Weniger Leistung für höhere Preise – so empfinden es im Moment viele Nutzer der Fähre. Die Stadtwerke haben die Preise auch 2024 zum Jahreswechsel erhöht. Vier Kilometer umweltfreundlich über den Bodensee zu fahren, kostet für einen Fußgänger nun 3,90 Euro, für einen Radler 6,30 Euro, für ein Auto in Golf-Größe mit Beifahrer 18 Euro. Und zunehmend Nerven.
Denn während landauf-landab eine Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs gefordert wird, schränkt die Fähre ihren Service ein. Statt alle 15 Minuten legt zur Hauptverkehrszeit nur noch alle 20 Minuten ein Schiff ab. Die Transportkapazität sinkt, das Risiko langer Wartezeiten steigt. Eine Verkehrswende stellt man sich irgendwie anders vor.
Weniger Linien zum Bahnhof
Ein paar Kilometer weiter, im Herzen der Altstadt, steigen frustrierte Fahrgäste aus dem Bus. Eigentlich wollen sie zum Bahnhof, aber nun ist an der Laube Endstation. Nur noch wenige Buslinien bieten den über Jahrzehnte gewohnten Service, die Passagiere bis an den wichtigsten Umsteigepunkt der Stadt zu bringen.
Sicher, die Baustelle am Bahnhofplatz lässt es nicht zu, alle Linien durch das nun noch schlimmere Nadelöhr zu zwängen. Aber musste es ein so radikaler Einschnitt sein? Wenn jetzt eine Einzelfahrt mit dem Bus stattliche 2,90 Euro kostet? Auch hier werden Zweifel laut, ob sich so noch Menschen für den Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsmittel gewinnen lassen.
Die Rückschritte im öffentlichen Nahverkehr der Stadt haben natürlich ihre Ursachen. Home-Office und verändertes Mobilitätsverhalten lassen die Nachfrage auf der Fähre sinken. Das Busliniennetz war schon ohne Baustelle störanfällig. Vor allem aber ist bei den Stadtwerken im Moment Kosten- und Mitarbeitermanagement angesagt.
Statt mutig in umweltfreundliche Mobilität investieren zu können, muss das städtische Unternehmen Ausgaben in Frage stellen wie noch nie. Dazu kommen noch Personalnöte. Eine Ausdünnung des Takts bei der Fähre oder dem Bus nimmt auch in der Stadtwerke-Zentrale niemand gerne vor. Diejenigen, die dort entscheiden, haben alle ihre Gründe, aber es sind eben nicht immer auch gute Gründe.
Wer den Klimanotstand ernst nimmt und wer weiß, dass ein erheblicher Anteil der klimaschädlichen Emissionen aus dem Verkehr stammt, müsste eigentlich Bus, Bahn und Fähre massiv ausbauen. Alle Beispiele zeigen, dass es in Sachen öffentliche Mobilität zunächst ein Angebot braucht, damit Nachfrage entsteht. So hat Vorarlberg zuerst sein Landbus-Konzept und dann die 365-Euro-Jahreskarte umgesetzt, so wurde bei der Bahn der Allgäu-Schwaben-Takt ein vielfach kopiertes Erfolgsmodell, so baut der Kreis bei den gelben Überlandbussen aus. Doch mehr Busse, mehr Schiffe, mehr Züge kosten Geld.
Und hier kommen die deutschen Städte in eine paradoxe Lage: Während die Bundespolitik die Investitionen für den Klimaschutz locker mittels Schulden auf die nächsten Generationen abwälzt, müssen die Stadtwerke beim ÖPNV in Deckungsbeiträgen rechnen. Die Fähre musste über lange Zeit das Bus-Defizit wettmachen. Ob das jemals wieder gelingt, ist die eine Frage. Ob das jemals wieder gelingen soll, eine ganz andere.
Wie wäre es, wenn Bus und Bahn gut und billig wären?
Wenn öffentlicher Nahverkehr nicht kostendeckend zu bekommen ist (das sind Autobahnen, Stadtstraßen, Radwege und Flughäfen bei ehrlicher Rechnung übrigens auch nicht), wäre dann nicht eine Strategie maximaler Anreize der richtige Weg?
Es ist Zeit, über die künftige Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs zu sprechen. Wenn Busse, Bahnen und Schiffe ein gutes Angebot machen, kommt das nämlich eben nicht nur den Nutzerinnen und Nutzern zugute, sondern allen – in Form von Klimaschutz und, ja, auch in Form freier Straßen und Parkplätze für die verbleibenden Autofahrer.
Modelle wie die solidarisch finanzierten Semestertickets oder auch das bezuschusste 49-Euro-Ticket gibt es längst. Das Verkehrsministerium des Landes hat Studien, die zeigen, wie ein attraktiver, vielleicht sogar kostenloser, ÖPNV alternativ zu finanzieren wäre. Zuletzt wurden sie unter den Begriffen Mobilitätsgarantie und Mobilitätspass diskutiert.
Andere könnten als Vorbild dienen
Auch im Kleinen gibt es Initiativen, die man in Konstanz nicht hochnäsig belächeln sollte. Ja, Radolfzell hat andere Ausgangsvoraussetzungen. Aber dort hatte man den Mut für ein Euro-Ticket im Stadtbus. Kreuzlingen macht es ähnlich. Viele Touristenstädte haben die Verkehrslawine der Tagesbesucher mit Erfolg an die Ränder gedrängt und einen Nahverkehr aufgebaut, der auch den Einheimischen zugute kommt.
In Konstanz hat man stattdessen Zeit und Geld in Ideen wie eine Seilbahn oder eine Straßenbahn investiert, statt wenigstens die Seehas-Haltestellen Petershausen und Fürstenberg vernünftig ans Busnetz anzuschließen. Sicher, die Nutzer von Stadtbus und Fähre sind auf eine Art verwöhnt. Kaum eine andere Stadt mit unter 100.000 Einwohnern leistet sich ein so gutes Busnetz wie Konstanz. Die Fähre pendelt zuverlässig Tag und Nacht über den See.
Dafür waren die Kunden lange Zeit bereit, einen angemessenen Preis zu bezahlen. Noch unterstützen sie in großer Zahl das Ziel einer nachhaltigen Verkehrswende. Wenn sie aber zukünftig immer häufiger an Haltstellen und Anlegern verärgert stehen gelassen werden und einen immer höheren Preis bezahlen sollen, verliert Konstanz wichtige Akteure für den Klimaschutz.
Die Stadtwerke und das Geschäft mit dem Parken
Die Stadtwerke werden das Problem allein nicht lösen können, und mit der neuen Parkhaus-Sparte droht ihnen überdies ein Interessenkonflikt: Wo werden sie ihre Energie hinlenken – in defizitäre Buslinien oder vielleicht doch eher in profitable Parkhäuser?
Dass die Stadtwerke-Kunden derzeit weniger Leistung für mehr Geld bekommen, hat Gründe. Aber will sich Konstanz damit wirklich so schulterzuckend abfinden, wie es aktuell den Anschein hat? Ist dieser Rückschritt im öffentlichen Nahverkehr wirklich die einzige Idee? Man mag es sich gar nicht vorstellen.