Eselspinguine bauen Nester aus Steinen, Seeanemonen recken ihre Tentakel und Piranhas zeigen ihre glitzernden Leiber. Die Pflicht zur Maske ist aufgehoben, es gibt sie nur noch als Empfehlung. Für die ganz jungen Besucher aber liegen Pyjamahelden-Masken (PJ-Masken) in Rot, Grün und Blau bereit. Fünf Spielstationen laden zu Abenteuern um die drei Helden der Nacht ein.
Im Großaquarium Sealife in Konstanz scheint alles wie immer zu sein. Und doch hat die Corona-Pandemie den Betrieb mit seinen Tausenden Tieren in über 30 Aquarien und den zehn Eselspinguinen kräftig gebeutelt. Zweimal musste er seit 2020 schließen, insgesamt neun Monate lang. Mit Tricks und Spezialtrainings für die Tiere ist das Sealife durch diese Zeit gekommen.
„Es war eine Herausforderung“, sagt Sealife-Sprecher Julius Schmidt. „Wir sind kein Betrieb, der einfach das Licht ausschalten kann.“ Zwar habe das Sealife Notfallpläne für den Fall eines Feuers, eines Erdbebens oder eines Stromausfalls. Auf eine Pandemie aber sei keiner vorbereitet gewesen. Je nach Saison arbeiten 40 bis 80 Menschen im Sealife.
Die Büroteams mussten in Kurzarbeit, nie aber die Tierpfleger. Auch wenn das Sealife zeitweise keine Besucher einlassen durfte, die Tiere mussten dennoch gefüttert, gepflegt und deren Lebensraum gereinigt werden. Um das Risiko von Ausfällen bei einer möglichen Infektion mit dem Coronavirus zu senken, arbeiteten die Tierpfleger zeitlich getrennt in zwei Teams.
Angst vor Tier-Ansteckungen
Anfangs hätten die Pfleger Angst gehabt, dass sich das Virus auch auf Tiere übertragen könne. So trugen sie auch Maske, wenn sie den Lebensraum der Pinguine betraten. Schon vor Corona galt, dass sie Spezialanzüge und Handschuhe anziehen und die Schuhe desinfizieren mussten. Die Beschäftigung der Tiere, etwa mithilfe von Futterbällen, gehörte schon vor Corona zum Alltag im Großaquarium.

Während der Schließzeit sei sie so ausgebaut worden, dass das Gelernte heute die Versorgung der Tiere erleichtert, sagt Julius Schmidt. So müsse das Gewicht der Eselspinguine regelmäßig kontrolliert werden. Die Tiere steigen nun selbstständig auf die Wage. Gelernt haben sie das über die Belohnung mit Futter. Eine schwimmende Schildkröte kommt jetzt gern auf eine Rampe, auf der sie auch untersucht wird. Sie lockte vor allem das Vergnügen, mit einer Bürste am Panzer geschrubbt zu werden. „Sie mag das gern“, sagt Julius Schmidt.
Auch die Versorgung mit Nahrung war eine Herausforderung. „Unsere Tiere werden in Restaurantqualität gefüttert“, sagt Schmidt. Mit Seelachs, Makrelen oder Muscheln, die auch von Menschen gegessen werden könnten. David Garcia, Leiter der Aquaristik und seit 16 Jahren bei den Tieren im Sealife, sagt: „Wir füttern jeden Tag zwölf bis 15 Kilogramm“. Allein die zehn Eselspinguine verdrückten im Schnitt täglich rund fünf Kilo Fisch. Schmidt stellt fest: „Nach dem ersten Lockdown war Aufatmen.“
Man habe sich zwar auf einen strengen Winter vorbereitet, aber nicht gedacht, dass es nochmals zu einer sehr langen Schließzeit kommen würde. Als die Einrichtung dann wieder öffnen durfte, galten verschiedene Auflagen für die Maximalzahl, die eingelassen werden durfte. Teilweise waren es nur 20 Personen pro Viertelstunde. Über die Gesamtzahl der Besucher darf Julius Schmidt nicht sprechen.
„Das Tiererlebnis wird nie alt“
Die Kommunikation mit den Besuchern bezeichnet er als „wahnsinnig schwierig“, weil es ständig Änderungen bei den Regelungen zum Schutz vor einer Corona-Infektion gab. Vor allem den Schweizern habe man immer wieder erklären müssen, was in Baden-Württemberg gerade gilt. Letztlich habe man für jeden, der das Großaquarium besuchen wollte, eine Lösung gefunden. „Aber es kostet Zeit.“
Die Aktionen für Vorschulkinder um die PJ-Masken waren schon für den Sommer 2020 geplant, doch wegen der Pandemie immer wieder verschoben worden. Die Kleinen nähmen die spielerischen Forschungsaktionen gut an. Viele Familien kämen auch mit Kindern ab einem Jahr. Für diese sei es schon ein Erlebnis, wenn sie die Fische betrachten können. „Das Tiererlebnis wird nie alt. Der Reiz wird immer bleiben.“ Schmidt hat auch selbst ein Lieblingsaquarium, an dem er gern steht, um etwas zu entspannen. Dort, so sagt er, könne er richtig eintauchen in die Unterwasserwelt und alles um sich herum vergessen.
Attraktive Wissensvermittlung
Tobias Engelsing, Leiter der Museen in Konstanz, geht davon aus, dass das städtische Bodensee-Naturmuseum im Sealife-Komplex und das Sealife selbst die maßgebliche Rolle einnehmen, wenn es darum geht, Menschen die Flora und Fauna in der Region nahezubringen. „Das sind attraktive Orte der Wissensvermittlung.“
Besucher im Sealife gehen zu Beginn den Lauf des Rheins nach, von der Gletscherhöhle mit den Bodenseefelchen über den Bodensee mit dem Propeller eines Katamarans bis zur Mündung in die Nordsee. Dann geht es weiter zum tropischen Riff, Roten Meer und Regenwald.
Auf dem Weg die Aquarien entlang begegnen einem unter anderem der 44 Jahre alte Wrackbarsch Werner, Haie, der exotische Picasso-Drückerfisch und ein Schwarm Piranhas. Gut gefüttert seien die Tiere für Menschen nicht gefährlich, sagt Julius Schmidt. „Wir gehen hier auch tauchen.“
Umstritten ist vor allem die Haltung der Eselspinguine. Allerdings haben diese nach Angaben von Sealife schon dreimal Nachwuchs bekommen, was darauf hindeute, dass sich die Vögel wohlfühlen. David Garcia kennt die Gemütslage jedes Pinguins – und einige kommen auch gern, um sich von ihm kraulen zu lassen.