Es kommt nicht alle Tage vor, dass die Linke Liste Konstanz (LLK) mit ihren gerade mal drei Stadträten den Rest des Gemeinderats hinter sich weiß. Bei den Kita-Gebühren jedoch dürfte fraktionsübergreifende Genugtuung darüber herrschen, wie Simon Pschorr für klare Kante sorgt.

Höchst unsozial sei das, was da von den Familien gefordert werde, erklärt der LLK-Stadtrat im zuständigen Ausschuss. Und schimpfend ergänzt er: „Die Gebühr kommt faktisch einer Diskriminierung von Frauen gleich, weil es zumeist sie sind, die im Zweifel auf ihren Beruf verzichten und zuhause bleiben.“

Simon Pschorr, Linke Liste Konstanz: „Die Gebühr kommt faktisch einer Diskriminierung von Frauen gleich.“
Simon Pschorr, Linke Liste Konstanz: „Die Gebühr kommt faktisch einer Diskriminierung von Frauen gleich.“ | Bild: Daniel Schroeder | SK-Archiv

Streng genommen handelt es sich dabei um einen alten Hut, die von der Stadtverwaltung vorgeschlagenen und so gut wie beschlossenen Erhöhungen der Kita-Gebühren aber rückte die Ungleichbehandlung ins Bewusstsein. Zwar kommen die Konstanzer Familien selbst bei der geplanten Gebührenerhöhung im kommunalen Vergleich immer noch gut weg, allerdings ist dies nur die halbe Wahrheit. Denn in Berlin beispielsweise sind die Kitas gebührenfrei, ebenso wie etwa in Mecklenburg-Vorpommern.

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Gebühren: Mal mehr, mal weniger, mal gar nichts

Genau betrachtet macht jedes Land, was es will. Neben den beiden erwähnten Beispielen der kompletten Gebührenfreiheit existieren Modelle, bei denen für die Familien Kostenbeteiligungen in Abhängigkeit zum Alter der Kinder und/oder der täglichen Betreuungszeit berechnet werden.

In Baden-Württemberg wird die Kita-Finanzierung hauptsächlich von den Kommunen und dem Land gewährleistet, ein vernachlässigbarer Anteil kommt vom Bund. Den Städten und Gemeinden obliegt es dabei im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung, ob und in welchem Umfang sie von den Familien einen Beitrag abverlangen. Die Folge: Es gibt landesweit einen Flickenteppich, der von Gebührenfreiheit bis hin zu einer Kostenbeteiligung von 600 Euro reicht.

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Die Unübersichtlichkeit wird noch dadurch erhöht, dass es viele freie Träger wie etwa die Kirchen gibt. Ohne sie könnte das System der Kinderbetreuung nicht aufrecht erhalten werden, allerdings halten sie regelmäßig die Hand auf. Die Kommunen haben dabei so gut wie keine Chance der Zuschussverweigerung, da die freien Träger in aller Regel über eine alternative Infrastruktur verfügen und auf der Basis ihrer Wohlfahrtsausrichtung oft kostengünstiger arbeiten können.

„Bildungseinrichtungen sollten gebührenfrei sein“

Wie für seinen Ausschusskollegen Simon Pschorr ist auch für Till Seiler von der Freien Günen Liste (FGL) das alles kein Zustand. Die Kitas sind für ihn Bildungseinrichtungen, die hierzulande gebührenfrei nutzbar sein sollten. Das zu regeln aber sei Sache der Bundes- und Landespolitik, worin er sich mit Jan Welsch (SPD) und Heinrich Everke (FDP) einig weiß.

Till Seiler, FGL: „Bildungseinrichtungen sollten gebührenfrei sein. Aber das ist eine Grundsatzfrage, die das Land und der Bund ...
Till Seiler, FGL: „Bildungseinrichtungen sollten gebührenfrei sein. Aber das ist eine Grundsatzfrage, die das Land und der Bund klären müssen.“ | Bild: DELIGHT RENTAL SERVICES GmbH | SK-Archiv

Dass auf der untersten politischen Ebene das ausgebadet werden muss, was die Politik in Berlin und Stuttgart nicht auf die Reihe bekommt, wollte Roger Tscheulin (CDU) so allerdings nicht stehen lassen. Seit Jahren gehe im Bereich der Kita-Finanzierung nichts vorwärts, und statt zu klagen sollte Till Seiler sich diesbezüglich lieber an seine regierenden Parteileute in Stuttgart wenden.

Roger Tscheulin, CDU: „Seit Jahren geht im Bereich der Kita-Finanzierung nichts vorwärts. Statt hier zu klagen, sollte Till Seiler ...
Roger Tscheulin, CDU: „Seit Jahren geht im Bereich der Kita-Finanzierung nichts vorwärts. Statt hier zu klagen, sollte Till Seiler sich lieber mal an seine regierenden Parteileute in Stuttgart wenden.“ | Bild: Nikolaj Schutzbach | SK-Archiv

Seinen Seitenhieb kombinierte der CDU-Stadtrats mit dem Antrag einer im Vergleich zum Verwaltungsvorschlag modifizierten Anhebung der Gebühren, für den es im Ausschuss eine Mehrheit gab.

Andreas Osner, als Bürgermeister für Soziales, Kultur und Sport für die Kita-Organisation zuständig, hat übrigens seinen ganz eigenen Blick auf die Auseinandersetzung zum Gerangel über die Verantwortung zwischen Bund, Land und Kommunen.

Andreas Osner, Sozialbürgermeister, kommentiert die Kita-Gebührenfreiheit in der Bundeshauptstadt so: „Deshalb läuft‘s bei ...
Andreas Osner, Sozialbürgermeister, kommentiert die Kita-Gebührenfreiheit in der Bundeshauptstadt so: „Deshalb läuft‘s bei denen in Berlin ja auch so gut.“ | Bild: Daniel Schroeder

„Es gibt keine Gerechtigkeit, sonst würden wir alle im Himmelreich leben“, meinte er zu unterschiedlichen Handhabungen der Kita-Finanzierung. Und für das angebliche Glück der Beitragsfreiheit in der Bundeshauptstadt hatte er nur Sarkasmus übrig: „Deshalb läuft‘s bei denen in Berlin ja auch so gut.“

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