Kennengelernt haben sich Joachim Gretzmeier und Zoran Rajkovaca in Sölden, einem österreichischen Bergdorf. Gretzmeier war zum Skifahren dort, Rajkovaca arbeitete im Service im Hotel.

Sie kamen ins Gespräch und der Konstanzer bot Rajkovaca einen Job an: im Clubhaus Lände, das er damals noch betrieb. Nun, Jahre später, übernimmt Rajkovaca zum 1. Januar den Ziegelhof, das größte der drei Lokale, die Gretzmeier bislang gepachtet hatte.

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Warum Gretzmeier aufhört

Warum gibt der erfahrene Gastronom seine Lokale auf? „Ich werde 60 und möchte mit meiner Frau noch ein bisschen reisen, das Leben genießen“, sagt er. Den Ziegelhof hätte er sicher noch eine Weile geleitet, doch vor Kurzem kam sein Mitarbeiter Zoran Rajkovaca auf ihn zu. Er wolle sich selbstständig machen, sagte er seinem Chef.

Das war für Gretzmeier Anlass genug, seine Pläne, der Gastronomie den Rücken zu kehren, vorzuziehen. „Ich hätte es schade gefunden, wenn Zoran einen Kiosk oder ähnliches hätte übernehmen müssen. Ich hätte den Ziegelhof vielleicht noch drei Jahre lang geleitet“, sagt er, „aber so ist es für mich auch okay.“

Im Mai 2017 feierte Joachim Gretzmeier (links) mit Küchenchef Radu Alexandru (rechts): Damals führte er seit zehn Jahren das Restaurant ...
Im Mai 2017 feierte Joachim Gretzmeier (links) mit Küchenchef Radu Alexandru (rechts): Damals führte er seit zehn Jahren das Restaurant Ziegelhof am Gottmannplatz. | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

Zoran Rajkovaca kann auf diese Weise sanft in ein schwieriges Geschäft mit einigen Fallstricken einsteigen. Die Routine hat er schon: Seit 2020 arbeitet er im Ziegelhof im Service, nachdem Gretzmeier das Clubhaus Lände aufgegeben hatte.

Er kennt die Kollegen, die Räumlichkeiten und die Stammgäste. Zudem bringt der Kroate eine fundierte Ausbildung mit: Er ist Kochtechniker, in seinem Heimatland ein Lehrberuf, der die Ausbildung zum Koch und im Service umfasst.

„Es war mein Lebenstraum“

An seiner Seite ist seine Frau Snezana, die momentan noch in der Hauswirtschaft sowie einem Mini-Job bei Karstadt tätig ist. Ab 2023 will sie ihren Mann im Büro und auch im Service unterstützen. „Mein Mann hat gar keine Angst vor der Herausforderung – ich schon“, sagt sie und lacht.

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Zoran Rajkovaca sieht der Sache tatsächlich entspannt entgegen. „Es war mein Lebenstraum, ein Restaurant zu leiten. Durch Joachims Unterstützung kann ich das nun verwirklichen.“ Snezana betont, dass Gretzmeiers Frau Marion einen großen Anteil daran habe, dass sie und ihr Mann überhaupt in Konstanz heimisch geworden seien.

Joachim Gretzmeier ist noch nicht in seiner künftigen Rolle als Privatier angekommen, das kann er auch nicht, weil er im Moment noch die Verantwortung trägt und die neuen Betreiber langsam an die Aufgabe heranführt. Er kennt alle Herausforderungen: erst die Pandemie, nun die steigenden Energiekosten. „Dass wir die Preise erhöhen müssen, ist klar. Aber unsere Kunden haben dafür auch Verständnis.“ Die Steinerne Kugel hat der Pächter bereits in neue Hände übergeben.

Personal und steigende Energiekosten

Drei Schwierigkeiten sieht er, die man als Gastronom aktuell meistern müsse: das Personal halten und neues hinzugewinnen, mit den steigenden Kosten klarkommen. Und nicht zuletzt den wachsenden Berg an bürokratischen Aufgaben ordentlich und fleißig erledigen. Viele unterschätzten diesen Aspekt.

Das Ehepaar aus Kroatien war allerdings schon einmal selbstständig mit einem Schuhverkauf – die beiden wissen also, was auf sie zukommt. Das Geheimnis einer erfolgreichen Gastronomie laut Gretzmeier: „Man muss in jedem Lokal, das man führt, vertrauenswürdiges Personal haben. Das ist der Schlüssel zu allem.“

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Noch ein weiterer Mann steht vor einer Herausforderung: Patrick Schreibmüller wird zum 1. November das Weinglöckle in der Innenstadt übernehmen. Im Moment ist das Lokal geschlossen, dort finden lediglich geschlossene Gesellschaften und einzelne Veranstaltungen statt.

Anders als Rajkovaca kommt Schreibmüller aus einer ganz anderen Branche. Österreich spielte allerdings auch eine Rolle bei seiner Entscheidung, sich mit einem Lokal selbstständig zu machen. Der gelernte Erzieher war bislang in einer intensivpädagogischen Wohngruppe beschäftigt, wo er Jugendliche betreut, die ohne ihre Eltern aufwachsen.

Weinglöckle
Weinglöckle | Bild: Sarah Steen | SK-Archiv

Den vergangenen Winter verbrachte er jedoch in Ischgl – ein Jahr nach dem Superspreader-Ereignis, der das Skidorf zu Beginn der Pandemie in Verruf brachte. Dort arbeitete Schreibmüller im Service und festigte seine Leidenschaft für die Branche. „Vorher hatte ich in Konstanz allerdings schon 13 Jahre lang im Salzbüchsle gearbeitet“, sagt er. „Es war immer mein Lebenstraum, eine Lokalität in Konstanz zu eröffnen.“

Schreibmüller geht seinen Traum an

Auf einen SÜDKURIER-Artikel, in dem Gretzmeier bekannt gab, das er einen Nachfolger suche, meldete sich Patrick Schreibmüller, wurde handelseinig mit Gretzmeier – und hat jetzt die Möglichkeit, seinen Traum wahr werden zu lassen.

Bis November sei allerdings noch einiges zu tun, räumt der Konstanzer ein: Umbaumaßnahmen, die Deko auswechseln und Personal finden. „Ich bin jetzt schon auf der Suche nach Mitarbeitern“, sagt er. Allein sei das Weinglöckle sicher nicht zu stemmen.

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Joachim Gretzmeier hat selbst einen kritischen Blick auf das kleine Weinlokal: „Es ist das einzige meiner Lokalitäten, das ich nicht richtig zum Laufen gebracht habe.“ Dennoch glaubt er, dass sein Nachfolger eine gute Chance hat, wenn er sich entsprechend engagiert.

So sei es wichtig, neben Wein und Getränken auch kleine Vesperangebote zu machen. Daran arbeitet Schreibmüller bereits. Die Gäste können sich unterdessen darauf einstellen, dass Konstanz auch in tristen Novembertagen für Neuanfänge gut ist. Am 11. November, mit dem Start in die Fasnachtsaison, soll das Weinglöckle wieder für alle Konstanzer öffnen.