Sie kämpften mit Feuer und Folie um Wärme für jede aufgegangene Blüte. Der Obstbaubetrieb Romer in Litzelstetten und der Fuchshof in Dingelsdorf legten wegen des Frosteinbruchs in der Nacht auf Montag Extra-Schichten ein. So wendete Thomas Romer rund 4000 Euro und viel Muskelkraft auf, um seine Blüten und damit die Ernte zu retten. „Vier Personen waren zwei Tage lang beschäftigt.“
Bei den Erdbeeren seien etwa zehn Prozent der Blüten erfroren. Dennoch gehen er und sein Kollege Florian Fuchs davon aus, dass sich die Ernteausfälle in Grenzen halten. „Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen. Eine Woche später hätte es ganz anders ausgesehen“, stellt Fuchs fest.

Die Chefs wissen aber auch: Erst am 15. Mai, mit dem Ende der Eisheiligen, sind sie aus dem Schneider. Das Problem: Wegen des relativ milden Winters fangen manche Kulturen verfrüht zu blühen an, etwa Erdbeeren, Pflaumen, Aprikosen und Kirschen. Im März und April aber ist Frost nicht selten. Er kann das Aus einer Blüte bedeuten. Das heißt, dass sich dann an dieser Stelle keine Frucht mehr bilden kann. Ab zwei Grad unter Null droht eine offene Blüte zu erfrieren. Ab vier Grad minus trifft es auch die Knospen.
Minus 3,6 Grad Celsius waren vom Wetterdienst für die Nacht auf Montag angekündigt, sagt Thomas Romer, der ständig das Wetter beobachtet. Seine Teams deckten schon tagsüber rund 7000 Quadratmeter der Erdbeerfelder mit jeweils zwölf Meter langen Bahnen Zusatzfolie ab. Sie kauften zudem für rund 1500 Euro 150 Töpfe mit Kerzen aus jeweils zehn Litern Wachs. Sie brennen bis zu elf Stunden lang.

Auf etwa 6000 Quadratmetern Plantagen seien die Feuertöpfe zwischen den blühenden Kirsch- und Aprikosenbäumen verteilt worden, berichtet Romer. Daraufhin habe man ständig die Temperaturen kontrolliert. Um 2 Uhr nachts, als sie auf 1,7 Grad minus fielen, habe man begonnen, die Kerzen zu entzünden. Etwa um 9 Uhr habe man sie wieder gelöscht.
Romer geht davon aus, dass die Kraft des Kerzenfeuers die Temperatur um bis zu zwei Grad erhöhte und so viele Blüten vor dem Absterben rettete. Noch effektiver wäre es gewesen, die Hagelschutznetze und eine Folienabdeckung aufzuziehen.
Doch dies benötige noch längere Vorarbeiten, zudem sei diese Anlage nicht sicher bei Schnee-Einbruch. Und dieser kam bereits am Samstag. Wie groß die Einbußen beim Obst sind, wird sich erst zeigen. Bei den Erdbeeren muss er trotz aller Mühen mit zehn Prozent Ausfall rechnen. Bitter, denn: „Die ersten Erdbeeren sind die teuersten.“ Sie sind ab Anfang Mai zu haben.

Der 51-jährige Romer versorgt mit seinem 20-Hektar-Betrieb 20.000 Menschen in der Region mit 14 heimischen Obstsorten. Grundsätzlich stellt er fest, dass Wetterextreme wie Trockenheit, Starkregen, Hagel und späte Fröste zunehmen. „Aber das Wichtigste ist, dass es was zum Ernten gibt.“ Dazu müsse nicht jede Blüte überleben. Freilich seien auch Bäume schwer berechenbar. „Nicht jeder blüht jedes Jahr voll.“
Rettungsaktion in der Nacht zu Montag
Bei Florian Fuchs in Dingelsdorf waren ebenfalls die Erdbeerblüten in Gefahr, zusammen mit denen von 200 Kirschbäumen und denen von Pflaumenbäumen. „Wir haben am Sonntag zwei Mitarbeiter aktiviert.“ Dann schlug der Frostwächter auf dem Handy Alarm.

Fuchs und seine Helfer waren Montagmorgen gegen 1 Uhr unterwegs, um in den Baumplantagen einen Wärmeschutz zu installieren. In seinem Fall waren dies mit brennendem Holz gefüllte Metallfässer. Mit deren Hilfe habe man 0,5 bis ein Grad mehr Wärme geschafft. „Das macht einen großen Unterschied.“
Der 37 Jahre alte Obstbaumeister ist froh, dass es bereits jetzt so kalt war: „Ein paar Tage später, und es wäre schlimmer gewesen.“ Den noch nicht so weit entwickelten Blüten habe die Wärmezufuhr geholfen. Nur die offenen Blüten seien wahrscheinlich verloren.

Die Blüten der Apfelbäume seien in der Regel noch nicht im empfindlichen Stadium gewesen. Bei Pfirsichen, Aprikosen und Nektarinen fürchtet der Landwirt einen Totalausfall. Bei den Erdbeeren habe man etwa 2,5 Hektar unter ein Fließ gesteckt. Blüten, die daraus hervorragten, sind nach Angaben von Fuchs verloren.
Das Thema Frost beschäftige seinen Betrieb mit 25 Hektar Anbaufläche das fünfte Jahr in Folge. Auch die Bewässerung sei ein Thema. Allerdings auch die Qualitätsansprüche der Kunden. Etwa 15 Prozent einer Ernte entsprächen nicht den Vorstellungen der Konsumenten. Beim Supermarkt gelten laut Fuchs strenge Regeln: Habe ein Apfel nicht 25 Prozent rote Farbe an der Schale, fliege er aus dem Verkauf.
Um unabhängig zu sein von Wettereinflüssen und um alles Obst zu verwerten, bietet der Fuchshof auch Backwaren und Marmeladen an. Dieses Geschäft biete etwas Sicherheit. „Ein Landwirt benötigt 1000 Tonnen Äpfel, um eine Familie zu ernähren“, sagt Fuchs, „und da darf nichts schief gehen. Der Kostendruck im Obstbau ist riesig.“