Bei seiner Arbeit im Lager spotteten Kollegen über ihn, das habe er am Tonfall erkannt. Er habe aber nicht verstanden, was sie sagten, berichtet Mohamad Daher aus Syrien. Er sei „sauer“ geworden, sagt der heute 30-Jährige. Er fasste den Beschluss, Deutsch zu lernen, auch wenn der Weg zur neuen Sprache voller Hürden war.
Heute, fünf Jahre nach seiner Ankunft in Deutschland, studiert der Mann Informatik an der Konstanzer HTWG, und er setzt sich bei der Organisation „Save me“ dafür ein, dass andere Flüchtlinge ihren Weg machen.
Vom Krieg vertrieben
„Mir haben andere so viel geholfen. Ich musste etwas machen“, sagt Mohamad Daher. Er liest nun beispielsweise Kindern in den Unterkünften für Flüchtlinge Geschichten vor. Der Krieg, so sagt der 30-Jährige, habe ihn gezwungen seine Heimat zu verlassen. „Ich war zufrieden. Ich konnte als Buchhalter arbeiten.“ Dann aber sei der Moment gekommen, in dem ihm der Gang zum Militär drohte. „Einer sitzt seit 2012 im Gefängnis, weil er sich geweigert hat, zu schießen.“
So ein Schicksal wollte er vermeiden. Mohamad Daher verließ Syrien. Er habe aber keine Vorstellungen von Deutschland gehabt, sagt der Syrer. Sein einziger Bezug: „Ein Kumpel von mir war da.“ Sein erstes Jahr in Deutschland habe er vor allem mit Akten der Bürokratie verbracht, erinnert er sich. Damals habe er noch keinen geförderten Sprachkurs besuchen dürfen. Dies sei erst Anfang 2017 möglich gewesen.
Mohamad Daher lernte fleißig, auch wenn dies in der lauten Vierer-WG, damals noch in Heilbronn, schwer war. „Da war viel Besuch“, sagte er. Er sei in die Stadtbibliothek gegangen, um in Ruhe pauken zu können. Fünf Stunden dort seien effektiver gewesen als ein ganzer Tag in seiner lärmigen WG. Auf dem Abendgymnasium habe er schließlich das Abitur nachgeholt und sein Deutsch weiter verbessert.
Studium der Informatik
Anfangs habe er gedacht, dass er wie in seiner Heimat Wirtschaft studiere, doch dann habe er sich für Informatik entschieden. Er habe sich an mehreren Hochschulen beworben, und von allen eine Zusage bekommen. Letztlich habe er Konstanz als Studienort gewählt, weil ihm die Stadt ruhig erschien. In Heilbronn, so sagt Mohamad Daher, hätte er nicht studieren können. Die vielen arbeitenden Menschen, die er dort kannte, hätten ihn abgelenkt. In Konstanz kenne er zwar auch viele Leute, doch das seien auch Studierende, und die hätten Verständnis, wenn er sage, dass er nun lernen müsse.
Mohamad Daher lebte vor seiner Flucht in Damaskus. Seit er gegangen sei, habe sich in der Stadt vieles verändert. Die Rechtlosigkeit greife um sich und mafiöse Gruppen hätten das Sagen. Für den Mann, der am Wochenende bei einer Sicherheitsfirma arbeitet, ist klar, dass er nicht ewig in Deutschland bleiben will: „Ich muss wieder zurück. Aber im Moment geht es nicht, weil mein Leben in Gefahr ist.“