Es ist das zweitgrößte Städtebau-Projekt Südbadens, „das wichtigste Projekt in Konstanz“, wie Gemeinderatsmitglied Roger Tscheulin (CDU) es nennt: Es geht um die Stadterweiterung von Konstanz am Hafner, am Rande Wollmatingens. Ein Projekt der Superlative. Auf 45 Hektar sollen in Zukunft über 6000 Menschen wohnen, die Baukosten gehen in Milliardenhöhe.

Nun zeigt sich die Dimension des Projekts auch im Personalapparat der Stadt. 4,5 neue Stellen werden benötigt, erklärt Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn im Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss (HFK) der Stadt am Donnerstag, 11. Juli: „Langfristige Personalausfälle durch Krankheit und Elternzeit haben zu einer Sondersituation und erhöhtem Bedarf geführt, der so nicht planbar war.“

Mitarbeiter aus der Verwaltung für das Hafner-Projekt abgezogen

Durch das zusätzliche Personal wolle man den Fahrplan zur Bebauung einhalten, konkret geht es um einen Bebauungsplan, der im Juli 2026 vorliegen solle. Wenn diese Stellen nicht geschaffen werden würden – oder der Gemeinderat die Schaffung der Stellen auf den Doppelhaushalt 2025/26 verschiebe – entstehe Verzug, sagt Langensteiner-Schönborn.

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Wie dringend die Schaffung dieser Stellen ist, verdeutlicht Marion Klose, Leiterin des Amts für Stadtplanung und Umwelt. Derzeit seien aufgrund der Ausfälle schon 1,5 Stellen aus der Verwaltung ins Team Hafner abgezogen worden. Gerade im Bereich Umwelt und Artenschutz sei der bisherige Zeitplan ohne zusätzliche Kräfte nicht einzuhalten, was auch vom jetzigen Personal so kommuniziert worden sei.

Klose führt hier das Beispiel der am Hafner lebenden und besonders geschützten Fledermäuse an: „Den ersten Bauabschnitt auf den Weg bringen, gleichzeitig den Umweltbericht umsetzen, Bepflanzungen so vornehmen, dass die Tiere rechtzeitig die Möglichkeit haben, sich auf neue Flugbahnen einzustellen – das ist nicht ohne.“

Ohne neues Personal kann der Zeitplan nicht eingehalten werden

Die derzeit zu bewältigenden Aufgaben von denen Klose und Lukas Esper, Leiter der Stabsstelle Hafner berichten, haben es in sich. Manch einer könnte sich fragen, ob der eigentliche Zeitplan nicht schon längst unrealistisch ist, angesichts der noch dünneren Personaldecke als zu Beginn – immerhin habe man von Anfang an mit einer vierstelligen Zahl von Einzelaufgaben pro Mitarbeiter geplant, wie Esper mitteilt.

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Um solchen Gerüchten vorzubeugen, stellt er klar: „Es soll hier kein falscher Eindruck entstehen, wir sind mit dem Projekt zeitlich auf Spur. Nur durch die Verlagerungen von Aufgaben, bedingt durch die ganzen Ausfälle, brauchen wir mehr Leute, um den Zeitplan einzuhalten.“

Das Einhalten des Zeitplans – es sind wohl die am häufigsten gesprochenen Worte an diesem Nachmittag im Ratssaal. Gerade jetzt, wo das Mammutprojekt in seine heiße Phase geht, hängt viel an der Schaffung neuer Stellen. Das sorgt parteiübergreifend für kritische Stimmen im HFK.

Sorgen zusätzliche Stellen für „finanzielle Schieflage“ der Stadt?

So zeigt sich Jürgen Faden von den Freien Wählern verwundert, wie fahrlässig mit Arbeitsplätzen der Stadt umgegangen werde, immer wieder fordere die Verwaltung neue Stellen – ohne aufzuzeigen, ob und wo man andere Projekte zurückstellen und dadurch Stellen sparen könne.

Auch wegen der Finanzierung der neuen Stellen äußert er Bedenken: „Niemand weiß, wie lange diese Stellen benötigt werden und ob sie jemals wieder abgeschafft werden. Da besteht die Gefahr, dass die Stadt am Ende in eine finanzielle Schieflage kommt, die auch nicht über Grundstückserlöse wieder reingeholt werden können.“

Jürgen Faden (Freie Wähler) stimmt gegen zusätzliches Personal für den Hafner, zu fahrlässig gehe die Stadt mit Arbeitsplätzen um.
Jürgen Faden (Freie Wähler) stimmt gegen zusätzliches Personal für den Hafner, zu fahrlässig gehe die Stadt mit Arbeitsplätzen um. | Bild: Sybille Wiens/FWK

Jan Welsch (SPD) sieht ebenfalls Gründe, die gegen zusätzliches Personal sprechen: „Es besteht die Gefahr, dass die höheren Kosten durch das zusätzliche Personal letztendlich für höhere Mieten sorgen, obwohl der Hafner eigentlich spekulationsfrei bleiben soll.“ Seine Rechnung ähnelt der von Jürgen Faden, falls das Mehr an Personalkosten nicht über Grundstückserlöse gedeckt werden kann, könnten die Kosten am Ende bei den Bürgern hängen bleiben.

Durch Verzögerung des Projekts entstehen neue Risiken

Trotzdem ist Jan Welsch dafür, neues Personal hinzuzunehmen. Denn täte die Stadt das nicht, bestände die Gefahr, dass die Preissteigerung, welche durch die Verzögerung entstünde, die zusätzlichen Personalkosten um ein Vielfaches übersteige. Und ganz abgesehen davon: „Der Arbeitsmarkt ist im Wandel. Es kann sein, dass es in ein paar Jahren noch schwieriger wird, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Vielleicht können die Stellen also auch nach dem Projekt sinnvoll in die Verwaltung der Stadt integriert werden“, merkt Welsch an.

Jan Welsch (SPD) hat Vertrauen in die verantwortlichen Personen, bis jetzt seien alle Fristen eingehalten worden.
Jan Welsch (SPD) hat Vertrauen in die verantwortlichen Personen, bis jetzt seien alle Fristen eingehalten worden. | Bild: Fiona Mentzel

Es sei nun einmal das größte Projekt im Bereich Wohnungsbau der Stadt. Wenn Fachkräfte, die in Konstanz genauso händeringend gesucht werden, wie überall im Land – nicht kommen, dann liege es oftmals nicht nur an fehlendem bezahlbaren Wohnraum, sondern an Wohnraum generell.

Die von Jan Welsch geäußerten Gedanken scheinen viele im HFK so oder so ähnlich zu teilen. Natürlich gäbe es einige Gründe dagegen, auch ist der Zeitpunkt, kurz vor dem letzten Zusammenkommen des alten Gemeinderats nicht ideal – aber, wie Simon Pschorr (Linke Liste Konstanz) simpel aber treffend fragt: „Das zusätzliche Personal wird jetzt benötigt – wie soll das Projekt denn sonst funktionieren?“

Für Simon Pschorr (Linke Liste Konstanz) gibt es gar keine andere Möglichkeit, als dem Vorschlag zuzustimmen, schließlich habe der ...
Für Simon Pschorr (Linke Liste Konstanz) gibt es gar keine andere Möglichkeit, als dem Vorschlag zuzustimmen, schließlich habe der Hafner Priorität in Konstanz. | Bild: Patrick Pfeiffer

4,5 zusätzliche Stellen beschlossen

Wie dringlich die Angelegenheit ist, fasst Oberbürgermeister Uli Burchardt zusammen: „Wir pfeifen aus dem letzten Loch.“ Die Notwendigkeit scheint angekommen zu sein: So deutlich wie Burchardts Worte, so fällt auch die Abstimmung im HFK aus, nur Jürgen Faden (Freie Wähler) und Achim Schächtle (FDP) stimmen gegen die Personalaufstockung.

Das Hafner-Team der Stadt Konstanz bekommt damit 4,5 zusätzliche Stellen. Die Weichen sind also gestellt, um den Zeitplan einzuhalten. Ob das funktioniert, wird sich vermutlich erst in einigen Jahren zeigen, ab 2028 soll gebaut werden. Das gehört eben auch bei so einem Projekt der Superlativ dazu, neben Geld und Personal braucht es vor allem eins: Zeit.

„Wir pfeifen aus dem letzten Loch“ – OB Uli Burchardt befürwortet die Aufstockung des Personals.
„Wir pfeifen aus dem letzten Loch“ – OB Uli Burchardt befürwortet die Aufstockung des Personals. | Bild: Rau, Jörg-Peter