Ein auf der Internetplattform Immowelt veröffentlichtes Exposé sorgt für Aufruhr in Litzelstetten. „Es brodelt im Dorf“, stellt Ortschaftsrat Stephan Bacher fest. Nicht nur die Bürger begehren auf, sondern auch der gesamte Ortschaftsrat, der zunächst nur durch das Internet von dem Bauvorhaben zentral in seinem Ort erfuhr.

Im Online-Exposé wird zum Kaufpreis von sechs Millionen Euro ein „Studentenwohnheim zur Kapitalanlage mit Erstvermietungsgarantie in Konstanz-Litzelstetten“ angeboten. Eckdaten: etwa 515 Quadratmeter Grundstücksfläche, viergeschossig, 39 Zimmer und ein Ladengeschäft, drei Stellplätze, Baujahr 2022. Als Anbieter ist auf Immowelt Tectum Real Estate benannt.

„Jetzt kommt noch mal so ein Klotz daher“: Ortschaftsrat kritisiert das Projekt

Der Litzelstetter Ortschaftsrat wusste, dass der bisherige Eigentümer sein Anwesen in der Martin-Schleyer-Straße 31 mitsamt Wohnhaus und dem darin befindlichen Blumengeschäft verkauft hatte. Das Grundstück grenzt direkt an das Neubauvorhaben „Ortsmitte“ der Wobak an.

Dieses Gebäude (rechts) in der Litzelstetter Martin-Schleyer-Straße soll einem Studentenwohnheim mit 39 Appartements weichen. Auf der ...
Dieses Gebäude (rechts) in der Litzelstetter Martin-Schleyer-Straße soll einem Studentenwohnheim mit 39 Appartements weichen. Auf der nebenliegenden Freifläche mitsamt Haus (Mitte) soll das Wobak-Projekt entstehen. | Bild: Aurelia Scherrer

Von der jetzigen Studentenwohnheimplanung „haben wir über Immowelt erfahren“, so Ortsvorsteher Wolfgang Gensle. „Auf dem Immobilienportal steht das Objekt, das wir noch nicht einmal auf den Tisch bekommen haben, zum Kauf“, empört sich auch Ortschaftsrätin Karin Müller. Der gesamte Ortschaftsrat ist einer Meinung: „Wir wollen klar Stellung beziehen und signalisieren, dass wir dieses Projekt nicht gut finden“, stellt Karin Müller fest.

„Das gleiche Problem wie bei der Wobak“, sagt Ortschaftsrätin Brigitte Fuchs. Und Karin Müller ergänzt: „Wir wollten eine aufgelockerte Bebauung in der Ortsmitte.“ Das Wobak-Projekt war seinerzeit schon wegen seiner massiven Bauweise in die Kritik gekommen und musste umgeplant werden. „Und jetzt kommt noch mal so ein Klotz daher“, sagt Müller zum Tectum-Projekt neben dem noch nicht realisierten Wobak-Bau.

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„Da bekommt man ja keine Luft mehr“: Auch viele Bürger können den Plänen nichts abgewinnen

„Ich kenne den Investor“, berichtet Brigitte Fuchs, denn zwischenzeitlich arbeite der Ortschaftsrat mit Hochdruck daran, ins Gespräch zu kommen. Was Fuchs ärgert, ist, „dass er nicht zuerst auf uns, sondern gleich auf das Baurechtsamt zugegangen ist“.

Noch mehr ärgert sie, dass das Studentenwohnheim ebenso massiv geplant sei wie der Wobak-Bau: „In unserer sensiblen Ortsmitte eine solche Massivität der beiden Baukörper: Das gibt einen Schluchtencharakter! Dagegen müssen wir etwas tun!“ Darüber hinaus merkt sie an, gehe es dem Investor lediglich darum, „das Meistmögliche an Wohnfläche und Preis herauszuholen“.

Als Problem gilt auch das Parken. „Drei PKW-Stellplätze und nur 30 Stellplätze für Fahrräder. Das ist utopisch“, sagt Ortschaftsrat Klaus Hauser. Mit Blick auf die Busverbindung und deren Taktung fügt er an: „Das lockt keinen Studi hinterm Ofen vor.“ Mit ihren Kritikpunkten geben die Ortschaftsräte die Meinung vieler Litzelstetter Bürger wieder.

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Bürgerin Monika Kirchgässner beispielsweise bemerkt, sie hätte sich ein „normales Haus und nicht gleich 39 Wohneinheiten auf kleinem Platz“ gewünscht“, und meint: „Da bekommt man ja keine Luft mehr.“ Für Helmut Knöbel ist klar: „Es ist eine Kapitalanlage.“ Er gibt zudem bezüglich einer sozialen Verträglichkeit zu bedenken: „Studentenwohnheim neben betreutem Wohnen. Es ist zu überlegen, ob das passt.“

„Um der Stadt Konstanz zu helfen“: Tectum-Vertreter bezieht Stellung

Der SÜDKURIER bemühte sich um einen Interviewtermin mit Grundstückeigentümer Robert Hallmann und Tectum. Nach der Absage des ersten anberaumten Gesprächstermins wurde auch der zweite kurzfristig abgesagt. Fragen wurden alsdann per Mail versandt und die Antworten von Thomas Kuschel, Managing-Partner der Werbeagentur Hoffmann, gemailt.

Gemäß Homepage-Impressum von Tectum Real Estate ist Thomas Kuschel Geschäftsführer der Tectum Real Property GmbH Deutschland. Auf die Frage, warum ein Studentenwohnheim mit 39 Appartements statt eines Mehrfamilienhauses vorgesehen sei, lautet seine Antwort: „Um der Stadt Konstanz zu helfen und den Studenten ein modernes Angebot für bezahlbaren Wohnraum zu machen, die das in Konstanz dringend benötigen.“

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Bezüglich der PKW-Stellplatzproblematik heißt es: „Eine Tiefgarage ist aktuell geplant und wird in Abstimmung mit dem Nachbarn durch den Architekten erarbeitet.“ Gespräche gebe es, bestätigte Wobak-Geschäftsführer Jens-Uwe Götsch auf SÜDKURIER-Nachfrage.

Ob es Überlegungen einer Umplanung und einer anderen Art der Nutzung gebe? „Nein, es orientiert sich am Wettbewerbsergebnis und in Abstimmung mit den Nachbarn“, so Kuschel. „Es wird ein wunderschönes und nachhaltiges Bauvorhaben mit Vorbildcharakter für die gesamte Region, da es in Holzbauweise errichtet wird.“

Auf die Nachfrage, um was für einen Wettbewerb es sich gehandelt habe, wird auf den Wettbewerb zum Wobak-Projekt „Ortsmitte“ verwiesen. „Die Ortsmitte wird in Litzelstetten neu erschlossen, das beinhaltet auch unsere Baumaßnahme“, schreibt Kuschel.

Das sagt die Konstanzer Stadtverwaltung zum Bauvorhaben

Und inwieweit würden Wünsche des Ortschaftsrates berücksichtigt? „So weit dies machbar und wirtschaftlich vertretbar ist“, so Kuschel. „Gegen Studenten hat es seitens des Ortschaftsrates keine Einwände gegeben.“ Der Bauantrag sei eingereicht.

Und: „Baubeginn im Frühjahr 2022, Fertigstellung im Sommer/Herbst 2022.“ Der Ortschaftsrat will sein Möglichstes tun, „dass das Bauvorhaben überarbeitet wird“, so Ortschaftsrätin Karin Müller, die im Namen des gesamten Ortschaftsrates sagt: „So geht es nicht!“