Über die künftige Ausrichtung des großen Traditionsfestes, das auch Geld in die Kassen von Konstanz spült, wird immer wieder kontrovers debattiert. Jetzt hätte der Gemeinderat über die Vergabekriterien und damit über die künftige Ausrichtung der Veranstaltung befinden sollen. Doch die Entscheidung wurde vertagt. Ein wesentlicher Kernpunkt ist die Frage: Soll das Fest kleiner werden? Auch hinter dem Feuerwerk – die einzige Gemeinsamkeit mit dem gleichzeitig stattfindenden Kreuzlinger Seenachtfest-Pendant Fantastical – steht ein Fragezeichen.

Doch ein Umstand ist bemerkenswert: Das Konstanzer Stadtoberhaupt äußert sich zu der Sache klar und deutlich. Fünfeinhalb Stunden vor der Gemeinderatssitzung am Donnerstag, 20. März, in der nach stundenlanger Haushaltsdebatte die Zukunft des Seenachtfestes nicht öffentlich hätte entschieden werden sollen, verschickt das städtische Presseamt ein Statement von Oberbürgermeister Uli Burchardt.

Der OB will es kleiner und regionaler

Hierin äußert er sich klar zu seiner Position: „Meine Haltung zum Seenachtfest ist bekannt: Ich empfehle meiner Stadt Konstanz, das Fest zu verkleinern und regionaler auszurichten. Nachhaltigkeit, Sicherheit und die Frage, ob das Seenachtfest noch für die Menschen in Konstanz gemacht ist, spielen eine große Rolle.“

„Meine Haltung zum Seenachtfest ist bekannt: Ich empfehle meiner Stadt Konstanz, das Fest zu verkleinern und regionaler auszurichten“, ...
„Meine Haltung zum Seenachtfest ist bekannt: Ich empfehle meiner Stadt Konstanz, das Fest zu verkleinern und regionaler auszurichten“, so Oberbürgermeister Uli Burchardt. | Bild: Rau, Jörg-Peter | SK-Archiv

Er führt weiter aus: „Auch der SWR hat informiert, dass er das Seenachtfest künftig nicht mehr übertragen wird. Das ist ein deutliches Zeichen. Jetzt braucht es ein innovatives Konzept, das der heutigen Zeit angemessen ist!“

Bereits am 24. Juni 2024 berichtete der SÜDKURIER, auf was der SWR, der ein Millionendefizit zu verkraften hat, verzichten will und warum: „Wegen Spar- und Kostendrucks streicht der Südwestrundfunk (SWR) in seinem TV-Programm und plant den Verkauf mehrerer Immobilien“. Weiter heißt es dort, auf welche Übertragungen verzichtet werden soll, darunter Rhein in Flammen und das Seenachtfest. Der SWR lege bei den Programmeinsparungen den Fokus auf den Unterhaltungsbereich.

Tauschen sich Konstanz und Kreuzlingen aus?

Zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit schreibt Burchardt: „Konstanz und Kreuzlingen arbeiten eng zusammen – aber beim Seenachtfest und Fantastical haben beide Städte ganz eigene Konzepte.“ Die Veranstaltungen würden sich grundlegend unterscheiden. „Doch auch zu den beiden Festen besteht, wie in vielen Themen, seit Jahren ein guter, kollegialer Austausch“, so der OB.

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Über den letzten Satz stolpert Markus Baiker, Präsident des Organisations-Komitees Fantastical Kreuzlingen: „Ich wüsste, wenn es so wäre“, sagt er gegenüber dem SÜDKURIER. Bereits im Vorfeld der Gemeinderatssitzung hatte Baiker moniert, dass über die Zukunft des Seenachtfestes keine gemeinsamen Gespräche geführt worden waren. 

Und wie sieht der Austausch zwischen den Stadtoberen aus? „Wir sind laufend im Austausch und der OB hat mich, beziehungsweise uns, auch immer wieder über die weiteren Schritte informiert und wir sind orientiert“, schreibt der Kreuzlinger Stadtpräsident Thomas Niederberger auf SÜDKURIER-Anfrage. „Aber schlussendlich ist es ein Entscheid der Stadt Konstanz, ob und in welcher Form das Seenachtfest in Konstanz in Zukunft stattfinden soll. Das gilt es vonseiten der Stadt Kreuzlingen zu akzeptieren“, so Niederberger.

„Aber schlussendlich ist es ein Entscheid der Stadt Konstanz, ob und in welcher Form das Seenachtfest in Konstanz in Zukunft stattfinden ...
„Aber schlussendlich ist es ein Entscheid der Stadt Konstanz, ob und in welcher Form das Seenachtfest in Konstanz in Zukunft stattfinden soll. Das gilt es vonseiten der Stadt Kreuzlingen zu akzeptieren“, so der Kreuzlinger Stadtpräsident Thomas Niederberger. | Bild: Ralph Ribi | SK-Archiv

Warum wird nicht öffentlich diskutiert?

Letztlich geht es um den künftigen Charakter des etablierten Traditionsfestes als Attraktion für Einheimische und Gäste sowie als Wirtschaftsfaktor. Warum wird dies eigentlich hinter verschlossenen Türen debattiert? Hierzu äußert sich Uli Burchardt in seiner Stellungnahme wie folgt: „Gemeinsam mit dem Gemeinderat sprechen wir aktuell über die Rahmenbedingung der Ausschreibung für den künftigen Veranstalter.“

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Und weiter: „Bis dahin diskutieren wir nicht-öffentlich, so wie es das deutsche Gesetz vorsieht. So haben alle Interessenten die gleiche Chance. Gespräche mit potenziellen Bewerbern – wie Herrn Baiker vom Fantastical, der schon mal Interesse am Konstanzer Fest bekundet hatte – wären klar rechtswidrig.“

Bleiben die Bürger außen vor?

Die reine konzeptionelle Frage könnte öffentlich diskutiert werden. In diesem Falle stelle es sich aber anders dar. Die Pressestelle der Stadt schreibt auf SÜDKURIER-Anfrage: „Die Inhalte der Ausschreibung, die hierbei mitdiskutiert werden, dürfen aus vergaberechtlichen Gründen möglichen Bietern nicht im Vorfeld bekannt gegeben werden.“

Warum gab es zur künftigen Konzeption des Seenachtfestes keine Form der Bürgerbeteiligung? „Es gab eine Befragung vor der letzten Ausschreibung, um ein Stimmungsbild einzuholen. Diese zeigte deutlich: Es gibt für die verschiedenen Varianten gute Argumente und Befürworter. Der Gemeinderat als politische Vertretung der Bürgerschaft lotet nun aus, was das für Konstanz passende Konzept ist“, schreibt die Pressestelle.

Das ist mittlerweile knapp sechs Jahre her. Vom 24. Juli bis 22. August 2019 hat die Stadt Konstanz mit seinen damals 86.332 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2019) eine Online-Befragung durchgeführt. 5830 ausgefüllte Fragebögen wurden zugelassen; 70,54 Prozent hiervon waren Konstanzer. Über die Hälfte gab – laut Abschlussbericht – an, das Seenachtfest 2019 besuchen zu wollen beziehungsweise besucht zu haben. 3.970 Personen sprachen sich für das Feuerwerk aus.

Die Mehrheit will ein Feuerwerk

Die Umfrage von 2019 zeigt eigentlich deutlich, was sich die Besucher – zumindest seinerzeit – gewünscht haben: Feuerwerk. Eine regionalere Ausrichtung hat das Seenachtfest gerade im Bereich des Stadtgartens mit den derzeitigen Veranstaltern von der KLE Seenachtfest GmbH bereits bekommen. Auch die Stadtwerke Konstanz nahmen bereits zuvor auf SÜDKURIER-Nachfrage Stellung: „Wir müssen also davon ausgehen, dass ein Wegfall des Konstanzer Feuerwerks für die BSB einen Umsatzrückgang von nahezu 100.000 Euro nach sich ziehen würde.“

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„Das Konstanzer Seenachtfest ist eine funktionierende Traditionsveranstaltung und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor“, bekräftigt auch die Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK) ebenfalls auf Anfrage. „Das Feuerwerk ist in der aktuellen Ausrichtung eine wesentliche Attraktion des Seenachtfestes, da es in Kooperation mit dem Kreuzlinger Feuerwerk eines der größten Höhenfeuerwerke Europas ist.“ Die Entscheidung über die Zukunft des Seenachtfests bleibt offen, sie wurde auf April verschoben.