Ruth Bader ließ sich nichts anmerken. Doch was sie in der Sitzung des für sie zuständigen Gemeinderatsausschusses zu hören bekam, muss in ihren Ohren wie Musik geklungen haben. Die Geschäftsführerin des Bodenseeforums wurde mit Lob überschüttet und mit ihr das 19-köpfige Team. Selbst Simon Pschorr von der Linken Liste Konstanz (LLK), die wegen des hohen Zuschussbedarfs der Abwicklung des Hauses das Wort redet, stellte klar, dass die Leistung des Personals über jeden Zweifel erhaben sei. Deshalb müssen sich aus seiner Sicht die Mitarbeiter um ihre Arbeitsplätze keine Sorgen machen. „Es gibt genügend unbesetzte Stellen bei der Stadt“, stellte er klar.
Warum die Pandemie beim Bodenseeforum ins Konzept passt
Doch gerade weil das hohe Lied auf das Personal gleich einem Kanon aus jeder politischen Ecke wieder und wieder angestimmt wurde, hatte das Ganze etwas vom Pfeifen im Walde. Denn so gut die Räte im Singen auch sein mögen: Der Fakt eines jährlichen Zuschusses in Höhe von 2 bis 2,5 Millionen Euro bleibt. Noch lässt sich nicht abschätzen, ob und in welchen Maße sich daran etwas durch die strategische Neuausrichtung des Hauses ändern lässt. Letztere immerhin kommt bei den Stadträten und bei den Menschen in der Stadt gut an – und daran hat überraschenderweise die Pandemie einen gehörigen Anteil.
Durch den Impfbedarf jedenfalls entwickelte sich das Bodenseeforum zur Anlaufstation für die Bevölkerung, die Kapazität liegt laut Ruth Bader bei 2500 Impfungen pro Woche. Fürs Marketing hatte dies den Effekt, dass das Haus wegen seiner Zweckdienlichkeit verstärkt als Konstanzer Einrichtung wahrgenommen wurde, was der 2019 vom Gemeinderat festgelegten Kurskorrektur in die Karten spielt. Davor sollte das Bodenseeforum vor allem im überregionalen Wettbewerb auf dem Veranstaltungs-, Kongress- und Messemarkt den Wert der Stadt Konstanz steigern, inzwischen aber werden kleinere Brötchen gebacken.
Zurückhaltung der Stadträte bei Investition in Gastronomie-Anbau
Soll heißen: Das Haus will sich mehr für die Menschen der Stadt öffnen, etwa für den örtlichen Veranstaltungsbedarf. Das sind zum Beispiel Hochzeiten oder Schulabschlussfeiern, wobei der Gemeinderat offensichtlich Angst vor der eigenen Courage hat. Damit das neue Konzept aufgeht, war ursprünglich ein Anbau für eine Gastronomie mit Lagerflächen und Büros vorgesehen, doch so weit geht die Liebe der Stadträte zum Bodenseeforum dann doch nicht. Just bei der Erinnerung von Ruth Bader an diesen Webfehler im Konzept für das neue Bodenseeforum setzte ein kollektives Zaudern und Zögern im Choral der Ausschussmitglieder ein.

Beim Tenor verständigte man sich aufs Abwarten und Improvisieren. Dorothee Jacobs-Krahnen von der Freien Grünen Liste (FGL) plädierte für die Beibehaltung von Kooperationen mit benachbarten Hotel- und Gastronomiebetrieben und will außerdem abwarten, wie sich das Quartier am Brückenkopf/Nord entwickelt. Etwas deutlicher wurde Jan Welsch. Der SPD-Stadtrat hat schlicht keine Idee, wie der Anbau angesichts der Haushaltslage finanziert werden soll. Achim Schächtle von der FDP, die sonst gern das Fähnlein des Wettbewerbs hoch hält, befürchtet durch den Ausbau des Bodenseeforums eine Form des Kannibalismus. Nicht zuletzt durch die Folgen von Corona gibt es seiner Ansicht nach im Quartier bereits etliche Betriebe, die ums Überleben kämpfen.

In dieser Phase der Debatte zeigte Ruth Bader ein weiteres Mal ihr Talent als Pokerface. Emotionslos verdeutlichte sie den Stadträten am Beispiel von größeren beziehungsweise mehrtägigen Kongressen die Folgen der Scheu vor der Investition. Sie und ihr Team hätten kein Problem mit dem Brötchenschmieren, bei einer Veranstaltung von 300 Teilnehmern komme man allerdings an Grenzen. Und ohne hausinterne Gastronomie sei das Herankommen an den Markt der wirtschaftlich hochlukrativen Hochzeitsveranstaltungen schwierig.

Im Konflikt zwischen operativer Professionalität des Teams im Bodenseeforum und der von der Politik möglicherweise falsch eingeschätzten Erfolgsperspektiven des Hauses versuchte Simon Pschorr einmal mehr sein Glück. Angesichts der sich über die Jahre angehäuften Zuschüsse hält er „25 Millionen Euro für ein Impfzentrum“ für nicht vertretbar, und er will sich das vor dem Hintergrund einer „katastrophalen Haushaltslage“ nicht erst vom Regierungspräsidium Freiburg als Aufsichtsbehörde für die städtischen Finanzen sagen lassen.
Mehrheitsfähig ist diese Position aber offensichtlich nicht. Für Jan Welsch beispielsweise ist es eine Illusion zu glauben, dass die Kosten für das Bodenseeforum mit dem einmaligen Umdrehen des Haustürschlüssels verschwinden. Nach Meinung von Roger Tscheulin (CDU) stehen im Übrigen nicht die Kosten im Vordergrund, diese seien im Fall eines entsprechenden Mehrwerts für die Gesamtstadt zu rechtfertigen. Für Susanne Heiß von den Freien Wählern (FW) ergibt sich dieser zum Beispiel aus dem Nachweis von 3200 Übernachtungen als Folge von Veranstaltungen im Bodenseeforum. Der Beitrag von Oberbürgermeister Uli Burchardt schließlich ließ sich als Aufforderung zur Geduld verstehen. Das Brückenquartier werde in den nächsten Jahren eine enorme Entwicklung nehmen, wobei das Bodenseeforum im Gesamtkonzept eine bedeutende Rolle spiele.