Die grüne Meeresschildkröte liebte es, ihren Panzer an den Scheiben des Schaubeckens zu schrubben. Jetzt sind sie verkratzt. Doch das ist nicht der einzige Makel im Sealife Center Konstanz. 23 Jahre nach der Eröffnung steht das Großaquarium vor der Generalsanierung.

Ab Montag, 5. September, bis voraussichtlich Frühjahr 2023 ist der gesamte Gebäudekomplex geschlossen. Betroffen sind auch das Bodensee-Naturmuseum und das Restaurant des Sealife Centers. Tausende Meerestiere müssen umziehen. Sprecher Julius Schmidt verrät, mit welchen Tricks, dies gelingt.

Die Eselspinguine bleiben vorerst in Frankreich

Die zehn Eselspinguine sind schon weg. Ein Schild weist darauf hin. Sie sind ins Océanopolis nach Brest in Frankreich gekommen. Die Tiere sind es Dank jahrelangem medizinischem Training gewöhnt, auf die Tierpfleger zuzugehen, und, wenn eine Belohnung in Form von Futter folgt, zu machen, was diese wünschen.

Ein Schild weist darauf hin: Die Eselspinguine sind schon weg. Sie verbringen die Zeit des Umbaus des Konstanzer Sealife in Frankreich.
Ein Schild weist darauf hin: Die Eselspinguine sind schon weg. Sie verbringen die Zeit des Umbaus des Konstanzer Sealife in Frankreich. | Bild: Rindt, Claudia

In diesem Fall, in die Spezialkäfige zu steigen, und in einem heruntergekühlten Auto die Fahrt in die Bretagne anzutreten. Gerade in der Zeit der Pandemie mit dem Coronavirus, als das Sealife Center geschlossen hatte, wurde mit den Tieren verstärkt trainiert. Das zahlt sich nun aus. „Bei den Pinguinen war das recht unkompliziert“, sagt Julius Schmidt über den Tierumzug.

Auch die große Unterwasserschildkröte Clementine habe gelernt, in einen Korb zu schwimmen, wo sie untersucht werden kann. Sie locke vor allem die Aussicht, mit einer Bürste am Panzer geschrubbt zu werden. Das Tier liebe das, sagt Julius Schmidt. Mit einem Kran werde die Schildkröte dann auf eine feuchte Matratze für den Transport befördert. In diesem Fall nach München in ein Aquarium, wo man sich schon auf Clementine freue.

Großfische im Sealife, wie die grüne Meeresschildkröte, sind es gewöhnt, auf Tragen zu schwimmen. Sie wird dann zum Beispiel mit Bürsten ...
Großfische im Sealife, wie die grüne Meeresschildkröte, sind es gewöhnt, auf Tragen zu schwimmen. Sie wird dann zum Beispiel mit Bürsten des Panzers belohnt. David Garcia (links) und Robert Victor Plock demonstrieren mit Meike Hoffmann es aussieht, wenn der Korb voll ist. | Bild: Rindt, Claudia

Die Rochen und Haie seien es gewöhnt, auf eine Untersuchungstrage zu schwimmen und in ein Quarantänebecken zu kommen. Dieses Mal ist es das Umzugsbecken. „Die verlieren die Angst. Der Stress ist dann geringer“, sagt Julius Schmidt.

Meeresbiologen helfen beim Umzug der Fische

Bei den kleineren Fischen wie dem feuerroten Diskusfisch oder den Masken-Nasendoktorfisch sind die Tierpfleger gefordert, den Fisch zu fangen. Sie benutzen Käscher in allen Größen oder Sonderbecken für schwimmende Tiere, die in Schwärmen leben. Dann muss nur der Cheffisch ins Becken schwimmen, alle anderen der Gruppe folgen ihm. Am Umzug sind Experten wie Meeresbiologen beteiligt, die im Sealife Center arbeiten.

Auch dieser Masken-Nasendoktorfisch muss das Sealife Konstanz vorübergehend verlassen.
Auch dieser Masken-Nasendoktorfisch muss das Sealife Konstanz vorübergehend verlassen. | Bild: Rindt, Claudia

Doch ist so ein Umzug wirklich so stressfrei für die Tiere möglich? Vincent Weschenfelder, Tierpfleger im Konstanzer Tierschutzheim, geht davon aus, dass es auf die Menschen ankomme, die ihn ausführen. „Eine pauschale Aussage gibt es nicht.“

Wie viel Stress die Tiere empfinden, lasse sich nicht sicher sagen. Grundsätzlich sei es aber positiv zu bewerten, wenn Fachleute sich der Sache widmeten, und wenn die Sanierung auch eine Verbesserung der Umstände für die Tiere einschließe.

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Die sechs Tierpfleger des Sealife Konstanz bleiben auch im Dienst, wenn die Tiere weg, und die Becken leer sind. Denn dann ist ihre Expertise bei der Neuausstattung der Aquarien gefragt. „Die Gestaltung der Becken ist auch Teil der Aquaristik.“ Auch der Ausstellungsraum davor bekomme ein neues Gesicht. Teilweise werden die Plexiglasscheiben der Aquarien ausgetauscht, teilweise aufpoliert.

Bereits im September 2017, wie diese Archivaufnahme zeigt, sind Kratzer zu erkennen. Diese werden entfernt.
Bereits im September 2017, wie diese Archivaufnahme zeigt, sind Kratzer zu erkennen. Diese werden entfernt. | Bild: Julia Sondermann | SK-Archiv

Das Herzstück des Großaquariums, der gläserne Tunnel mit bis zu 320.000 Litern Wasser, bleibe erhalten, sagt Julius Schmidt. Doch wie alle anderen über 30 Becken müsse dieser geleert werden. Da Filteranlagen schon bestehen, könne das Wasser in der Regel über den üblichen Abfluss abgeleitet werden.

Tierpfleger kennen jeden Pinguin, Hai und Rochen

Am Konzept solle sich auch im sanierten Sealife nichts ändern. Das Großaquarium sei für die ganze Familie da. Ob eine neue Art von Tieren nach Konstanz kommt? Darüber könne er noch nicht sprechen, sagt Julius Schmidt. Er sagt, er freue sich, dass der große Konzern Merlin Entertainments Group in Konstanz investiere. Über Zahlen dürfe er aber nicht sprechen, und deshalb auch nicht, die Frage beantworten, wie viel Geld in die Renovierung fließt.

Das Sealife Center in Konstanz muss 23 Jahre nach der Eröffnung saniert werden.
Das Sealife Center in Konstanz muss 23 Jahre nach der Eröffnung saniert werden. | Bild: Rindt, Claudia

Julius Schmidt verspricht: Bei den Großtieren sei gesichert, dass genau diese wieder nach Konstanz kommen. Die Tierpfleger würden jeden Pinguin, Hai und Rochen wieder erkennen. „Für Laien ist das schwierig, aber der Tierpfleger kann das.“

Jeder Rochen habe beispielsweise eine eigene Musterung. „Das ist wie ein Fingerabdruck“. Sollte es wirklich mal Schwierigkeiten mit dem Erkennen geben, dann würden Fotos weiter helfen, die bei der Inventur im Haus gemacht wurden.

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Wann ist die Wiedereröffnung geplant?

Der Planungsprozess für die Generalsanierung und den Umzug der Tiere laufe schon seit Jahren. Um die Bauarbeiten nicht zu gefährden, mache das Sealife in diesem Jahr vorzeitig Schluss, und beende die Saison. Beim Termin für die Wiedereröffnung bleibt Julius Schmidt vage. In der derzeitigen Situation mit Materialmangel und Lieferengpässen sei es schwer, sich auf ein Datum festzulegen. Deshalb sage er nur: Frühjahr 2023.

Das Bodensee-Naturmuseum ist von der Schließung auch betroffen. Denn beim Umbau fallen Staub und Lärm an. Es weicht deshalb mit seinen Veranstaltungen in die Stadtbibliothek und an andere Orte aus. Schon heute ist am Eingang zur Kinder- und Jugendbibliothek eine Vitrine des Museums zu sehen.