Noch vor wenigen Tagen zogen die Aktivisten der Letzten Generation den Ärger Hunderter Autofahrer und ungezählter Kommentatoren im Internet auf sich. Denn einige von ihnen hatten sich am Dienstag, 11. Juli, an der Kreuzung Europastraße (B33)/Gartenstraße auf die Straße geklebt. Das Ergebnis war ein Superstau in Konstanz.

„Es geht um den Zusammenbruch der Gesellschaft“

Nur wenige Tage nach der Aktion will Eileen Blum, Mitglied der Letzten Generation und Teilnehmerin an der Blockade, nochmals die Brisanz des Themas erklären. Denn sie kann nicht verstehen, warum die Mehrheit so ruhig bleibt: „Es geht nicht irgendwie ums Klima. Es geht um den Zusammenbruch der Gesellschaft. Um den sozialen Kollaps.“

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Die 22-jährige Pflegekraft aus Konstanz erklärt am Freitagabend, 14. Juli, zusammen mit dem 26-jährigen Webentwickler Niklas Baugatz, warum sie der Ansicht ist, dass die Aktivisten der Letzten Generation nerven müssen. „Wir machen das nicht, weil es Spaß macht, sondern weil es notwendig ist.“

Bei jeder Blockade zitterten ihr die Knie. Doch Autos und Flugzeuge zu stoppen, erzeuge die Aufmerksamkeit, welche die Aktivisten für ihre Anliegen benötigten. Ziviler Ungehorsam sei effektiv und die Straße dafür ideal. „Man kann sich an jedem Ort auf die Straße setzen.“ Die Störung sei immer groß.

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Autofahrer tun ihr leid, aber ...

Ihr täten ja auch die Menschen leid, die im Auto schwitzen müssten und Termine verpassten, sagt Blum. Doch sie habe immer die Millionen Menschen vor Augen, die sterben werden, weil sie wegen dem vom Menschen gemachten Klimawandel keine Lebensgrundlage mehr haben. „Die Chance auf Hungersnöte steigt.“

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Niklas Baugatz ergänzt: „Wir müssen radikal handeln.“ Er zeigt ein Bild, auf dem die Erde auf ein Feuer zurollt. „Der Ball rollt immer schneller“. Die Anzeichen verdichteten sich, dass die Kipppunkte nahe sind. Baugatz meint damit, dass sich bestimmte Effekte nicht aufhalten lassen und die Erhitzung der Erde immer weiter vorantreiben – wie etwa das Schmelzen des Eisschilds in Grönland. Genau vorhersagen lasse sich aber nicht, wie nahe Kipppunkte tatsächlich sind, stellt der 26-Jährige fest.

Eileen Blum und Niklas Baugatz erklären, warum Aktivisten der Letzten Generation glauben, Autos blockieren zu müssen. Auf dem Bild, das ...
Eileen Blum und Niklas Baugatz erklären, warum Aktivisten der Letzten Generation glauben, Autos blockieren zu müssen. Auf dem Bild, das er hält, ist die Erde als Ball dargestellt, der immer schneller aufs Feuer zurollt. | Bild: Claudia Rindt

Die Beiden glauben an die Chance, das Schlimmste noch verhindern zu können. Eine weitere Radikalisierung in Richtung „Klima-RAF“ sei nicht zu erwarten, betont Blum. Die Hauptforderung der Aktivisten: Bildung eines Gesellschaftsrats. Das steht auch auf ihrem Plakat. Doch bevor sie dieses ausrollen und zu den Erklärungen ansetzen können, müssen sie ein ruhiges Plätzchen zum Gedankenaustausch finden. Der Treffpunkt Marktstätte eignet sich dazu nicht, denn Musikgruppen machen den Platz laut.

Acht Menschen wollen es genauer wissen

Im Stadtgarten sind dann acht Zuhörer und zwei Aktivisten unter sich. Es fliegen keine Tomaten, es gibt keine Übergriffe. Zum Schluss kommt die Polizei und kontrolliert die Ausweise. Zuhörer zollen den Aktivisten Respekt für deren Mut.

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So stellt Julia Wegele fest: Sie finde zwar das Mittel der Blockade nicht richtig, dennoch seien die Ziele nachvollziehbar. Sie sehe, dass die Aktivisten notfalls für ihr Anliegen auch ins Gefängnis gehen würden. Ein Zuhörer fragt, warum es den Gesellschaftsrat und nicht eine Bürgerabstimmung geben solle. Er gibt zu bedenken, dass auch die Wissenschaftler, welche berufene Bürger beraten sollen, Vertreter von Lobbygruppen sein könnten.

Ein anderer will wissen: „Wer entscheidet, welche Information falsch ist?“ Einer stellt fest: Endlich habe man mal miteinander gesprochen und nicht übereinander.

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