Sven Holzer leitet das Gästehaus Holzer seit 24 Jahren in guter Familientradition. Schon seine Großeltern betrieben im Haus ein Hotel, zuvor hatten sie verschiedene Aufgaben im Gastgewerbe übernommen, zum Beispiel den Betrieb des Restaurants Staader Fährhaus oder die zeitweise Leitung des Campingplatzes Dingelsdorf. Sven Holzer weiß also, wovon er spricht, wenn er vom Hotelbetrieb im Jahr 2024 berichtet.

Grundsätzlich läuft das Geschäft mit dem Gästehaus solide. Doch der Hotelier spürt zunehmend die Konkurrenz von jenen, denen er schwer Paroli bieten kann. In jüngster Zeit sind im Konstanzer Industriegebiet neue Hotels mit einer großen Anzahl an Betten entstanden. „Der Gast sucht über die Plattform Booking und zwar nicht über Qualitätsmerkmale wie die Lage, sondern über den Preis“, erläutert Holzer. Beim Preiswettkampf aber könne er als mittelständischer Betrieb nicht mithalten.

Gerade in Wochen, in denen in Konstanz wenig los ist, drückt die Preisspirale nach unten: Die neueren Hotelketten wie Hampton by Hilton, Niu und Ibis bieten in diesen Zeiten satte Rabatte an. Holzer ist dann gezwungen, mitzuziehen – oder seine Zimmer nicht vermietet zu bekommen. Er könne den Konkurrenzdruck an den Kapazitäten ablesen: „Im Juli waren in Konstanz dieses Jahr trotz guten Wetters noch Zimmer zu bekommen“, sagt er. Normalerweise bestehe dazu keine Chance.

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Den Neubau von weiteren Hotels im Konstanzer Industriegebiet sieht er dementsprechend skeptisch. Diese seien alle im Drei-Sterne-Bereich angesiedelt. Das Gutachten, das die Stadtverwaltung vor Jahren in Auftrag gegeben habe, habe angeraten, Hotels im Vier- und Ein-Sterne-Bereich entstehen zu lassen. Holzers Sicht: Übernachtungsmöglichkeiten im Drei-Sterne-Standard gibt es jetzt zu viele in der Stadt. „Dass 2024 das Hotel Niu und 2023 das Hampton eröffnete, hat man deutlich gespürt.“

Im Sommer läuft es gut

Dabei sei der Sommer nicht das Problem. Doch die Übernachtungsbetriebe hängen auch von der Nebensaison ab. „Die Übergangsmonate entscheiden darüber, ob es ein gutes Jahr wird oder nicht.“ Dabei gebe es ohnehin genügend Probleme, die inhabergeführte Hotels zu bewältigen hätten. Personal sei schwierig zu bekommen, seine Auszubildenden stammten inzwischen aus Vietnam. Manche Hotels könnten gar nicht im Vollbetrieb arbeiten, weil das Personal fehle.

Der Problematik kann Henning Heise zustimmen. Er leitet das Hotel Schiff in Konstanz-Staad und spricht von harten Zeiten für Hoteliers. Auch er möchte die Situation allerdings differenziert betrachtet wissen. „Was uns am Leben erhält, ist die Lage direkt am See.“ Sein Hotel sei in Konstanz das im Internet am häufigsten angeklickte – allerdings längst nicht das am häufigsten gebuchte. Auch sein Betrieb kann mit der Preisflexibilität der Hotelketten nicht mithalten.

Wieder Betrieb auf der Terrasse: Die Gäste Silke Hüner und Frank Petermann bestellen ein Getränk und Taras Wozniak und Henning Heise, ...
Wieder Betrieb auf der Terrasse: Die Gäste Silke Hüner und Frank Petermann bestellen ein Getränk und Taras Wozniak und Henning Heise, Inhaber des Hotels Schiff, versuchen die Wünsche zu erfüllen. Heise ist froh, dass er wieder ein gastronomisches Angebot im Freien machen kann. | Bild: Hanser, Oliver

„Es ginge uns prinzipiell gut, wenn die Kosten nicht so anstiegen“, sagt Heise. Er meint damit die Kosten für Rohstoffe und Energie und nennt ein Beispiel: Ein Liter Sauerrahm kosten inzwischen sechs Euro, früher lag der Betrag im Centbereich. Zwei Liter Olivenöl kosteten noch vor Kurzem 9 bis 11 Euro, inzwischen aber um die 30 Euro. Diese Preise könne er im Restaurant nicht an die Gäste weitergeben.

Hinzu komme, dass die Bundespolitik nun die Mehrwertsteuer für Restaurantumsätze wieder anheben ließ. Ebenso wie Holzer nennt er das Personalproblem. Die Personalkosten seien enorm angestiegen und zugleich sei es sehr schwierig, Mitarbeiter zu gewinnen. Seit acht Jahren bilde er keine Lehrlinge mehr aus – und viele hätten zuvor ihre Ausbildung abgebrochen, weil der Mindestlohn für sie deutlich attraktiver schien als das Ausbildungsgehalt.

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Es geht auch um die Wintergäste

Im saisonalen Geschäft gehe es darum, den Winter zu überstehen, sagt Heise. Hätte er einen konstanten Betrieb übers ganze Jahr, „dann könnte ich hier sehr gut leben“. Deshalb seien die Gäste, die im Winter kommen, entscheidend. Mit weniger Hotels in Konstanz hätten im Winter viele Geschäftsreisende das Hotel Schiff genutzt. „Die übernachten jetzt in den neuen Hotels.“

Alexander Wussow, Betreiber des Landhotels Bodensee in Wallhausen, betrachtet die Lage mit anderem Fokus als seine Mitstreiter. Von Anfang Juni bis Ende September sei es ohnehin egal, wie viele Hotels es in Konstanz gebe. „Die Bodenseeregion boomt seit der Pandemie“, sagt Wussow. Im Sommer müsse man sich um seine Zimmer überhaupt keine Gedanken machen – und im Winter kämpfe man eben.

Alexander Wussow am Eingang seines Landhotels in Konstanz Wallhausen. Aus seiner Sicht ist der Bodensee eine Top-Destination, die viel ...
Alexander Wussow am Eingang seines Landhotels in Konstanz Wallhausen. Aus seiner Sicht ist der Bodensee eine Top-Destination, die viel Raum für vielfältige Angebote bietet. | Bild: Hanser, Oliver

Wussow räumt aber ein, dass er mit seinem Hotel möglicherweise eine andere Zielgruppe anspreche. Sein Hotel liege in Wallhausen, seine Gäste seien bereit, eine Anreise in die Innenstadt in Kauf zu nehmen. „Der Altersschnitt ist etwas höher und die Gäste schätzen die persönliche Ansprache. Die gehen nicht ins Ibis Budget“, erläutert es Wussow. Der Hotelmarkt in Konstanz vertrage verschiedene Angebote, die alle ihre eigene Nische fänden.

Im Sommer ist das Landhotel in Wallhausen komplett ausgebucht. Dafür leistet es sich der Familienbetrieb, im November mit Betriebsferien zu schließen. „Im Januar und Februar kommen ein paar Geschäftsleute und ab 15 Grad Wärme kommen die Touristen am Wochenende wieder. Ab Ostern geht es richtig los“, sagt Wussow. Er räumt aber auch ein, dass er „draußen auf dem Land“ ein paar Vorteile habe: Es sei ruhiger, was die Gäste schätzten, und Stellplätze befänden sich direkt vor der Haustür.

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Ob sie es als unliebsame Konkurrenz empfinden oder nicht, alle drei Hoteliers stehen der Entwicklung im Industriegebiet mit neuen, großen Hotels skeptisch gegenüber. „Dass ein Hotelkomplex neben dem anderen im Konstanzer Industriegebiet entsteht, verstehe ich nicht“, sagt Wussow. Sven Holzer erinnert daran, dass die Marketing und Tourismus GmbH sich einen „qualitativ hochwertigen Tourismus“ für Konstanz wünsche. „Ein solcher kostet aber Geld und entsteht nicht durch die Ansiedlung weiterer Hotelketten“, sagt er.