Der Duft von Cannabis liegt in der Luft, im Herosé-Park wabern Rauchschwaden und an einer Ecke in der Altstadt ist kein Café mehr, sondern eine Fachgeschäft für Marihuana. Klingt erst einmal nach blanker Fantasie – zumindest teilweise. Allerdings könnte diese schon bald Wirklichkeit werden. Zumindest, wenn es nach dem Willen des Jungen Forums Konstanz (JFK) geht.
Denn die Fraktion hat einen Antrag gestellt, dass sich „Konstanz als Modellkommune für die kontrollierte und lizenzierte Abgabe von Cannabis bewerben soll“. Doch warum wird dieser Antrag gestellt? Wie die Verantwortlichen vom JFK angeben, hat das gleich mehrere Beweggründe. Für einen Denkanstoß ist sogar der SÜDKURIER verantwortlich.
Kontrollierte Abgabe an Volljährige
„Die wirklich sehr gute SÜDKURIER-Serie zum Thema Sucht zeigt anschaulich, dass Drogen auch im beschaulichen Konstanz Realität sind und es bringt nichts davor die Augen zu schließen“, teilt Juri Buchmüller, erster Vorsitzender des JFK, auf Nachfrage mit. „Die SK-Serie macht auch deutlich, welche Gefahren vom Schwarzmarkt ausgehen, wo häufig hochgezüchtetes oder mit Chemikalien gestrecktes Cannabis angeboten wird.“

Die Verantwortlichen vom JFK seien der Meinung, dass eine kontrollierte Abgabe an Volljährige, begleitet von strengen Alterskontrollen und medizinisch-psychologischer Beratung stattdessen ein vernünftiger Weg sei. „Die Legalisierung ist kein Plan mehr, sondern bereits beschlossen und es geht jetzt vor allem um das wann und wie“, so Buchmüller.
Damit müsse man einen geeigneten Umgang finden, bevor es zu einem Problem werde. Denn eines sei klar: Die Legalisierung könnte große Veränderungen in verschiedenen Bereichen zur Folge haben. Und da sei es wichtig, mitzugestalten, meinen die Mitglieder des JFK.
Bisher erkenne noch niemand so richtig, welche Veränderungen dadurch auf die Stadt zukommen, insbesondere, „wenn wir planlos in die Legalisierung gehen würden“. Konstanz sei allein schon durch die Nähe zur Schweiz in einer speziellen Situation. Werde die Stadt zur Modellregion könnten so grenzüberschreitende Effekte beobachtet werden.
Die geplante Legalisierung fußt seitens des Bundes auf zwei Säulen:
- Zum einen auf sogenannten Cannabis-Clubs, also Vereinen zum gemeinschaftlichen Anbau von Marihuana, die nicht gewinnorientiert handeln. Im gleichen Zug wird Volljährigen der private Anbau und Besitz von Kleinstmengen erlaubt.
- Zum anderen sieht die „Legalisierung light“ im ersten Schritt regional begrenzte Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten vor. Dabei dürfen Unternehmen in lizenzierten Fachgeschäften über einen Zeitraum von fünf Jahren Cannabis an registrierte Erwachsene verkaufen.
So würde ein entsprechendes Modell auch in Konstanz aussehen. Das Modell wird dabei wissenschaftlich begleitet und erstreckt sich auf verschiedene Kreise und Städte im Bundesgebiet. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den Projekten werden der EU-Kommission zur Verfügung gestellt.
Zwar sei sich das JFK auch im Klaren, dass es auch Gefahren biete, sollte Cannabis einfach so legal erwerbbar sein. Dennoch halte man die Entkriminalisierung von Cannabis in Deutschland für richtig. Es gebe zahlreiche wissenschaftliche Studien, unter anderem aus den USA, Portugal und der Schweiz, die zeigen würden, dass viele der Befürchtungen unbegründet seien.
„Nehmen wir die Schweiz, dort gibt es seit vielen Jahren einen liberalen Umgang mit Cannabis, der stark auf Eigenverantwortung setzt und trotzdem ist die Schweiz ein sehr effizientes Land mit vielen hochtalentierten und intelligenten Menschen“, so der erste Vorsitzende gegenüber dem SÜDKURIER.
Entscheidung nach der Sommerpause
Ob der Antrag überhaupt Erfolg hat, wird sich erst in den Ausschüssen nach der Sommerpause zeigen. Dann soll das Thema dort behandelt werden. Das JFK meint, dass die dortige Debatte „ideologiefrei und unvorbelastet geführt werden muss“. Unter anderem deshalb habe man darauf verzichtet, für den Antrag politische Partner zu suchen, die diesen mitverantworten, so Buchmüller.
Was die Verwaltung derweil von dem Vorstoß hält, bleibt zunächst offen. Es handele sich derzeit um einen Fraktionsantrag, teilt Anja Fuchs vom Pressereferat der Stadt Konstanz auf Nachfrage lediglich mit. „Dieser wird nach derzeitigem Stand im September im Gemeinderat diskutiert, dann wird darüber entschieden werden“, so die Pressesprecherin. Ob in Konstanz also bereits bald ganz legal gekifft und Cannabis erworben werden darf, bleibt also bis zum Herbst noch offen.