Als es dem Allgemeinmediziner Robert Hayes im Frühling mit dem Impfen zu lange dauerte, versuchte er, im Bodenseeforum Impfaktionen durchzuführen. Da ihm aber die Stadt in seinen Augen bürokratische Steine in den Weg legte, entschloss er sich, zusammen mit seinem Team eigene Wege zu gehen. Sie mieteten die Halle des Musikvereins Eintracht Petershausen, bauten dort die Infrastruktur auf, organisierten Impfstoff – und legten los.

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„Mittlerweile haben wir rund 5000 Impfungen durchgeführt“, sagt er. Und nun, da die Zahl der Corona-Infizierten erneut nach oben schnellt, zeigt er wieder den für sein Heimatland USA so typischen Pragmatismus. Er macht einfach.

„Innerhalb von wenigen Stunden waren die ersten beiden Tage komplett ausgebucht“, sagt Praxismitarbeiterin Patricia Mayr. „Wir schaffen rund 20 Impfungen pro Stunde. Auch für kommende Woche gehen die Termine schnell weg.“ Unter www.praxis-hayes.de kann man nach freien Terminen suchen. „So wie es aussieht, werden wir unsere Kapazitäten weiter hochfahren, also zu den Freitag- und Donnerstag- auch noch die Mittwochvormittage hinzunehmen.“ Zudem ist für 27. November eine Aktion geplant.

Robert Hayes und Patricia Mayr in ihrem Impfzentrum in der Friedrichstraße.
Robert Hayes und Patricia Mayr in ihrem Impfzentrum in der Friedrichstraße. | Bild: Oliver Hanser

„Das Problem ist, dass uns der Musikverein die Halle nicht immer zur Verfügung stellen kann“, so Robert Hayes. Für die freundliche Überlassung zahlt er übrigens eine kleine Aufwandsentschädigung. „Das ist nach wie vor ein mühsames Geschäft, da wir ja nur 20 Euro pro Patient erhalten und die gesamte Infrastruktur sowie die Personalkosten zu stemmen haben.“

Hayes: „Diese bitterböse Unzufriedenheit bereitet mir Sorgen“

Auch Erst- und Zweitimpfungen führt die Praxis in der Impfstelle nach wie vor durch. „80 Prozent sind Booster, also Drittimpfungen“, erklärt Robert Hayes. Der Rest verteilt sich auf Erst- und Zweitimpfungen. Er stellt zufrieden fest: „Es kommen also wieder vermehrt Menschen, die sich doch dafür entschieden haben. Verständlich, wenn man sieht, dass die Infektionszahlen dramatisch ansteigen.“

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Deshalb zeigt er auch wenig Verständnis für Impfverweigerer. „Ich sehe überwiegend Rücksichtnahme auf die Minderheit der Ungeimpften“, sagt er. „Aber was ist mit der Verantwortung gegenüber der Gesellschaft? Ich vermisse dieses Füreinanderdasein und sehe leider einen Hang zum Egoismus.“ Er verstehe Menschen, die wegen der Pandemie genervt sind, „aber diese bitterböse Unzufriedenheit bereitet mir Sorgen“.

Er führt dies zurück auf den Wegfall gewohnter Strukturen im Leben während des Lockdowns: „Plötzlich war die Sicherheit weg, die den Menschen Halt gab.“ Mit seiner Impfaktion möchte er den Menschen die Rückkehr zur Normalität in absehbarer Zeit ermöglichen. „Wieso können wir es in Deutschland nicht so machen wie in Österreich: 2G für alle öffentlichen Angebote einführen und basta!“ Eine Pandemie sei nun mal keine Privatsache.

Robert Hayes und Patricia Mayr vor ihrem Impfzentrum in der Friedrichstraße direkt neben den Maltesern. Während der Impfpause im Sommer ...
Robert Hayes und Patricia Mayr vor ihrem Impfzentrum in der Friedrichstraße direkt neben den Maltesern. Während der Impfpause im Sommer wurde ein großes Banner vor dem Gebäude gestohlen. Hier halten sie eine Beachflag, die auf die Impfstelle hinweist. | Bild: Oliver Hanser

Er wünsche keinem Menschen, sich mit Corona zu infizieren oder gar daran zu sterben, „doch durch das zögerliche Verhalten unserer Politiker laufen wir blind in die nächste Katastrophe hinein“. Für ihn steht fest: Ein Land wie Deutschland, mit einer so guten medizinischen Versorgung, habe einfach zu viele Infizierte und Tote, „das müsste nicht sein, wenn unsere Politiker endlich konsequent handeln und nicht immer so hin und her entscheiden würden. Das ist unter Umständen auch ein Problem des Föderalismus“.

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Robert Hayes und seine Mitarbeiter werden in den kommenden Wochen Drittimpfungen für jeden Interessenten anbieten. „Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat sich für Auffrischungsimpfungen gegen das Coronavirus für alle ab 18 Jahren sechs Monate nach der zweiten Impfung ausgesprochen“, erklärt er, „und daran halte ich mich“.

Die Ständige Impfkommission empfiehlt aktuell noch, nur Senioren und Mitarbeiter von Praxen, Pflegeeinrichtungen und Kliniken zu impfen. Doch diese Empfehlung wird angesichts steigender Infektionszahlen nach Ansicht des Allgemeinmediziners bald hinfällig werden. Daher hat er vorsorglich 1000 Dosen Biontec und 200 Dosen Moderna bestellt.

Robert Hayes und sein Praxis-Team. Ein gutes Beispiel für unbürokratischen Pragmatismus und den Willen, schnell etwas zu verändern, wenn man es denn möchte.