140.000 Euro für Werbemaßnahmen, damit Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen mehr für den Klimaschutz tun – dieses Vorhaben der Stadtverwaltung stößt in der Politik auf breiten Widerspruch. Nachdem der SÜDKURIER öffentlich gemacht hat, dass die Verwaltung einen Auftrag in dieser Höhe an einen externen Dienstleister vergeben will und darüber hinaus mit zusätzlichen Kosten für Veranstaltungen oder Werbung rechnet, fordern CDU, SPD, Freie Wähler und FDP einen sofortigen Stopp des Projekts. Sie begründen dies mit dem Sparzwang der Stadt, aber auch damit, dass es nie einen politischen Beschluss über das konkrete Vorhaben gegeben habe. Nach dem Willen der SPD soll nun Oberbürgermeister Uli Burchardt die Vergabe in letzter Minute noch stoppen.

Die Reaktionen sind deutlich. Die Fraktionen von CDU, Freien Wählern und FDP haben sich für eine Erklärung zusammengetan, die in ihrer Deutlichkeit ungewöhnlich ist. Es sei „kaum an der Zeit, sich opulente Marketingprogramme zu können“, wird darin CDU-Fraktionschefin Heike Rawitzer zitiert.

„Es klemmt an allen Ecken und Enden im Haushalt, da ist es kaum an der Zeit, sich opulente Marketingprogramme zu gönnen für ein Thema, ...
„Es klemmt an allen Ecken und Enden im Haushalt, da ist es kaum an der Zeit, sich opulente Marketingprogramme zu gönnen für ein Thema, das in der Bevölkerung im Grundsatz längst angekommen ist“, erklärt Heike Rawitzer, Vorsitzende der CDU-Fraktion. | Bild: CDU

Susanne Heiß von den Freien Wählern moniert demnach, es sei „mit dem teuren Marketing noch kein einziges CO₂-Molekül eingespart“.

„Mit dem teuren Marketing ist noch kein einziges CO?-Molekül eingespart, sprich: Es handelt sich angesichts der grundlegenden Zustimmung ...
„Mit dem teuren Marketing ist noch kein einziges CO?-Molekül eingespart, sprich: Es handelt sich angesichts der grundlegenden Zustimmung zu Klimaschutz um symbolische Politik“, meint Susanne Heiß, Stadträtin der Freien Wähler Konstanz. | Bild: wiens design/FWK

Und Achim Schächtle von der FDP erklärt: „Jetzt haben sich die Zeiten geändert, die Stadt steht vor einem riesigen Schuldenberg“ – schon deshalb müsse man sich den Bedarf einstmals beschlossener Projekte nochmals genauer ansehen.

„Es haben sich auch die Zeiten geändert. Jetzt steht die Stadt vor einem riesigen Schuldenberg und muss den Bedarf einstmals ...
„Es haben sich auch die Zeiten geändert. Jetzt steht die Stadt vor einem riesigen Schuldenberg und muss den Bedarf einstmals beschlossener Projekte eben nochmal genauer anschauen“, so Achim Schächtle, Stadtrat der FDP. | Bild: Philipp Uricher

Wobei genau die Frage umstritten ist, ob es diesen Beschluss überhaupt gibt. Die Pressestelle der Stadt hatte dazu dem SÜDKURIER wörtlich erklärt: „Die erforderlichen Mittel speisen sich aus dem jährlichen, für Maßnahme K2 zur Verfügung stehenden Budget. Dieses wurde im Rahmen des Haushaltsprozesses durch den Gemeinderat freigegeben.“

Mit Maßnahme K2 ist der Bereich Kommunikation in dem vom Rat 2021 beschlossenen Klimaschutzkonzept gemeint. Genau diese Begründung halten CDU, Freie Wähler und FDP für „höchst problematisch“, weil so „scheibchenweise immer neue Kosten im Selbstbedienungsmodus“ produziert würden.

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Die SPD geht noch einen Schritt weiter und wirft der Verwaltung vor, falsch informiert zu haben. Stadtrat Jan Welsch erklärt dazu, die SPD habe im Rahmen der Haushaltsberatungen beauftragt, genau die Haushaltsstelle für die Klimaschutz-Kommunikation von 214.000 Euro auf 50.000 Euro zu reduzieren. Die Verwaltung habe daraufhin eine Kürzung zugesagt. Das schreiben die Fraktionschefs Jürgen Ruff und Stadtrat Jan Welsch.

„Wir haben schon in den Haushaltsberatungen deutlich gemacht, dass teure PR-Maßnahmen ohne nachgewiesene Wirkung keine Priorität haben ...
„Wir haben schon in den Haushaltsberatungen deutlich gemacht, dass teure PR-Maßnahmen ohne nachgewiesene Wirkung keine Priorität haben dürfen. Gerade in der aktuellen Finanzlage muss jeder Euro messbar wirken. Das ist hier nicht erkennbar“, so Jürgen Ruff, Vorsitzender der SPD-Fraktion. | Bild: Fiona Mentzel

Auch die drei bürgerlichen Fraktionen gehen genau auf diesen Punkt ein. Noch in der jüngsten Sitzung des Haupt-, Finanz- und Klimaausschusses „kam es zu einer Zusicherung, aufgrund der aktuellen Haushaltslage zunächst keine weiteren finanziellen Verpflichtungen einzugehen“. Ob das Vergabeverfahren für die Klimakommunikation davon betroffen ist, dürfte noch ein Streitpunkt werden: Laut Pressestelle der Stadt wurde es schon „im Jahr 2024 gestartet und nach beschlossenem Haushalt rechtskonform auf den Weg gebracht.“

In einem Eilantrag fordern CDU, Freie Wähler und FDP nun nicht nur ein Einfrieren von laufenden Marketingausgaben und eine Rücknahme der laufenden Ausschreibung, sondern auch eine vollständige Übersicht, wo die Stadt wie viel Geld für Marketing ausgibt. In der Begründung dafür heißt es unter anderem: „Eine operative Umsetzung mit einem Volumen von 140.000 Euro wurde nie politisch explizit gebilligt“.

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„Es zeugt von einer fehlenden Sparkultur“

Insbesondere die folgenden Punkte lassen aufmerken: Die Summe jetzt auszugeben, sei nicht nur gegenüber Bürgerinnen und Bürger schwer vermittelbar, sondern, so wörtlich, „belastet das Vertrauensverhältnis zwischen Gemeinderat und Verwaltung, da politische Leitplanken und Zusagen missachtet werden“. Und: „Es zeugt von einer fehlenden Sparkultur.“

Die SPD spricht von „teurer PR ohne Wirkungskontrolle“ und fordert nun, dass Oberbürgermeister Uli Burchardt die Vergabeentscheidung dem Gemeinderat vorlegt, obwohl er aufgrund der Wertgrenzen dazu nicht verpflichtet wäre. In der anstehenden Debatte will die Fraktion auch nochmals ihre Forderung einbringen, dass bisherige Werbemaßnahmen erst einmal auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden müssten, bevor die Stadtverwaltung neue Kampagnen startet. Für den Moment hält sie laut einer Mitteilung „eine derartige Ausgabe völlig unangebracht“.

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Kann die Stadt die Ausschreibung überhaupt stoppen?

Ob und wann sich der Gemeinderat oder einer seiner Ausschüsse mit dem Thema beschäftigen wird, steht noch nicht fest. Ebenso ist unklar, ob sich die Ausschreibung überhaupt noch stoppen ließe, selbst wenn mit CDU, SPD, Freien Wählern und FDP mit zusammen 23 von 40 Stimmen eine Mehrheit dafür zusammenbekämen. Denn hat eine Kommune einmal eine Ausschreibung gestartet, kann sie schadenersatzpflichtig werden, wenn sie den Auftrag nicht auch tatsächlich vergibt.