Nein, es geht nicht darum, ob man sich im Rathaus bald sein Tütchen abholen und dann auf der Markstätte gemütlich Cannabis rauchen kann. Niemand hatte die Idee, dass Stadt Konstanz zum Drogendealer werden soll, und niemand will ein Kiffer-Paradies aus ihr machen.
Aber allein die Frage, ob Konstanz eine Cannabis-Modellstadt werden könnte, ließ die Wogen kurzzeitig hochgehen in der Stadtpolitik. Das Junge Forum hatte, nicht einmal ein Jahr vor den nächsten Gemeinderatswahlen, genau das vorgeschlagen. Besonders weit gekommen ist es mit dem Vorschlag nicht.
Der Hintergrund ist dabei durchaus ernst zu nehmen. Cannabis soll bekanntlich legalisiert werden, und auch wenn das Vorhaben nach Aussagen mehrere Fachleute im politischen und gesetzgeberischen Verfahren stockt, stellt sich auch für Konstanz die Frage, wie es die Stadt mit der Hanf-Droge halten will. Darin herrscht in der Politik sogar so etwas wie Einigkeit. Doch sich nun gleich als Modellstadt zu bewerben, ist aus Sicht der Verwaltung nicht sinnvoll – schon weil viele Rahmenbedingungen gar nicht klar sind.
Einer, der sich mit dem Thema gut auskennt, ist Daniel Hölzle. Als Apotheker hat er seit langem mit Cannabis zu tun, denn er gibt innerhalb der sehr strengen Regelungen und auf entsprechende Verordnung entsprechende Produkte an Patienten aus. Damit war er auch unter seinen Kollegen ein Pionier im Kreis Konstanz. Aus dieser langen Erfahrung heraus sagt er, ausdrücklich auf Erwachsene bezogen: „Ich habe überhaupt keine Probleme mit einer Legalisierung von Cannabis, wenn man auf die gesundheitlichen Aspekte achtet“ – und dennoch ist er gegen eine Modellregion Konstanz. Warum?
Die von der Regierung geplante, so genannte zweite Säule (siehe Info-Element), in der Cannabis kommerziell abgegeben wird und für die ein Modellversuch in Frage käme, werde überschätzt, so Hölzle. Er erwartet, dass weitaus das meiste legale Cannabis über die erste Säule konsumiert wird, also in streng regulierten und überwachten Konsumenten-Clubs. Die Droge sei in der zweiten Säule schlicht zu teuer, erklärt er. Zugleich wirft er aber auch die grundsätzliche Frage auf, ob solche Vertriebskanäle direkt an der Schweizer Grenze wirklich sinnvoll sind.
Stadtverwaltung: Bei diesem Thema haben wir nicht die nötigen Kompetenzen
Die Stadtverwaltung wiederum betont, sie habe nicht die für ein solches Modellprojekt nötige Fachkenntnis – und auch keine Ressourcen, um ein derart neues Thema zu bearbeiten. Sozialbürgermeister Andreas Osner erklärte dazu im Gemeinderat, ohne verlässliche Grundlagen sehe sich die Verwaltung außer Stande, aktiv zu werden, zumal es dafür auch ein umfassendes Gesundheits- und Sicherheitskonzept brauche. Wer hier einsteige, handele „unter ungewissen Rahmenbedingungen mit einem ungewissen Nutzen“.
Matthias Schäfer vom Jungen Forum findet, dass die Stadt sich dennoch mit dem Thema auseinandersetzen müsse. Seine Fraktion hatte den Vorstoß für eine Modellregion unter anderem so begründet: Cannabis gebe es „de facto auf jedem Pausenhof diesen Landes, auch in Konstanz. Wer das nicht wahrhaben will, soll mal Kinder oder Bekannte im Teenager-Alter fragen, wie einfach es ist, in Konstanz an Cannabis zu kommen.“

Ein blühender Schwarzmarkt sei jedoch „so ziemlich das schlechteste Szenario, das man sich wünschen kann: Keine Alterskontrolle, keine Beratungsangebote, dazu Risiken von Verunreinigungen und immer potentere Züchtungen, mit denen die Drogenmafia ihren Gewinn maximiert.“
Mit dieser Haltung findet das Junge Forum im Moment allerdings keine politische Mehrheit: Jan Welsch, SPD-Stadtrat, spricht von einer Diskussion „zur Unzeit“, wo noch nicht einmal ein Gesetzentwurf vorliege, wie die Freigabe denn nun geregelt werden soll. Ähnlich sieht es auch Simon Pschorr von der Linken Liste, der das Thema aber durchaus auch kommunalpolitisch weiterverfolgen will.
Till Seiler von der Freien Grünen Liste lehnt eine Initiative ebenfalls nicht grundsätzlich ab. Ganz anders dagegen Manfred Hölzl von der CDU, der sich auch im Präventionsrat der Stadt engagiert. Konstanz habe, sagt er auch ausdrücklich vor dem Hintergrund dieses Ehrenamts, andere Probleme: „Wir haben keine Ressourcen, keine Mitarbeiter und auch kein Geld, hier modellhaft Tüten zu rauchen“.
Den Joint aus dem Konstanzer Modellprojekt wird es also so schnell nicht geben – selbst unter der Bedingung, dass der Bund alle entstehenden Kosten trägt, steht die Stadt für einen solchen Feldversuch bis auf weiteres nicht bereit. Im Gemeinderat gab es dazu nur neun Ja-Stimmen bei 23 Nein-Stimmen und drei Enthaltungen. Was aber, das war wohl allen im Ratssaal schon auch klar, nicht heißt, dass in Konstanz deshalb nun kein oder weniger Cannabis konsumiert würde.