Die Polizei war am Montagmorgen, 24. Februar, mit einem Großaufgebot im Konstanzer Stadtteil Paradies im Einsatz. Wie das Polizeipräsidium Konstanz in einer ersten Einsatzmeldung über die sozialen Netzwerke mitteilte, handelte es sich um eine mögliche Bedrohungslage. Einsatzkräfte seien vor Ort und überprüften die Lage, hieß es in der Mitteilung.

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Die Polizei bat darum, das Gebiet zu meiden und von der Verbreitung von Spekulationen oder ungesicherten Nachrichten abzusehen. Im Paradies waren zahlreiche Streifenwagen und dutzende Polizisten vor Ort. Aus Sicherheitsgründen wurde der Bereich zwischen Garten-, Hans-Breinlinger-, Rheingutstraße und Labhardsweg abgesperrt. Autofahrer mussten ihre Fahrzeuge wenden, auch Radfahrern und Fußgängern war der Zugang verwehrt. Die Lage war zunächst noch unklar und unübersichtlich.

Was ist vorgefallen?

Gegen 10.45 Uhr hatte die Polizei einen Anruf erhalten, erklärt Nicole Minge, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Konstanz, auf SÜDKURIER-Anfrage vor Ort. Ein Hotelgast würde im Fürstengutweg auf einem Balkon stehen und laut herumschreien. Zudem habe er mit einer Waffe Schüsse abgefeuert. Die Polizei gehe also von einer Bedrohungslage aus.

Mit mehreren Einsatzfahrzeuge sperren die Beamten die Gartenstraße ab.
Mit mehreren Einsatzfahrzeuge sperren die Beamten die Gartenstraße ab. | Bild: Scherrer, Aurelia

Die Polizei rückte daher mit einem Großaufgebot an Einsatzkräften an. Sie riegelte das Gebiet großräumig ab, um die Bevölkerung zu schützen. Anfangs war eine laute Männerstimme aus einem Gebäude zu hören. Was er schrie, war nicht zu verstehen. Dann herrschte Ruhe; eine konzentrierte, überlegte Ruhe bei den Einsatzkräften, die darauf bedacht waren, dass keiner dem möglichen Gefahrenbereich zu nahe und niemand zu Schaden kommt.

Zur Sicherheit der Bevölkerung

Einige Bewohner konnten wegen der Absperrungen nicht in ihre Häuser zurückkehren, auch nicht jene des dortigen Altersheimes. Die Polizeibeamten standen den Senioren mit Rat und Tat zur Seite und informierten Angehörige, damit sie die Betroffenen abholen konnten.

Mehr als eine Stunde lang war die Lage statisch. Was im abgesperrten Bereich vor sich ging, war nicht zu erahnen. In der Gartenstraße standen mehrere Streifenwagen, sodass eine Ein- oder Ausfahrt aus dem Fürstengutweg unmöglich war. Anlieger und Schaulustige spekulierten wild darüber, was sich zugetragen haben könnte, über das Motiv und mutmaßlichen Täter. Zu dieser Zeit gab es noch keine gesicherten Informationen seitens der Polizei, lediglich Mutmaßungen der neugierigen Passanten und von Kommentatoren in den sozialen Netzwerken.

Spezialkräfte rücken an

Gegen 12 Uhr berichteten Augenzeugen, dass mehrere Polizeiwagen und zivile Einsatzfahrzeuge mit eingeschaltetem Blaulicht auf der Bundesstraße 33 zügig nach Konstanz fahren würden. Und Tatsache: Die Fahrzeuge, besetzt mit Spezialkräften, trafen am Einsatzort ein.

Die gut ausgebildeten Kräfte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus Göppingen rüsten sich aus.
Die gut ausgebildeten Kräfte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus Göppingen rüsten sich aus. | Bild: Scherrer, Aurelia

Das Spezialeinsatzkommando (SEK) rüstete sich mit Schutzausrüstung für den Einsatz aus. Wie das genaue taktische Vorgehen des SEK war, bleibt im Verborgenen – hinter den Absperrungen. Zu hören war nichts.

Dann, einige Zeit später, die erlösende Nachricht: Der Einsatz der gut ausgebildeten Spezialkräfte war erfolgreich. Gegen 14 Uhr kamen sie zurück zu ihren Einsatzwägen, versorgten ihr Material und fuhren davon. Da war allen Anwesenden klar: Der Einsatz ist vorbei.

Die Kräfte des SEK auf dem Weg zu ihren Wägen. Der Einsatz ist für sie jetzt vorbei.
Die Kräfte des SEK auf dem Weg zu ihren Wägen. Der Einsatz ist für sie jetzt vorbei. | Bild: Scherrer, Aurelia

35-Jähriger gibt Schüsse ab

Zu diesem Zeitpunkt gibt es dann endlich weitere Informationen. Wie Nicole Minge, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Konstanz, vor Ort gegenüber dem SÜDKURIER angab, sei inzwischen ein 35-Jähriger festgenommen worden. „Er hat sich freiwillig gestellt“, so Minge, die anfügt: „Der Einsatz ist glimpflich verlaufen.“ Es sei niemand verletzt worden.

Polizei gibt Update Video: Scherrer, Aurelia

Sie berichtet auch, dass der 35-Jährige vor Eintreffen der Polizei Schüsse abgefeuert habe, mutmaßlich in die Luft. Näheres würden die Ermittlungen der Polizei ergeben. Um welche Art von Waffe es sich handelte, war zu diesem Zeitpunkt noch unklar.

Anforderung des SEK

Fast parallel veröffentlicht die Pressestelle der Polizei diese Informationen auf ihrer Homepage und per Medienmitteilung. Hierin wird Näheres zur Anforderung des Spezialeinsatzkommandos erläutert: Auf Grundlage der geschilderten Bedrohungslage „erließ das Amtsgericht Konstanz auf Antrag der Staatsanwaltschaft Konstanz einen Durchsuchungsbeschluss“.

Zur Umsetzung dieses Durchsuchungsbeschlusses wurde das SEK hinzugezogen. Dieses Spezialeinsatzkommando „gibt es nur einmal in Baden-Württemberg“, so Tatjana Deggelmann, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Konstanz, gegenüber dem SÜDKURIER. Das heißt, das SEK aus Göppingen war vor Ort in Konstanz.

Das SEK beim Einsatz im Paradies.
Das SEK beim Einsatz im Paradies. | Bild: Scherrer, Aurelia

„Bevor jedoch der Beschluss vollzogen werden konnte, kam der 35-Jährige freiwillig aus dem Zimmer und konnte vorläufig festgenommen werden. Die genauen Hintergründe des Vorfalls sind Gegenstand weiterer Ermittlungen“, heißt es abschließend in der Pressemitteilung.

Viele offene Fragen

Die Polizei ist froh, dass der Einsatz glimpflich ausgegangen ist. Verletzt wurde laut Polizeiangaben niemand. Pressesprecherin Nicole Minge erklärt gegenüber den Medienvertretern vor Ort, dass ferner keine Gefahr für die Bevölkerung bestanden habe.

Schulen im Paradies seien von der Polizei über den laufenden Einsatz informiert worden, bestätigte Nicole Minge gegenüber dem SÜDKURIER. Eine Gefahr für die Kinder habe aufgrund der Entfernung nicht bestanden. Allerdings konnten die Schulbusse nicht über die Gartenstraße fahren, sondern holten die Schüler in der Laube ab. Einige Schulkinder mussten wohl gegebenenfalls aufgrund der Sperrung, die kurz nach 14 Uhr aufgehoben wurde, einen Umweg laufen.

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Was den 35-Jährigen dazu bewegt hat, herumzuschreien und mit einer Waffe zu schießen, ist Teil der weiteren Ermittlungsarbeit der Polizei. Informationen, beispielsweise, um was für eine Art Waffe es sich gehandelt hat, gab die polizeiliche Pressestelle am Montag nicht nach außen. Auch blieben weitere Informationen zum 35-jährigen Tatverdächtigen im Dunkeln.