Alt, verrostet, marode – ohne Sattel, Lenker oder gar Räder. Fahrradleichen, also herrenlose und oft ausgeschlachtete Fahrräder, gibt es in Konstanz zuhauf und jedes Jahr werden es mehr. Die Stadt ist zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Stadtgebiet, also auch für die herrenlosen Fahrräder, zuständig.
Zwei verschiedene Aufkleber
Walter Rügert, Pressesprecher der Stadt Konstanz, sagt: „Fahrräder im Stadtgebiet, die dem Bürgerbüro der Stadt gemeldet werden, werden durch die Firma Indigo entsprechend beklebt und gegebenenfalls eingesammelt und verwertet oder entsorgt.“
Dabei gibt es zwei verschiedene Farben von Aufklebern. Gelb bedeutet, dass das Fahrrad sofort vom Eigentümer zu entfernen ist, andernfalls wird es nach 14 Tagen eingesammelt. Bei Fahrrädern, die mit einem roten Aufkleber versehen werden, handelt es sich um augenscheinliche Schrottfahrräder. Diese werden nach wenigen Tagen eingesammelt.

Darüber hinaus führt Indigo mindestens drei mal im Jahr Beklebe- und Sammelaktionen durch. Verschiedene öffentliche Plätze werden ebenfalls öfter überprüft. Eine Vorgabe, wie lange Fahrräder herumstehen müssen, bevor sie entfernt werden, gibt es laut Walter Rügert nicht.
300 Fahrradleichen werden jährlich entsorgt
Nachdem die Drahtesel von Indigo eingesammelt wurden, werden sie entsprechend verwertet. Stefan Gattenlöhner von Indigo sagt: „Ein Schrottrad mit einem roten Aufkleber bewahren wir einen Monat auf, ein noch fahrtüchtiges Fahrrad mit gelben Kleber behalten wir ein halbes Jahr. Die kommen dann auf einen Verwahrplatz.“ Dabei handele es sich laut Gattenlöhner um schätzungsweise 300 Räder jährlich. Tendenz steigend.
Dazu kommen Fahrradleichen, die durch die Technischen Betriebe Konstanz (TBK) und die Entsorgungsbetriebe Konstanz (EBK) im Rahmen der Stadtreinigung beispielsweise aus Gebüschen oder dem Seeufer gezogen werden. Die TBK und EBK sammeln außerdem öfter Drahtesel in den Feuergassen der Stadt ein, die den Weg für Einsatzkräfte versperren würden.
Diebstähle sind meistens lange her
Danach prüft Stefan Gattenlöhner die Rahmennummern und meldet diese bei der Polizei zum Abgleich. Gestohlene Räder sind allerdings eher selten darunter, das bestätigt auch Walter Rügert. Gattenlöhner sagt: „Und wenn die Räder gestohlen sind, dann ist das meistens sechs bis sieben Jahre her. Die meisten haben in dieser Zeit ihren Besitzer wahrscheinlich mehrmals gewechselt.“
Ein besonders skurriler Fall kam erst vor Kurzem vor. So wurde eine Rahmennummer in Brandenburg als gestohlen gemeldet und wenige Wochen später tauchte das dazu gehörende Fahrrad in Konstanz bei Stefan Gattenlöhner auf.
Insgesamt seien laut Walter Rügert aber die wenigstens Fahrräder gestohlen. Er sagt: „Die meisten Räder werden auf diese Art von ihren Eigentümern entsorgt.“ Gattenlöhner ergänzt: „Und es werden mehr. Die Wegwerfmentalität wird immer schlimmer.“
Drahtesel werden geschreddert
Aber was passiert dann eigentlich mit den Rädern? Einmal im Monat veranstaltet Indigo eine Gebrauchtradbörse. Die restlichen Fahrräder seien Schrott. „Bei manchen könnte man noch Teile gebrauchen, aber dieser Anteil ist verschwindend gering. Und um die Fahrräder auszuschlachten, bräuchten wir einfach zuviel Platz“, sagt Gattenlöhner. Also werden die Räder geschreddert, die Rohmaterialen wie Eisen oder Aluminium getrennt und verkauft.
Wasser-Fahrradleichen bergen Polizeitaucher
Um ganz besondere Fahrradleichen kümmert sich wiederum die Wasserschutzpolizei in Konstanz. Immer wieder kommt es vor, dass Fahrräder im See versenkt werden. Andreas Dummel von der Wasserschutzpolizei sagt: „Wir führen über das Jahr die sogenannten ‚Taucheinsätze an deliktrelevanten Örtlichkeiten‘ durch.“
Dazu gehören unter anderem die Rheinbrücken, die Anlegestellen der Schifffahrt, sowie weitere Orte, an denen Diebesgut im Wasser versenkt würde. Dort werden die Taucher immer wieder fündig. Stellen sich die Fahrräder als gestohlen heraus, wird die entsprechende Polizeidienststelle über den Fund informiert. Sind Fahrräder allerdings aufgrund von längerer Liegezeit im Wasser nur als Schrott zu betrachten, werden sie entsorgt.
Stefan Gattenlöhner hätte bei besonderen Rädern einen anderen Vorschlag: „Sprüht man Klarlack darüber, wären manche ganz besondere Museumsstücke.“