Waltraud Schrenk ist immer noch empört über ihr Erlebnis im Stadtbus der Linie 4/13. „Ich war aufgebracht“, sagt sie in einem Telefonat mit dem SÜDKURIER. Denn nicht nur, dass sie im Bus angepöbelt wurde, der Fahrer ignorierte sie auch, als sie ihn deswegen um Hilfe bat. Christopher Pape, Sprecher der Stadtwerke Konstanz, die die Stadtbusse betreiben, verteidigt jedoch das Verhalten des Mitarbeiters.

„Oberste Pflicht unseres Fahrpersonals ist es zunächst, unseren Fahrgästen eine sichere Fahrt in unseren Bussen zu gewährleisten.“ Und Pape betont: „Unser Fahrpersonal hat weder die Befugnis noch die Ausbildung, um in kritischen oder gar bedrohlichen Situationen die Ordnungsmacht Polizei zu ersetzen.“ Waltraud Schrenk hatte dagegen fest darauf gesetzt, dass der Busfahrer etwas unternimmt.
Was war in der Buslinie 4/13 passiert?
Zusammen mit ihrem Mann nutzte sie an jenem Tag um 15.08 Uhr ab Tannenhof die Linie 4/13. Der Bus sei recht voll gewesen. Ein Unbekannter blockierte mit einer Tasche einen Sitz. Sie fragte ihn, ob er ihn frei machen könne. „Der stark alkoholisierte Mann fing sofort an, mich auch sexistisch übel zu beschimpfen. Und er sagte, er hätte ein Messer dabei“, schildert Waltraud Schrenk die erschreckende Reaktion des Angesprochenen.
Bei der nächsten roten Ampel sei sie nach vorne zum Busfahrer gelaufen, habe an dessen Scheibe geklopft und um Hilfe gebeten. „Doch der Mann schaute nicht mal auf, war desinteressiert.“ Als sie wieder nach hinten ging, sei sie von dem Alkoholisierten weiter beschimpft worden. Dieser stieg dann zum Glück kurz darauf in Allmannsdorf aus, stieß dabei aber Drohungen aus und zeigte eine obszöne Geste.
Der Mann von Waltraud Schrenk bestätigt den Vorfall. Sie kann nicht verstehen, warum der Busfahrer sie in dieser Situation allein gelassen hat. „Ich hätte mir eine Durchsage gewünscht“, sagt die 61-Jährige. Auf ihre Beschwerde bei den Stadtwerken habe man ihr nur gesagt, sie hätte die Polizei rufen müssen.
„Ich bin selten mit dem Bus unterwegs“, sagt Waltraud Schrenk dazu. Sie wisse aber, dass es Personen in Konstanz gebe, denen die Fahrt mit dem Bus untersagt wurde, weil sie etwa streng riechen. Warum, so fragt sie sich, durfte der sichtlich alkoholisierte Mann also überhaupt mitfahren?
Busfahrer habe „absolut richtig gehandelt“
Christopher Pape sieht kein Fehlverhalten. Der Busfahrer habe „absolut richtig gehandelt“, indem er erst einmal die nächste Haltestelle anfuhr, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Dort habe der Fahrgast, über den sich die Frau beschwerte, den Bus verlassen. „Ein Eingreifen unseres Mitarbeiters war also nicht mehr notwendig.“ Oberste Priorität sei immer, das Großfahrzeug Bus unfallfrei durch den Straßenverkehr zu bringen. Grundsätzlich, so betont Pape, ende auch vor einer roten Ampel die Teilnahme am Straßenverkehr nicht.
Werde ein Fahrer auf Vorkommnisse hingewiesen, müsse dieser in Sekundenschnelle eine Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen, so Pape. „Im Regelfall wird die Fahrt bis zur nächsten Haltestelle fortgeführt, um dort das Fahrzeug verkehrssicher abzustellen.“ Verhalte sich ein Fahrgast sehr aggressiv und sei zu befürchten, dass die Situation eskaliert, verständige der Fahrer die Polizei. Für weitergehende Maßnahme habe er selbst nämlich weder die Ausbildung noch die Befugnis.
„Das Fahrpersonal hat natürlich die Möglichkeit, Passagiere des Busses zu verweisen, und wird dies bei einer Störung oder Gefährdung in der Regel auch tun. Zur Durchsetzung dieses Verweises ist das Fahrpersonal wiederum nicht berechtigt, dies obliegt allein den Ordnungskräften.“ Grundsätzlich hält es Pape für nicht empfehlenswert, den Fahrer eines Busses auf einen Vorfall aufmerksam zu machen, damit dieser über die Leitstelle Hilfe rufe: In einer „echten Gefahrenlage“ werde so wertvolle Zeit verschenkt.
Der Stadtwerke-Sprecher rät Fahrgästen vielmehr, dies selbst zu tun: „Zivilcourage kann auch zeigen, wer in einer kritischen Situation die Polizei ruft und somit deutlich macht, dass die Situation nicht unbeobachtet bleibt.“ Pape verweist auf die Empfehlungen der Bundespolizei, wie jemand handeln kann, ohne sich selbst zu gefährden. Diese Empfehlungen würden für die Passagiere, aber auch für den Busfahrer gelten.
Auseinandersetzungen unter den Fahrgästen stellen nach Angaben Papes „eine absolute Ausnahme dar“. Mit den Corona-Schutzregelungen, die etwa das Tragen einer Maske während der Fahrt im Bus vorsehen, gehe allerdings ein erhöhtes Konfliktpotenzial einher. Busfahrer seien weder befugt noch ausgebildet, diesem zu begegnen.
Zum Thema Alkoholisierung des Fahrgasts sagt Pape: Auch betrunkene Fahrgäste dürften befördert werden, solange von ihrem Verhalten keine Gefahr ausgehe. „Fahrgäste, denen die Beförderung dauerhaft durch Ausübung des Hausrechts verweigert wird, werden bei uns natürlich namentlich erfasst, wenngleich eine Kontrolle in der Praxis schwierig ist.“
Im beschriebenen Fall sei auch mit dem Busfahrer gesprochen worden. Denn, so versichert Christopher Pape als Sprecher der Stadtwerke Konstanz: „Beschwerden gehen wir selbstverständlich nach.“