Ableger, schaut Filme, liest, macht Sport, backt … „Leider sind meine Bananenbäume bei dem heftigen Frost kaputt gegangen“, sagt Giovanetti. Also: „Wenn jemand noch ein Bananenkindl hat, ich tausche gerne gegen eine Zimmerpflanze.“
Ein französisches Klischee?
Wer sich vor den ersehnten Auftritten auf der Theaterbühne schon mal ein Bild von der Schauspielerin machen will, hat dazu am Sonntag, dem 2. Mai 2021, um 20.15 Uhr die Gelegenheit. Dann ist Giovanetti, die in Berlin aufgewachsen ist und auch Paris gut kennt, im neuen Münster-Tatort zu sehen. Allzu viel will sie über ihre Figur Inès Fournier nicht verraten. Die Französin klärt die Ermittler im Film über die Polyamorie auf, eine Liebesbeziehung zu mehreren Menschen. „Diese Rolle kann an sich vielleicht schnell als Klischee einer Französin gelesen werden“, sagt Giovanetti. Für sie sei das Spannende gewesen, „dieses Klischee zu unterwandern“.

Was glaubt sie, warum Krimis in Deutschland ein so beliebtes Genre sind? Krimis zu gucken, das sei, „wie bei Regen gemütlich zu Hause zu sitzen. Es ist toll, wenn es draußen regnet, wenn es bei einem selbst warm und trocken ist und man hinausgucken kann. Draußen geht die Welt unter und ich selbst bin in Sicherheit.“ Anders gesagt: „Solange ich das Verbrechen im Blick habe, ist es nicht bei mir.“ Sie selbst könne sich die Rolle einer schrulligen Gerichtsmedizinerin gut vorstellen – und im richtigen Team sogar die der Ermittlerin. „Die Chemie muss stimmen“, sagt sie.
Lieber Theater oder Film?
Entscheiden würde sie sich zwischen Theater und der Arbeit vor der Kamera nur ungern. Wenn Theater gut ist, sei es „das Lebendigste, was es gibt, weil es vergänglich ist und uns ins Jetzt katapultiert. Das liebe ich und das ist schwer einzutauschen.“ Da sie zuletzt jedoch viel gedreht habe, habe sie „Blut geleckt“. Giovanetti sagt: „Jetzt will ich beides und ganz viel.“
Giovanettis Vater kommt aus Friedrichshafen. Als sie ein Kind war, sei die Familie oft „runter“ gefahren. Mit dem Wort verbindet sie den Bodensee, Mostkanister auf dem Balkon und „Mensch ärgere dich nicht“-Spiele mit ihrer Oma. Wenn sie in Konstanz jeden Morgen auf der Fahrradbrücke die Sicht auf die Berge und den See hat, genießt sie das. „Und dass hier so viele verschiedene Menschen Fahrrad fahren, macht mich richtig glücklich.“