Der Angeklagte hat seinen Blick gesenkt, als er den Verhandlungssaal betritt. Vor und hinter ihm läuft ein Justizvollzugsbeamter. Zwischen seinen Beinen schleift eine eiserne Fußfessel über den Boden. Er setzt sich, schaut teilnahmslos ins Leere, die Hände hat er vor sich auf dem Tisch verschränkt.

Bereits zu Beginn der zweitägigen Verhandlung wird deutlich: Für den Mann sieht es nicht gut aus. Laut Anklage soll der 43-Jährige im Zeitraum zwischen September 2018 und September 2019 insgesamt 30 Einbruchsdiebstähle begangen haben. Darunter eine Serie von allein 20 Einbrüchen in Konstanz.

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Zehn davon in gastronomischen Betrieben. Aber auch in Privatwohnungen und Firmenräume soll er eingedrungen sein. Zehn weitere Taten soll er in anderen Teilen Deutschlands verübt haben. Manche blieben erfolglos. Teilweise, weil er beim Diebstahlsversuch gestört wurde, teilweise, weil es nichts zu holen gab.

DNA-Spuren überführen den Angeklagten

Viele seiner Taten konnten dem Angeklagten durch DNA-Spuren nachgewiesen werden. Schuhabdrücke, die an mehreren Tatorten sichergestellt wurden, überführten ihn weiterer Fälle. Erbeutet haben soll er Waren im Wert von insgesamt 183.800 Euro.

Hinzu kommt ein Schaden von etwa 45.000 Euro. Der Angeklagte sitzt bereits seit Sommer 2020 in Untersuchungshaft; bei einem Einbruchsversuch in Schleswig-Holstein war er von der Polizei gefasst worden.

Doch bevor die Verhandlung überhaupt richtig beginnt, wird sie schon unterbrochen. Die beiden Verteidiger wollen ein Rechtsgespräch. Die Öffentlichkeit muss den Saal verlassen. Eine halbe Stunde stehen die Besucher draußen.

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Nach einer Weile dringt ein lautes Lachen durch die Tür, kurz wird es etwas lauter. Dann darf das Publikum wieder in den Saal zurückkehren. Staatsanwaltschaft, Verteidiger und Gericht haben sich geeinigt. Das Strafmaß wird auf viereinhalb bis fünf Jahre Gefängnis festgelegt. Bedingung dafür: Der Angeklagte gesteht seine Taten. Und zwar alle.

Angeklagter will nicht alle Taten gestehen

Doch davon will der Mann vorerst nichts wissen. Während er die Fälle, die ihm eindeutig nachgewiesen werden konnten, sofort einräumt, streitet er weitere Einbrüche in Konstanz ab. Er habe sich höchstens 20 Tage lang in der Bodenseestadt aufgehalten, so viele Einbrüche habe er in dieser Zeit gar nicht verüben können, beteuert er.

Besonders vehement bestreitet er einen Einbruch, bei dem das Diebesgut einen Wert von ungefähr 128.000 Euro hatte. Ausgerechnet die Tat also, bei der am meisten Schaden entstanden ist.

Einigung droht zu scheitern

Immer wieder spricht er davon, seine Fehler zugeben zu wollen, aber keine Taten einzugestehen, die er nicht begangen hat. Ständig schweift er ab. Er spricht von Polizeigewalt bei seiner Verhaftung, davon, mit gebrochenem Brustbein im Krankenhaus aufgewacht zu sein. Die Verständigung zwischen den Prozessbeteiligten droht zu scheitern.

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Erst als Staatsanwalt Simon Pschorr dem 43-jährigen Angeklagten klar macht, dass er ohne Geständnis mit einer weit höheren Strafe rechnen muss, auch wenn ihm dann vielleicht nicht alle Taten angelastet werden können, wird ihm die Situation bewusst. Es gibt eine weitere Unterbrechung, in der die Verteidiger dem Angeklagten seine Lage noch einmal verdeutlichen.

Letztlich doch geständig

Danach gesteht er alles. Details nennt er nicht. Wiederholt nur dauernd, wie leid es ihm tue. In Albanien, wo er lebt, habe er auf Druck der Regierung, gegen die er protestiert hatte, 2014 seine Metzgerei schließen müssen.

Danach habe er versuchen wollen, in Europa Fuß zu fassen. Einen Arbeitsvertrag zu unterschreiben und sich ein Leben aufzubauen. Doch das sei gescheitert. Deswegen sei er auf die Idee gekommen, sich mit Einbrüchen zu finanzieren. Auch Kokain sei im Spiel gewesen. Dafür habe er das erbeutete Geld ausgegeben, sagt der Angeklagte.

Der Angeklagte (rechts) sitzt neben seiner Verteidigerin.
Der Angeklagte (rechts) sitzt neben seiner Verteidigerin. | Bild: Jennifer Moog

Im weiteren Verlauf des Prozesses wird er kaum mehr eine Gemütsbewegung zeigen, nur noch regungslos vor sich hinstarren. Er scheint nicht mehr zuzuhören. Nicht als Beamte von ihren Ermittlungen berichten. Und auch nicht, als Geschädigte sich verstohlen nach dem vermeintlichen Einbrecher umdrehen.

Das Urteil fällt erst am folgenden Verhandlungstag: Der Angeklagte muss für vier Jahre und zehn Monate in Haft. Auch bei der Verkündung der Strafe regt sich der Mann kaum. Erst als Richter Joachim Dospil den Wunsch äußert, dass der Angeklagte nach abgesessener Haftstrafe sein Leben ändert, nickt er kaum merklich. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.