Der massive Autoverkehr in der Konstanzer Innenstadt, vor allem an Wochenenden, wird teuer für die Allgemeinheit: Die Kosten für die Verkehrsregelung haben sich im Jahr 2024 mehr als verdoppelt. Statt wie geplant 130.000 Euro muss die Stadt nun bis zu 300.000 Euro für die Verkehrskadetten ausgeben. Das Geld ist bereits verbraucht, der Gemeinderat hat davon erst nachträglich erfahren.

Damit die Stadtbusse ihren Fahrplan einhalten können und die Rettungswege freibleiben, habe es keine andere Wahl gegeben, argumentiert die Stadtverwaltung. In der Politik ist der Ärger groß. Zumal bis zur Sitzung noch die Rede davon war, es würden für die Verkehrsplanung 125.000 Euro mehr gebraucht. In der Sitzung kam dann unerwartet heraus, dass das noch gar nicht die ganze Budget-Überziehung für 2024 ist.

Schon im Juni war das Budget aufgebraucht

Kleinlaut nannte Stephan Fischer, Verkehrsplaner der Stadt Konstanz, die Summe von rund 170.000 Euro. Fast alles davon floss an die Verkehrskadetten. Allein an den Dezember-Samstagen habe man 6000 Euro mehr gebraucht als veranschlagt. Und: Aus der Vorlage geht hervor, dass das geplante Budget „bereits im Juni ausgeschöpft“ war. Bis die Stadträte davon und den in der Folge entstandenen Mehrkosten erfuhren, verging fast ein halbes Jahr.

„Wir machen da nicht zu viel, wir schauen nur, dass es läuft“: Stephan Fischer, Verkehrsplaner der Stadt Konstanz, zur Frage, warum der ...
„Wir machen da nicht zu viel, wir schauen nur, dass es läuft“: Stephan Fischer, Verkehrsplaner der Stadt Konstanz, zur Frage, warum der Einsatz der Verkehrskadetten im Jahr 2024 fast 300.000 Euro gekostet hat. | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

Im Gemeinderat, der gerade vor den schwierigsten Finanzberatungen seit Jahrzehnten steht, ist der Ärger groß, denn mehr als abnicken können die Politiker die Mehrausgaben realistischerweise nicht. Zur Irritation trägt auch bei, dass die Überschreitungen zum Teil auf Dinge zurückzuführen sind, die kaum überraschend kamen. So wird die Zufahrt zu den Parkhäusern schon seit längerer Zeit nicht von den Verkehrskadetten, sondern von einer Security-Firma geregelt, die dafür Rechnungen stellt.

Jeder Einsatztag wird besprochen, sagt die Verwaltung

Stephan Fischer räumte ein: „Es schmerzt sehr“, aber die manuelle Regelung sei nun einmal „aufgrund des deutlich steigenden Verkehrs noch viel teurer geworden“. Verwaltungsdezernent Joachim Helff betonte, die Verkehrskadetten-Einsätze würden jeden Montag besprochen, immer nur mit dem Ziel, das Notwendige zu tun. Als die Stadt es neulich mal an einem Hochlast-Tag ohne den Einsatz der Helfer probiert habe, habe man sie um 15 Uhr dann doch dazu holen müssen, um einen Kollaps zu verhindern.

Auch in den Augen von Oberbürgermeister Uli Burchardt ist der Spielraum zum Sparen klein. Die Bevölkerung erwarte, dass der Verkehr auch bei großem Ansturm auf die Stadt fließe, und „wir können dieses Ergebnis nicht mit weniger Aufwand erzielen“. Die Alternative wäre ihm zufolge, den Verkehr zusammenbrechen zu lassen, „das ist Null oder Eins“. Aber wenn der Bahnhofplatz fertig umgebaut sei und man dort nicht mehr durchfahren dürfe, nehme der Verkehr in der Altstadt ab, denn „das C-Konzept wird funktionieren“, ist sich Burchardt sicher.

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Wird mit der Sperrung am Bahnhofplatz wirklich alles besser?

Im Gemeinderat gibt es dazu auch ganz andere Stimmen. Die aktuelle Baustelle am Bahnhofplatz nehme doch nur vorweg, was künftig Dauerzustand sei, sagen zum Beispiel Simon Pschorr (Linke Liste) und Dorothee Jacobs-Krahnen (FGL&Grüne). Das wiederum weist Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn zurück: „Die Baustellenzeit ist nicht repräsentativ für die Zeit danach.“ Der Durchgangsverkehr am Bahnhofplatz falle bald weg, das seien 10.000 Autos weniger pro Tag. Nicht zufällig habe Konstanz gerade für das Altstadt-Konzept den Deutschen Verkehrsplanungspreis bekommen.

Gleichwohl bleibt in Teilen des Gemeinderats Unbehagen. Die Verkehrskadetten, soeben beim Bürgerempfang vom Oberbürgermeister für ihr ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet, halten nicht alle für eine gute Antwort auf das Verkehrsproblem. Gabriele Weiner (Junges Forum) findet, ein modernes Verkehrsmanagement müsse anders funktionieren: „Verkehrskadetten sind die falschen Personen am falschen Ort“, sagt sie. Auch Dorothee Jacobs-Krahnen hält es für falsch, Minderjährige mitten in den Verkehr zu stellen.

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Achim Schächtle (FDP) hingegen hält die Verkehrskadetten für eine „gute Idee für die Jugendlichen“, die sich dort engagieren könnten. Auch Joachim Filleböck (CDU) lobt ihren Einsatz, Konstanz bleibe dadurch „relativ flexibel“. Und ob das seit Jahren geplante digitale Verkehrsleitsystem wirklich billiger wird, ist für Schächtle auch unklar: Das könne schon im Unterhalt mehr kosten als der Kadetten-Einsatz.

Schon jetzt ist für den Planer klar: Auch 2025 reicht das Budget nicht

Für 2025 stehen den jungen Verkehrsreglern auf jeden Fall nochmals viele Einsätze bevor, denn die Baustelle am Bahnhof zieht sich weit ins Jahr hinein. Was diese kosten werden, ist laut Verkehrsplaner Stephan Fischer kaum zu planen. Klar sei aber: „Der Ansatz, weiß ich jetzt schon, ist zu niedrig.“ SPD-Stadtrat Jan Welsch sagt dann auch über die Ausgaben für die Verkehrskadetten: Das „bleibt nicht nur hoch, sondern auch vollkommen unkalkulierbar“.

Und wenn der Bahnhofplatz fertig gebaut und die Durchfahrtsperre für Autos errichtet ist? Dann wird sich die Lage verbessern, ist OB Burchardt überzeugt, weil Handys und Navigationssysteme die Autofahrer erst gar nicht mehr dorthin leiteten. Auch Baubürgermeister Langensteiner-Schönborn ist überzeugt, dass es funktionieren wird. Stadtrat Pschorr dagegen beschleichen Zweifel: Wenn schon die aktuelle Lage nur mit viel Personaleinsatz und Geld zu bewältigen sei, „muss ich mich fragen, ob unsere Baustelle nicht großer Nonsens ist“.